Routiniert optimistisch - so präsentierten sich die drei Parteichefs am Morgen im Willy-Brandt-Haus:
Merkel: "Ich glaube, es kann gelingen, wir werden sehr zügig, sehr intensiv arbeiten."
Schulz: "In diesem Sinne werden wir konstruktiv und ergebnisoffen die Verhandlungen hier führen."
Seehofer: "Ich sage, wir müssen uns verständigen."
"Ich glaube, es kann gelingen", genau diese fünf Worte hatte CDU-Chefin Angela Merkel bereits während der Jamaika-Verhandlungen gewählt. Der Ausgang ist bekannt.
Versöhnlicher zeigt sich CSU-Chef Horst Seehofer, anders als nach den lauten Tönen der CSU-Landesgruppenklausur in Seeon. Dort hatten die Christsozialen Leistungskürzungen für Asylbewerber gefordert sowie die weitere Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Gefragt, ob er aus Seeon rote Linien mitbringe, antwortete Horst Seehofer:
"Das ist noch mal eine klare Positionierung der CSU. Die war auch notwendig zum Jahresauftakt. Und jetzt werden diese Dinge, die beschlossen wurden, hier in die Sondierungen eingebracht."
Und auch Martin Schulz, Parteichef der SPD, versuchte es zum Auftakt mit einer Pointe: "Für uns als sozialdemokratische Partei Deutschlands gilt, wir ziehen keine roten Linien, wir wollen möglichst viel rote Politik in Deutschland durchsetzen."
Union pocht auf "schwarze Null"
Am Vormittag kamen zunächst nur die Fraktions- und Parteichefs zusammen, seit 12 Uhr wird in der großen Runde bzw. in allen Arbeitsgruppen verhandelt. Heute im Mittelpunkt: die Finanzpolitik. Die Sondierer wollen den Finanzrahmen für eine mögliche schwarz-rote Koalition ausloten, ob die Zahl der Jamaika-Gespräche von 45 Milliarden Euro als Spielraum bestehen bleibt, ist noch unklar.
Die Union pocht auf die "schwarze Null", den Bundeshaushalt ohne neue Schulden. Diskussionen dürfte es unter anderem bei der Zukunft des Soli sowie der künftigen Gestaltung der Einkommenssteuer geben, die SPD will den Spitzensteuersatz anheben, im Gegenzug für Entlastungen bei kleinen und mittleren Einkommen. Die Union lehnt Steuererhöhungen ab.
Zu Beginn der Gespräche stehen alle Teilnehmer unter Druck.
Beschädigtes Vertrauen
SPD-Chef Martin Schulz hatte sich eigentlich in der Wahlnacht unter dem Jubel der Genossen schon in die Opposition verabschiedet und muss jetzt seine unwillige Partei umstimmen. Das ist ihm noch nicht bei allen gelungen. Kevin Kühnert, der Juso-Vorsitzende, hat Parteichef Martin Schulz noch einmal an sein Versprechen erinnert, "ergebnisoffen" zu verhandeln.
Und auch Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied im Sondierungsteam, erinnert an schmerzhafte Wunden aus ihrer Zeit als Familienministern. Schwesig äußert sich im Interview der Woche mit dem Deutschlandfunk skeptisch: "Leider haben wir in der letzten Großen Koalition erlebt, dass eben auch auf die Union nicht in allen Punkten Verlass war. Zum Beispiel, wir hatten klar im Koalitionsvertrag verabredet, dass es ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit gibt. Und diese Erfahrung hat natürlich auch Vertrauen beschädigt. Und es geht jetzt darum, zu wissen, zum einen, gibt es noch Gemeinsamkeiten, weitere Themen, die wir umsetzen könnten, und können wir uns darauf verlassen, dass das dann auch so kommt."
Doch wirklich wollen kann die SPD mögliche Neuwahlen nicht, nach der jüngsten Umfrage von Emnid lag sie bei 20 Prozent.
"Weniger reden, mehr arbeiten."
Den Druck bei den GroKo-Gesprächen nicht zu scheitern spürt auch Angela Merkel. Sie wird sich ein zweites Scheitern einer Regierungsbildung nicht leisten können. Ihre Macht könnte innerparteilich dann erodieren.
Die CSU sieht – mit Hinblick auf die für sie derzeit alles dominierende Landtagswahl im Herbst – mehr Nutzen in einer großen Koalition den in Neuwahlen.
Nach den Erfahrungen bei den Jamaika-Runden, bei denen Indiskretionen auch zu Vertrauensbrüchen führten, haben sich die Sondierer mehr Disziplin verordnet. Ergebnisse sollen nur dosiert nach außen dringen, oder wie es Horst Seehofer ausdrückte: "Weniger reden, mehr arbeiten."
Am Abend will SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil stellvertretend für alle Sondierer vor die Presse treten – ein Vorrecht, das für die jeweils gastgebende Partei vereinbart wurde.
Morgen geht es im Konrad-Adenauerhaus weiter. Arbeitsbeginn für die Sondierer: 9 Uhr.