Seien Sie herzlich willkommen zu neuen Aufnahmen aus einem Genre, das ganz eng mit dem Begriff der Hausmusik verbunden ist: Sonaten für Violine und Klavier. Und sofort ist eine erste Korrektur fällig. Denn das, was man landläufig als "Violinsonaten" bezeichnet, kann vom Komponisten durchaus auch als Sonate für das Pianoforte mit Begleitung durch die Violine gedacht sein. Tatsächlich wird mit dem Aufkommen des Pianoforte das Verhältnis zwischen gestrichener und angeschlagener Saite auf höchst fesselnde Weise problematisch, und nahezu jede große Violinsonate seit Mozart stellt auch den Versuch dar, dieses Verhältnis neu zu definieren. So sehr ein großer Teil dieser Literatur sich also zur Hausmusik eignet, so bleiben die Herausforderungen an die Interpreten in hohem Maß reizvoll.
Nun legt derzeit der junge Wiener Geiger Benjamin Schmid bei Oehms Classics eine ganze Benjamin-Schmid-Edition vor, und dort, wo es dabei um das Miteinander von Violine und Tasteninstrument geht, hat er mit den unterschiedlichsten Partnern zusammengearbeitet. Hier soll von den vier Mozart-Sonaten die Rede sein, die Schmid zusammen mit der Schweizer Pianistin Ariane Haering eingespielt hat, und von den drei Sonaten op.30 von Ludwig van Beethoven, bei denen Alfredo Perl den Klavierton angibt.
Um es gleich zu sagen: Auf beiden CDs brennt die Musik lichterloh. Und beide CDs sind dadurch geprägt, dass die Pianisten letzten Endes doch eher den romanischen kulturellen Traditionen zuzurechnen sind. Ariane Haering spielt einen geistsprühenden Mozart, dem in der Tat anzuhören ist, dass es sich hier um Sonaten für Pianoforte mit Begleitung durch die Violine handelt. Auf raffinierte Weise verbindet die westschweizer Pianistin jene Arten der Artikulation, die aus der historischen Aufführungspraxis gewonnen wurden, mit dem Farbreichtum des modernen Flügels und leistet sich sogar ein - allerdings ungemein nuanciertes - Spiel mit dem Pedal bis hin zum sogenannten Vibrato-Pedal in den Läufen. Hinter all dem bleiben ein rascher Intellekt spürbar und ein Temperament, dem durchaus einige Ungeduld eignet. Über Geschmack dürfte man mit Ariane Haering kaum streiten können - sie hat ihn einfach. Benjamin Schmid setzt dem die Intensität eines außerordentlich wandlungsfähigen Tons entgegen; in diesem Geigenspiel scheint die ganze Geschichte der Wiener Violintradition aufgehoben, vom süßesten Heurigen-Vibrato bis hin zu fahlen Non-Vibrato-Kantilenen, die man so eher in einer der Rosenkranz-Sonaten von Biber vermuten würde.
• Musikbeispiel: W.A. Mozart - 1. Allegro con spirito(Ausschnitt) aus der Sonate G-dur, KV 301 für Klavier und Violine
Soweit dieser Ausschnitt aus dem ersten Satz - Allegro con spirito - der Sonate G-dur, KV 301 von Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt von dem Geiger Benjamin Schmid und der Pianistin Ariane Haering.
Natürlich erfordert Beethoven einen ganz anderen Zugriff. Aber das Duo Benjamin Schmid/Alfredo Perl hat eben auch einen ganz anderen Zuschnitt. Der chilenische Pianist, der schon seit Jahren in Deutschland lebt und ein völlig akzentfreies, literarisches Deutsch von andeutungsweise Münchner Färbung spricht, ist ein Großmeister der Konzeption und der Disposition. Das tut seltsamer Weise der Spontaneität keinen Abbruch. Mit Perl als Partner kann Benjamin Schmid eine Wildheit des Geigenspiels entwickeln, über der sonst womöglich die Musik zu Bruch ginge. Den drei Sonaten op. 30 von Ludwig van Beethoven bekommt dies nur zu gut. Gerade weil Perl in diesen Sonaten die formbildenden Tendenzen des Materials ebenso unnachsichtig herausarbeitet wie die formsprengenden Energien, kann Benjamin Schmid den letzteren mit einer erstaunlichen Fülle von geigerischen Ausdrucksmöglichkeiten erst recht aufhelfen. Und während in den Mozart-Sonaten die Violine wie aus einer anderen Welt in den Klangkosmos des Pianoforte gerät, scheint bei Beethoven die Geige eher aus dem Klang des Flügels geboren und diesen ins Grenzenlose zu transzendieren. Es ist vor allem dieses Moment von Transzendenz, von Entgrenzung, was an dieser neuen Einspielung der drei Sonaten op.30 fasziniert. Das Finale aus der c-moll-Sonate:
• Musikbeispiel: L.v.Beethoven - 4. Finale. Allegro aus der Sonate c-moll, op.30,2 für Klavier und Violine
Das war noch einmal der Wiener Geiger Benjamin Schmid, diesmal zusammen mit dem Pianisten Alfredo Perl. Mit ihm hat er bei Oehms Classics eine CD mit den drei Sonaten op. 30 von Ludwig van Beethoven eingespielt.
