Stelldichein geben, lädt ein zu tierkundlichen und kulinarischen Spaziergängen, Picknick und Wein; und das noch nicht weggesparte famose Tübinger Zimmertheater darf nach endlosen, ebenso ernst gemeinten wie kurios anmutenden Auseinandersetzungen um das Wohl und Wehe der dort lebenden Fledermäuse zum Theatersommer in den Hof des Schlosses Hohentübingen einladen.
Schließlich gibt es eine zu konzentriertem Schauen, ja sogar Lesen verführende, ebenso informative wie gestalterisch herausragende Ausstellung zu Thomas Bernhards Lebensmenschen in der Kunsthalle. Und Thomas Bernhard ist auch Schwerpunkt des mit Lesungen, theatralischen Konzerten und Strawinskis musikalischem Märchen "Die Geschichte vom Soldaten" dramaturisch klug unterfütterten Theatersommers. Die landläufige marktschreierische Potpourri-Event-Huberei will man hier nicht bedienen. Also: nichts Beliebiges, nichts Leichtes, auch wenn's durchaus spielerisch zugeht in Bernhards musikalischer Komödie "Die Macht der Gewohnheit". Der Zirkuswagen im Schloßhof entpuppt sich als Theaterkarren, doppelter Boden inbegriffen. Und das verzweifelt komische Probenritual zwischen Perfektionsgebot, Größenphantasien und Erfolglosigkeit - als Parabel aufs Leben.
Meine ganze Kindheit / eine Schreckensherrschaft/ Man darf die Not nicht vergessen/ die die Kindheit gewesen ist./ J e d e Kindheit/... Wie verneigt man sich/ Also"
Die Enkelin des Prinzipals Caribaldi, Seiltänzerin der Truppe, wird als Grußautomat abgerichtet und muss, "ein ausgesprochenes Antitalent", wie der Alte sehr wohl weiß, die Bratsche spielen. Ja alle, er selbst, der Jongleur, der Spaßmacher und der Dompteur, müssen sich an Instrumenten abarbeiten, die sie weder lieben noch beherrschen. Die Aufführung von Schuberts Forellenquintett ist die Schimäre, der die musikalischen Dilettanten unter Leitung des Zirkusdirektors nachjagen müssen - und seit Jahren eine Schikane für alle Spieler. Der Irrwitz hat Methode - und die Forellenquintett-Proben erscheinen längst als das Allernormalste. Nur der viehisch fellbehoste Dompteur rüpelt gegen diese ihm aufgezwungene Normalität an und tanzt, vielmehr torkelt,
gewohnheitsmäßig berauscht, aus der Reihe, ein veritabler Kunstzertrümmerer, der mit bandagierter Faust aufs Klavier eindrischt.
Alle Figuren in Thomas Bernhards "Endspiel"-Variationen sind Gescheiterte, Untergeher, Sackgassenmenschen - gefangen in der Endlosschleife des Proben-Spiels. Und gerade weil seine Sprache das Leiden der Figuren an diesem Lebensspiel, dem Musik-Spiel ums Überleben ausblendet und weil Regisseurin Vera Sturm nicht grobianisch-albern auf die Komödien-Pauke haut, weil sie die Figuren also nicht denunziert, die so schadenfroh und lachsüchtig übereinander herfallen - deshalb geht das Stück unter die Haut, gelingt in Bernhards von ihm so bezeichneten "philosophischen Lachprogramm" eine geradezu seiltänzerische Balance
zwischen Ernst und Komik. Gerade noch.
Nicht ohne Grund macht Bernhard die Bändigung der Komik im Stück zu einem hintergründig komischen Thema, wobei Vera Sturm die Lachanreize wie Synkopen setzt, mit Vorliebe im stummen, zum Sprechen gegenläufigen Spiel. Dabei rettet sie den Klamauk-fernen Kammerspielcharakter des
Stückes und vermeidet freilichtspiel-übliche Vergröberungen. Dank wunderbarer Schauspieler, die sie für das Tübinger Sommertheater gewinnen konnte. Allen voran Manfred Karge als wuchtges
Zirkusdirektor-Fossil: angewidert vom Martyrium der Proben und seinen unbegabten, hämisch scheinheiligen Mit-Spielern, auf die er dennoch angewiesen ist; ein drohender, bisweilen ins Schwadronnieren geratender Polterer, der die anderen mit Bosheit und Autorität beherrscht, freilich
nicht unwesentlich unterstützt von ihrer Duck-mäuserei. Und der gerade so begabt ist, dass er den Abstand fühlt zwischen der Realität "morgen in Augsburg" und dem unerreichbaren Ideal "Casals"! Und darüber gewinnt die Figur in der Tübinger Aufführung sogar eine verzweifelte Größe.
