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Sonnenbrand bei Weintrauben

Braun, vertrocknet und runzelig – die Trauben, die Dr. Christiane Kolb an diesem Morgen in einem Weinberg bei Würzburg unter die Lupe nimmt, sehen aus wie Rosinen, bevor sie überhaupt gepflückt sind:

Von Christoph Kersting |
    Wir haben hier einen Bacchus-Standort, das heißt eine sehr empfindliche Rebensorte für das Schadbild Sonnenbrand, das sich hier auch gut zeigt. Das heißt an der Oberseite der Rispe haben wir stark vertrocknete Beeren. Das beginnende Schadbild ist hier z.B., das heißt man hat am Anfang eine leichte Eindellung an der der Sonne zugewandten Seite. Das Beerenfleisch zwischen Haut und Kern geht kaputt, und nach und nach vertrocknet dann die ganze betroffene Beere.

    Das Trockenobst im Weinberg ist kein Einzelfall. Schon seit Jahren haben vor allem fränkische Winzer mit dem Beerenbrand zu kämpfen, und seit 1999 versucht Botanikerin Kolb mit anderen Forschern der Uni Würzburg, Erklärungen für den Sonnenbrand bei Weintrauben zu finden. Im Prinzip kann der Beerenbrand jede Rebsorte treffen. Besonders anfällig seien aber Trauben mit dünnerer Haut, erklärt Kolbs Kollege Dr. Erhard Pfündel. Dass es vor allem mit dem Bacchus den Bach runtergeht, kann auch er bestätigen:

    Die Bacchus-Rebe ist ja eine relativ junge Rebe, die erst seit den 60er Jahren angebaut wird im Würzburger Raum, und es könnte sein, dass die züchterische Selektion den UV-Schutz nicht mit berücksichtigt hat. Silvaner zum Beispiel ist weit weniger empfindlich. Ja, Bacchus ist unser Sensibelchen.

    Bei der sensiblen Bacchus-Rebe fielen dem Sonnenbrand in schlechten Jahren schon bis zu 50 Prozent der Ernte zum Opfer. Beim Silvaner sind es nicht selten 10 Prozent der Reben. Allein rote Trauben blieben bislang verschont vom Sonnenbrand. Zu Beginn ihrer Untersuchung gingen die Wissenschaftler davon aus, dass allein das UV-Licht den Trauben zusetzt. Die Freilandversuche brachten jedoch ein anderes Ergebnis. Denn auch jene Reben, die durch eine spezielle Folie vor den UV-Strahlen geschützt wurden, zeigten Schäden. Christiane Kolb:

    Das spricht dafür, dass hier mehrere Faktoren zusammenwirken. Was auch auffällig war, dass die Schäden besonders auf der Westseite zu finden sind. Und das spricht dafür, dass der Wechsel von Beschattung am Morgen zu wirklich intensivster Sonneneinstrahlung, dass das möglicherweise der Auslöser ist für die Schäden.

    Was aber kann man tun gegen den Beerenbrand? Laut Kolb sollten sich die Winzer überlegen, ob sie nicht längerfristig weniger anfälligen Reben wie Müller-Thurgau den Vorzug geben. Zudem sei der Sonnenbrand vor allem dort ein Problem, wo die Weinbauern viele Blätter aus der Traubenzone entfernen – um eine feinere Aromaausprägung zu bekommen. Und die Vorstellung, eine Sonnencreme für Pflanzen zu entwickeln, findet Erhard Pfündel gar nicht mal so abwegig:

    Natürlich könnte man sich überlegen, ob man diese phänolischen Substanzen, die ja die Sonnenschutzmittel im Blatt sind, auf das Blatt draufsprüht, und sie werden ja auch tatsächlich verwendet in manchen Cremes für die Menschen, aber das müssen dann letztendlich auch die Weinbauern entscheiden, ob sich das rechnet.