Waren Mozart und Beethoven in Wien einigermaßen umstritten, so konnte der Wiener Komponist und Kontrapunktprofessor Robert Fuchs von sich behaupten, dass er sich in der Donaumetropole der uneingeschränkten Anerkennung erfreute. Angeblich soll allerdings ein Wiener Kritiker anlässlich der Uraufführung einer Fuchs’schen Sinfonie geschrieben haben: "Fuchs, die hast du ganz gestohlen". Wie auch immer: Robert Fuchs zählt für die Nachwelt nicht nur einfach zur Entourage von Brahms oder hat seine Meriten als Kontrapunkt-Lehrer des jungen George Enescu, er ist auch mehr als der "Serenaden-Fuchs", als den ihn seine Zeitgenossen hochleben ließen - in der Tat hatte er für Serenaden eine besonders glückliche Hand. Kein Moll konnte so dunkel sein, dass nicht doch irgendwo das heitere Gemüt des Komponisten hervorlugte.
Das hört man auch immer wieder den Violinsonaten an, die die Geigerin Ursula Maria Berg in zwei Ausgaben bei Thorofon vorgelegt hat. Die zweite CD erschien vor kurzem und enthält eine frühe Sonate in D-dur op. 33 aus dem Jahr 1883, - da war Robert Fuchs 36 Jahre alt -, eine spätere in d-moll op. 68 aus dem Jahr 1901, die für Joseph Joachim geschrieben wurde, und die Sonate Nr. 6 g-moll op. 103, die Robert Fuchs 1915 komponierte und dem großen, damals noch sehr jungen Adolf Busch zueignete. Der Komponist überlebte sich immerhin bis 1927.
Man hört also in Gottes Namen hin, was bei einem frommen Mann wie Robert Fuchs ja nicht ehrenrührig ist, und - ist gefesselt. Die Kompositionen sind ohne Fehl und Tadel. Aber das ist es nicht. Hier spielt eine große Geigerin mit einer bezwingenden Mischung aus Noblesse, Heiterkeit, Melancholie und technischer Souveränität einen guten Text zum Geniestreich hoch. Derlei erlebt man bei Schauspielern häufiger als bei Musikern. Ursula Maria Berg, die seit fünf Jahren Konzertmeisterin des Gürzenich-Orchesters ist, verfügt über einen Ton von solcher Schönheit, dass selbst kompositorische Belanglosigkeiten, von denen es einige in den Fuchs’schen Opera gibt, geadelt werden. Oliver Triendl am Flügel befleißigt sich offenkundig des nämlichen Ideals des Kantablen, und auf einmal schimmert durch die späte g-moll-Sonate eine Traurigkeit durch, als erlebe man die letzten Tage der Menschheit. Dabei ist das Finale ganz konventionell überschrieben: Allegro vivace.
• Musikbeispiel: R. Fuchs - 3. Allegro vivace (Ausschnitt) aus der Violinsonate Nr. 6 g-moll, op.103
Das war die neue Platte im Deutschlandfunk. Zum Schluss hörten Sie die Geigerin Ursula Maria Berg und den Pianisten Oliver Triendl mit dem Finale aus der Sonate g-moll, op. 103 von Robert Fuchs. Auch die zweite CD mit den Fuchs’schen Violinsonaten ist, wie gesagt, bei Thorofon erschienen. Außerdem brachten wir heute Ausschnitte aus der Mozart- und Beethoven-Edition des Geigers Benjamin Schmid, die bei Oehms Classics herauskommt. Am Mikrofon bedankt sich Norbert Ely für Ihre Aufmerksamkeit.
