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Sommertheater am Kap Arkona

Ernest Hemingways Klassiker "Der alte Mann und das Meer" wurde auf der Freilichtbühne am Kap Arkona in Putgarten auf Rügen als Theater-Event angekündigt. Die Geschichte vom glücklosen Fischer , der immer wieder hinausfährt wurde unter den Leuchttürmen mit Schauspieler Horst Janson inszeniert.

Von Hartmut Krug |
    Rügen Seebrücke
    Rügen Seebrücke (Marion Trutter)
    Mit dem Bild eines kleinen grünen Bootes auf offenem Meer wirbt der Kultursommer am Kap Arkona für die erste Bühnenversion von Hemingways letztem Roman. Doch die Aufführung am nördlichsten Punkt Deutschlands findet zwar auf einer Insel, aber nicht auf dem Meer oder am Strand statt. Sie bezieht ihr maritimes Flair von zwei Leuchttürmen, die als Kulisse dienen. Einer von ihnen entstand nach einem Entwurf von Schinkel und wurde von Künstlern wie Caspar David Friedrich und Gerhart Hauptmann besucht und gerühmt. Vor, oder besser unterhalb der Leuchttürme, in einem Garten, dessen begrünte Begrenzungswand sich zu ihnen hochzieht, ist eine Tribüne für rund dreihundert Zuschauer aufgebaut. Auf halber Höhe liegt in der Wand die offene Hütte des alten Mannes, etwas unterhalb auf der anderen Seite spielt vor der Bar Terrasse eine vierköpfige Band, und unten vor dem Publikum liegt das Ruderboot auf hellblau schimmernden Plastikflaschen.

    Ein schöner und geschickt genutzter Spielort ist dies, für eine Kammerspiel-Freilichttheater-Aufführung, die mit den üblichen großformatigen Freilichttheater-Spektakeln nicht konkurrieren kann und will. Sondern etwas sehr eigenes versucht. Das kleine Kap Arkona, 269 Einwohner, 500 Gästebetten, sucht wie viele touristische Orte Besucher mit allerlei Kultur anzulocken. Bürgermeister Ernst Heinemann, in der ortseigenen Tourismusgesellschaft zuständig für Marketing:

    "Den Gutshof haben wir vor fast zwanzig Jahren von der Treuhand gekauft und haben daraus einen Rügener Handwerkerhof gemacht. Hier ist eine Filzerei, hier ist eine Bernsteinwerkstatt, hier ist eine Kerzenzieherei, hier ist eine historische Druckwerkstatt."

    Klingt dies doch ziemlich nach dem allerorts üblichen Kunstgewerbe-Angebot, so erweist sich die Theateraufführung durchaus als etwas Besonderes. Kein Spektakel, sondern ein stilles, sorgfältiges Denkspiel. Das Hemingways Bild vom Mann als Heldentyp ganz beiläufig unterspielt. Die Geschichte vom alten Fischer, den das Glück verlassen hat und der nach 84 erfolglosen Ausfahrten endlich einen riesigen Schwertfisch fängt, ihn aber an Haie wieder verliert, verzichtet auf kräftige äußerliche Effekte:

    "Vielleicht war es Sünde, den Fisch zu töten? Wahrscheinlich war es das. Aber, aber dann ist alles Sünde."

    Horst Janson betont in der Rolle des alten Mannes sinnsucherisch und existenziell Reflektierende der Figur. Regisseur Jens Hasselmann:

    "In Hemingways Novelle steht, der alte Mann war dünn und hager, mit tiefen Falten im Nacken, und nur die Augen hatten die Farbe des Meeres. Und für hier oben, für den Urlaub und für den Rüganer ist es auch gut, wenn es ein bekanntes Gesicht ist. Und deshalb bin ich ziemlich schnell auf Horst Janson gekommen, weil ich ihn einfach sehr mag in seiner einfachen, schlichten Spielweise."

    Zwar ist die Spielweise von Horst Janson angenehm einfach und eindrücklich, doch Jens Hasselmann gesellt ihm eine Barfrau, bei Hemingway war es ein Barmann, als Erzählerin bei. Die einerseits erzählt, was passiert, aber auch in süffigen Liedern komprimiert, was der alte Mann erlebt und empfindet. Ein Lied:

    " Eine Handbreit Hoffnung, eine Handvoll Tricks, und eine Handbreit Wasser unterm Kiel. eine Handvoll Quälen, eine Handbreit Glück, - hier braucht man nicht viel. "

    Die Lieder, aber auch eine gelegentliche akustische Untermalung mit kubanischen Rhythmen durch die Band, geben der Aufführung dann leider doch etwas zu Gefälliges, ja Munteres. Und wenn der jugendliche Darsteller des Jungen, dem der alte Fischer einst das Fischen beigebracht hat, seine kumpelhaften, nett gemeinten Sätze zum alten Mann sagt, klingt dies noch falscher als es schon in Hemingways Roman klingt. Doch Janson gibt der Aufführung Kraft, gerade weil er die Figur ganz aus der Zurückhaltung entwickelt:

    "Aber, ich habe den Fisch getötet, der mein Bruder ist. Und jetzt kommt noch die ganze Plackerei. Na los, los, an die Arbeit. Der Fisch, der hat, der hat fünfzehnhundert Pfund, so wie er ist."

    Man kann diesen Abend nicht gerade als Theaterereignis bezeichnen. Doch er ist trotz kleinerer Einwände ein schönes Beispiel dafür, dass Freilichttheater durchaus mit wenig Mitteln überzeugen kann.