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Sondierungsgespräche
Verhandlungen laufen schleppend

Ein Bekenntnis zum Klima- und Tierschutz, Vielfalt in der Landwirtschaft sowie mehr Transparenz für Verbraucher: Zumindest auf einige Punkte konnten sich CDU/CSU, FDP und Grüne bei den Sondierungsgesprächen verständigen. Doch wie es scheint, stehen auch diese Ergebnisse auf wackligen Füßen.

Von Paul Vorreiter | 03.11.2017
    In Berlin laufen die Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika-Koalition
    Auch bei den Themen Landwirtschaft und Verbraucherschutz sind viele Punkte zwischen den möglichen Koalitionspartnern noch strittig. (imago stock&people)
    Was nach stundenlangen Verhandlungen an Kompromissen zum Thema Landwirtschaft und Verbraucher geschlossen wurde, scheint auf wackeligen Füßen zu stehen: Diesen Eindruck vermittelten zumindest die Generalsekretäre von CSU und Grünen bei der Vorstellung des Arbeitspapieres dazu. Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer von Bündnis90:
    "Wir haben uns klar dazu bekannt, Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken." - "Das was sie jetzt gehört haben, organisatorisch, muss man schon noch dazu sagen, Herr Kollege Kellner. steht jetzt nicht im Papier drin, sondern das ist im Grünen-Wahlprogramm. Das ist nicht die Grundlage der Einigung, das nur als organisatorischer Hinweis für Sie." - "Sie haben das Papier ja verteilt, Sie können das selbst bewerten, viel Spaß dabei."
    Neuer Ärger
    Das Selberbewerten hat schon mal neuen Ärger verursacht: Robert Habeck, Verhandler der Grünen, sagte, man habe sich auf mehr Tierschutz und den Einsatz von weniger Pestiziden als gemeinsames Ziel geeinigt. Andreas Scheuer von der CSU warf ihm daraufhin vor, offenbar bei einer anderen Veranstaltung, aber nicht bei den Sondierungen, dabei gewesen zu sein.
    In dem Papier bekennen sich die möglichen Koalitionäre zu einer vielfältigen Agrarstruktur, zu einer Politik, die den Schulterschluss mit den Bauern sucht und versprechen Klima- und Tierschutz.
    Kein Konsens ausdrücklich bei der Frage des Geldes, wie Umweltschutz und Tierwohl bezahlt werden sollen, jedenfalls soll das nicht einseitig zulasten der Landwirte gehen.
    Ebenso vertagt: Die Frage nach dem Ökolandbau und nach einem Tierwohllabel. Im Bereich Verbraucher bekennen sich die Parteien zu Transparenz und Information, wollen gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, um Verbraucherrechte zu stärken. Ob Gruppenklagen erlaubt werden sollen, bleibt offen.
    Beim Thema Klima hat es vergangene Woche so heftigen Streit gegeben, dass die Gespräche vertagt wurden. Einen neuen Anlauf für eine Einigung versucht nun eine Fachgruppe zu erzielen.
    "Klar werden Kraftwerke abgeschalten, die Frage ist nur wie schnell?"
    sagte Winfried-Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Fortschritte in diesen Verhandlungen wurden jedenfalls nicht mehr bekannt.
    Zum ersten Mal beschäftigten sich die Parteien auch mit Familien-, sowie Außen- und Sicherheitspolitik. Zwar konnten sich die Unterhändler nicht auf gemeinsame Papiere einigen, doch zu großer Streit wurde nicht erwartet: Grünen-Politiker Rainer Bütikofer twitterte seine Einschätzung, Jamaika würde daran nicht scheitern.
    Differenzen gibt es unter anderem in der Frage der Türkeipolitik, des Freihandels und der Begrenzung der Rüstungsexporte. Die Grünen wehren sich dagegen, dass Deutschland zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung, des Bruttoinlandsproduktes, für die Verteidigung ausgeben soll, so wie es die Nato fordert. Die FDP bot den Kompromiss an, dass auch Ausgaben für Entwicklungshilfe darin eingerechnet werden könnten. Alexander Graf Lambsdorff:
    "Richtig ist, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt zum Thema zwei Prozent, aber da ist die FDP auch nicht starr, sondern kompromissbereit und setzt auf den umfassenden Ansatz."
    Erneute Vertagung beim Thema Verkehr
    Eine erneute Vertagung auch beim Thema Verkehr. CDU CSU FDP und Grüne konnten sich offenbar auf keine gemeinsame Position für die Zukunft des Verbrennungsmotors einigen. Anderer Streitpunkt: Wie soll es mit der Pkw-Maut weiter gehen.
    Damit stehen die möglichen Koalitionäre vor großen Hürden. An Tag Vier der Gespräche diese Woche, am Freitag, kommen zunächst die Verhandlungsführer zusammen. Dann die große Gruppe von mehr als 50 Unterhändlern, die eine Bilanz der bisherigen Sondierungen ziehen will.
    Die Teilnehmer kommen unterdessen immer mehr zu dem Schluss, dass große Verhandlergruppen eher hinderlich sind. Daher sollen kommende Woche noch mehr kleine Gruppen sowie die Parteichefs unter sich nach Lösungen suchen.