CD 1:
Titel: "Wolfgang Amadeus Mozart - Sonatas für Piano and Violin"
Solisten: Benjamin Schmid, Violine
Ariane Haering, Klavier
Label: OEHMS CLASSICS
Labelcode: LC 12424
Bestell-Nr.: OC 335
CD 2:
Titel: "Ludwig van Beethoven - Sonatas for Piano and Violin op.30”
Solisten: Benjamin Schmid, Violine
Alfredo Perl, Klavier
Label: OEHMS CLASSICS
Labelcode: LC 12424
Bestell-Nr.: OC 341
CD 3:
Titel: "Robert Fuchs - Complete Violin Sonatas Vol.2”
Solisten: Ursula Maria Berg, Violine
Oliver Triendl, Klavier
Label: THOROFON
Labelcode: LC 01958
Bestell-Nr.: CTH 2512
Nun legt derzeit der junge Wiener Geiger Benjamin Schmid bei Oehms Classics eine ganze Benjamin-Schmid-Edition vor, und dort, wo es dabei um das Miteinander von Violine und Tasteninstrument geht, hat er mit den unterschiedlichsten Partnern zusammengearbeitet. Hier soll von den vier Mozart-Sonaten die Rede sein, die Schmid zusammen mit der Schweizer Pianistin Ariane Haering eingespielt hat, und von den drei Sonaten op.30 von Ludwig van Beethoven, bei denen Alfredo Perl den Klavierton angibt.
Um es gleich zu sagen: Auf beiden CDs brennt die Musik lichterloh. Und beide CDs sind dadurch geprägt, dass die Pianisten letzten Endes doch eher den romanischen kulturellen Traditionen zuzurechnen sind. Ariane Haering spielt einen geistsprühenden Mozart, dem in der Tat anzuhören ist, dass es sich hier um Sonaten für Pianoforte mit Begleitung durch die Violine handelt. Auf raffinierte Weise verbindet die westschweizer Pianistin jene Arten der Artikulation, die aus der historischen Aufführungspraxis gewonnen wurden, mit dem Farbreichtum des modernen Flügels und leistet sich sogar ein - allerdings ungemein nuanciertes - Spiel mit dem Pedal bis hin zum sogenannten Vibrato-Pedal in den Läufen. Hinter all dem bleiben ein rascher Intellekt spürbar und ein Temperament, dem durchaus einige Ungeduld eignet. Über Geschmack dürfte man mit Ariane Haering kaum streiten können - sie hat ihn einfach. Benjamin Schmid setzt dem die Intensität eines außerordentlich wandlungsfähigen Tons entgegen; in diesem Geigenspiel scheint die ganze Geschichte der Wiener Violintradition aufgehoben, vom süßesten Heurigen-Vibrato bis hin zu fahlen Non-Vibrato-Kantilenen, die man so eher in einer der Rosenkranz-Sonaten von Biber vermuten würde.
• Musikbeispiel: W.A. Mozart - 1. Allegro con spirito(Ausschnitt) aus der Sonate G-dur, KV 301 für Klavier und Violine
Soweit dieser Ausschnitt aus dem ersten Satz - Allegro con spirito - der Sonate G-dur, KV 301 von Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt von dem Geiger Benjamin Schmid und der Pianistin Ariane Haering.
Natürlich erfordert Beethoven einen ganz anderen Zugriff. Aber das Duo Benjamin Schmid/Alfredo Perl hat eben auch einen ganz anderen Zuschnitt. Der chilenische Pianist, der schon seit Jahren in Deutschland lebt und ein völlig akzentfreies, literarisches Deutsch von andeutungsweise Münchner Färbung spricht, ist ein Großmeister der Konzeption und der Disposition. Das tut seltsamer Weise der Spontaneität keinen Abbruch. Mit Perl als Partner kann Benjamin Schmid eine Wildheit des Geigenspiels entwickeln, über der sonst womöglich die Musik zu Bruch ginge. Den drei Sonaten op. 30 von Ludwig van Beethoven bekommt dies nur zu gut. Gerade weil Perl in diesen Sonaten die formbildenden Tendenzen des Materials ebenso unnachsichtig herausarbeitet wie die formsprengenden Energien, kann Benjamin Schmid den letzteren mit einer erstaunlichen Fülle von geigerischen Ausdrucksmöglichkeiten erst recht aufhelfen. Und während in den Mozart-Sonaten die Violine wie aus einer anderen Welt in den Klangkosmos des Pianoforte gerät, scheint bei Beethoven die Geige eher aus dem Klang des Flügels geboren und diesen ins Grenzenlose zu transzendieren. Es ist vor allem dieses Moment von Transzendenz, von Entgrenzung, was an dieser neuen Einspielung der drei Sonaten op.30 fasziniert. Das Finale aus der c-moll-Sonate:
• Musikbeispiel: L.v.Beethoven - 4. Finale. Allegro aus der Sonate c-moll, op.30,2 für Klavier und Violine
Das war noch einmal der Wiener Geiger Benjamin Schmid, diesmal zusammen mit dem Pianisten Alfredo Perl. Mit ihm hat er bei Oehms Classics eine CD mit den drei Sonaten op. 30 von Ludwig van Beethoven eingespielt.
