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Sonne im Spiegel

Energie.- Bislang beschränkt sich die Nutzung von Sonnenwärme fast ausschließlich auf kleine Dachkollektoren, die Wohnhäusern Warmwasser liefern. Ein Unternehmen aus Freiburg arbeitet nun an einer Methode, um Sonnenenergie für die Großindustrie nutzbar zu machen.

Von Ralf Krauter | 11.08.2009
    Zwei Drittel aller Energie, die Industriebetriebe verbrauchen, wird benutzt, um Wärme zu erzeugen, die beispielsweise Trocknungsprozesse oder chemische Reaktoren am Laufen hält. Ein beträchtlicher Teil dieser Wärmeenergie ließe sich decken, indem man die Sonne anzapft, glaubt man in Freiburg. Das junge Unternehmen Mirroxx entwickelt dazu sogenannte Fresnel-Kollektoren. Diese Kollektoren - benannt nach dem Franzosen Augustin Fresnel, einem der Begründer der Wellenoptik - bestehen aus flachen Spiegelstreifen, die jeweils vier Meter lang und einen halben Meter breit sind.

    "Davon hat man viele parallel nebeneinander, parallel zum Boden ausgerichtet. Und jeder Spiegel wird über einen kleinen Elektromotor so positioniert, dass alle Spiegel das Sonnenlicht konzentrieren auf eine Brennlinie – bei unserem Design in vier Metern Höhe über diesem Spiegelfeld. Und an dieser Brennlinie ist eben ein Absorberrohr",

    erklärt der Physiker und Mirroxx-Geschäftsführer Christian Zahler. Man muss sich das Ganze vorstellen wie eine am Boden montierte Jalousie aus Spiegeln, deren einzelne Lamellen alle in einem etwas anderen Winkel stehen. Ein Computer regelt ihre Position so, dass das einfallende Sonnenlicht stets auf dem darüber hängenden Absorberrohr gebündelt wird und das darin zirkulierende Wasser auf bis zu 200 Grad Celsius erhitzt. Für rund ein Drittel allen industriellen Wärmebedarfs ist das heiß genug. Mit Öl als Wärmeträgerflüssigkeit können die Fresnel-Kollektoren sogar Ausgangstemperaturen von 400 Grad liefern.

    "Der Fresnel-Kollektor hat, was die Aufdach-Installation angeht, einige klare Vorteile. Dadurch, dass die Spiegel schmal und flach parallel zum Boden angeordnet sind, hat er eine deutlich geringere Windlast als diese Parabolrinnen-Konstruktion."

    Parabolrinnen, das sind jene gekrümmten Spiegelrinnen, die in Spanien derzeit hektarweise installiert werden - für die ersten solarthermischen Großkraftwerke Europas. Ihr Funktionsprinzip ist dasselbe: Gebündeltes Sonnenlicht erhitzt eine Wärmeträgerflüssigkeit in einem Absorberrohr. Für die Installation auf Fabrikdächern, wo der Platz immer knapp ist, seien Fresnel-Kollektoren aber prinzipiell besser geeignet, betont Christian Zahler.

    "Also der Fresnel schafft einfach höhere Spitzenleistungen im Vergleich zu Parabolrinnen. Und wir haben eine gute Gewichtsverteilung auf dem Dach, was auch sehr wichtig ist. Wenn man sich die großen Parabolrinnen anschaut, mit denen solarthermische Kraftwerke gebaut werden: Die haben teilweise riesige Betonfundamente. Und wir haben da eben eher so eine flache Anordnung und können die Last gut auf dem Dach verteilen."

    An einem perfekten Sommertag können die Spiegellamellen-Kollektoren aus Freiburg bis zu 500 Watt Wärmeleistung pro Quadratmeter liefern. Pilotanlagen in Italien, Spanien und Tunesien belegen, dass sie zuverlässig funktionieren. In Sevilla beispielsweise liefert ein 350 Quadratmeter-Kollektor seit 2007 Hitze für den Betrieb spezieller Kältemaschinen. Die klimatisieren ein Universitätsgebäude, indem sie die Wärmeenergie aus den Kollektoren durch einen thermochemischen Prozess in Kälte verwandeln.

    "Es gibt sehr, sehr viele Gegenden in der Welt, sei es Indien, Teile von Südamerika, Nordamerika, wo sich’s einfach lohnt, solche Anlagen zu betreiben. Und es gibt eben sehr viele Bereiche in der Industrie, die Prozesswärme brauchen, gerade in diesem Temperaturbereich, grob zwischen 150 und 400 Grad. Sei es Lebensmittel- oder Chemie-, Textil- oder Pharmaindustrie. Da kann man eigentlich die Liste beliebig weiter verlängern. Und das sind die Kunden, die wir ansprechen werden, die nächsten Jahre."

    In welchem Maße die interessiert sind, dürfte vor allem davon abhängen, wie sich die Öl- und Gaspreise weiter entwickeln. Denn je teurer die konventionelle Wärmeerzeugung mittels Verfeuerung von Öl und Gas wird, umso schneller amortisieren sich die Investitionen fürs Anzapfen der Sonnenwärme.