Schließlich gibt es eine zu konzentriertem Schauen, ja sogar Lesen verführende, ebenso informative wie gestalterisch herausragende Ausstellung zu Thomas Bernhards Lebensmenschen in der Kunsthalle. Und Thomas Bernhard ist auch Schwerpunkt des mit Lesungen, theatralischen Konzerten und Strawinskis musikalischem Märchen "Die Geschichte vom Soldaten" dramaturisch klug unterfütterten Theatersommers. Die landläufige marktschreierische Potpourri-Event-Huberei will man hier nicht bedienen. Also: nichts Beliebiges, nichts Leichtes, auch wenn's durchaus spielerisch zugeht in Bernhards musikalischer Komödie "Die Macht der Gewohnheit". Der Zirkuswagen im Schloßhof entpuppt sich als Theaterkarren, doppelter Boden inbegriffen. Und das verzweifelt komische Probenritual zwischen Perfektionsgebot, Größenphantasien und Erfolglosigkeit - als Parabel aufs Leben.
Meine ganze Kindheit / eine Schreckensherrschaft/ Man darf die Not nicht vergessen/ die die Kindheit gewesen ist./ J e d e Kindheit/... Wie verneigt man sich/ Also"
Die Enkelin des Prinzipals Caribaldi, Seiltänzerin der Truppe, wird als Grußautomat abgerichtet und muss, "ein ausgesprochenes Antitalent", wie der Alte sehr wohl weiß, die Bratsche spielen. Ja alle, er selbst, der Jongleur, der Spaßmacher und der Dompteur, müssen sich an Instrumenten abarbeiten, die sie weder lieben noch beherrschen. Die Aufführung von Schuberts Forellenquintett ist die Schimäre, der die musikalischen Dilettanten unter Leitung des Zirkusdirektors nachjagen müssen - und seit Jahren eine Schikane für alle Spieler. Der Irrwitz hat Methode - und die Forellenquintett-Proben erscheinen längst als das Allernormalste. Nur der viehisch fellbehoste Dompteur rüpelt gegen diese ihm aufgezwungene Normalität an und tanzt, vielmehr torkelt,
gewohnheitsmäßig berauscht, aus der Reihe, ein veritabler Kunstzertrümmerer, der mit bandagierter Faust aufs Klavier eindrischt.
Alle Figuren in Thomas Bernhards "Endspiel"-Variationen sind Gescheiterte, Untergeher, Sackgassenmenschen - gefangen in der Endlosschleife des Proben-Spiels. Und gerade weil seine Sprache das Leiden der Figuren an diesem Lebensspiel, dem Musik-Spiel ums Überleben ausblendet und weil Regisseurin Vera Sturm nicht grobianisch-albern auf die Komödien-Pauke haut, weil sie die Figuren also nicht denunziert, die so schadenfroh und lachsüchtig übereinander herfallen - deshalb geht das Stück unter die Haut, gelingt in Bernhards von ihm so bezeichneten "philosophischen Lachprogramm" eine geradezu seiltänzerische Balance
zwischen Ernst und Komik. Gerade noch.
Nicht ohne Grund macht Bernhard die Bändigung der Komik im Stück zu einem hintergründig komischen Thema, wobei Vera Sturm die Lachanreize wie Synkopen setzt, mit Vorliebe im stummen, zum Sprechen gegenläufigen Spiel. Dabei rettet sie den Klamauk-fernen Kammerspielcharakter des
Stückes und vermeidet freilichtspiel-übliche Vergröberungen. Dank wunderbarer Schauspieler, die sie für das Tübinger Sommertheater gewinnen konnte. Allen voran Manfred Karge als wuchtges
Zirkusdirektor-Fossil: angewidert vom Martyrium der Proben und seinen unbegabten, hämisch scheinheiligen Mit-Spielern, auf die er dennoch angewiesen ist; ein drohender, bisweilen ins Schwadronnieren geratender Polterer, der die anderen mit Bosheit und Autorität beherrscht, freilich
nicht unwesentlich unterstützt von ihrer Duck-mäuserei. Und der gerade so begabt ist, dass er den Abstand fühlt zwischen der Realität "morgen in Augsburg" und dem unerreichbaren Ideal "Casals"! Und darüber gewinnt die Figur in der Tübinger Aufführung sogar eine verzweifelte Größe.