Waren Mozart und Beethoven in Wien einigermaßen umstritten, so konnte der Wiener Komponist und Kontrapunktprofessor Robert Fuchs von sich behaupten, dass er sich in der Donaumetropole der uneingeschränkten Anerkennung erfreute. Angeblich soll allerdings ein Wiener Kritiker anlässlich der Uraufführung einer Fuchs’schen Sinfonie geschrieben haben: "Fuchs, die hast du ganz gestohlen". Wie auch immer: Robert Fuchs zählt für die Nachwelt nicht nur einfach zur Entourage von Brahms oder hat seine Meriten als Kontrapunkt-Lehrer des jungen George Enescu, er ist auch mehr als der "Serenaden-Fuchs", als den ihn seine Zeitgenossen hochleben ließen - in der Tat hatte er für Serenaden eine besonders glückliche Hand. Kein Moll konnte so dunkel sein, dass nicht doch irgendwo das heitere Gemüt des Komponisten hervorlugte.
Das hört man auch immer wieder den Violinsonaten an, die die Geigerin Ursula Maria Berg in zwei Ausgaben bei Thorofon vorgelegt hat. Die zweite CD erschien vor kurzem und enthält eine frühe Sonate in D-dur op. 33 aus dem Jahr 1883, - da war Robert Fuchs 36 Jahre alt -, eine spätere in d-moll op. 68 aus dem Jahr 1901, die für Joseph Joachim geschrieben wurde, und die Sonate Nr. 6 g-moll op. 103, die Robert Fuchs 1915 komponierte und dem großen, damals noch sehr jungen Adolf Busch zueignete. Der Komponist überlebte sich immerhin bis 1927.
Man hört also in Gottes Namen hin, was bei einem frommen Mann wie Robert Fuchs ja nicht ehrenrührig ist, und - ist gefesselt. Die Kompositionen sind ohne Fehl und Tadel. Aber das ist es nicht. Hier spielt eine große Geigerin mit einer bezwingenden Mischung aus Noblesse, Heiterkeit, Melancholie und technischer Souveränität einen guten Text zum Geniestreich hoch. Derlei erlebt man bei Schauspielern häufiger als bei Musikern. Ursula Maria Berg, die seit fünf Jahren Konzertmeisterin des Gürzenich-Orchesters ist, verfügt über einen Ton von solcher Schönheit, dass selbst kompositorische Belanglosigkeiten, von denen es einige in den Fuchs’schen Opera gibt, geadelt werden. Oliver Triendl am Flügel befleißigt sich offenkundig des nämlichen Ideals des Kantablen, und auf einmal schimmert durch die späte g-moll-Sonate eine Traurigkeit durch, als erlebe man die letzten Tage der Menschheit. Dabei ist das Finale ganz konventionell überschrieben: Allegro vivace.
• Musikbeispiel: R. Fuchs - 3. Allegro vivace (Ausschnitt) aus der Violinsonate Nr. 6 g-moll, op.103
Das war die neue Platte im Deutschlandfunk. Zum Schluss hörten Sie die Geigerin Ursula Maria Berg und den Pianisten Oliver Triendl mit dem Finale aus der Sonate g-moll, op. 103 von Robert Fuchs. Auch die zweite CD mit den Fuchs’schen Violinsonaten ist, wie gesagt, bei Thorofon erschienen. Außerdem brachten wir heute Ausschnitte aus der Mozart- und Beethoven-Edition des Geigers Benjamin Schmid, die bei Oehms Classics herauskommt. Am Mikrofon bedankt sich Norbert Ely für Ihre Aufmerksamkeit.
CD 1:
Titel: "Wolfgang Amadeus Mozart - Sonatas für Piano and Violin"
Solisten: Benjamin Schmid, Violine
Ariane Haering, Klavier
Label: OEHMS CLASSICS
Labelcode: LC 12424
Bestell-Nr.: OC 335
CD 2:
Titel: "Ludwig van Beethoven - Sonatas for Piano and Violin op.30”
Solisten: Benjamin Schmid, Violine
Alfredo Perl, Klavier
Label: OEHMS CLASSICS
Labelcode: LC 12424
Bestell-Nr.: OC 341
CD 3:
Titel: "Robert Fuchs - Complete Violin Sonatas Vol.2”
Solisten: Ursula Maria Berg, Violine
Oliver Triendl, Klavier
Label: THOROFON
Labelcode: LC 01958
Bestell-Nr.: CTH 2512