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Sonnenenergie
Stresstest für Solarmodule

Wer eine Photovoltaikanlage errichten lässt, rechnet zumeist damit, dass sie 20 Jahre Strom produziert. Solange garantieren auch die Hersteller ihre Fabrikate. Aber wie können sie wissen, ob ein Modul nach 20 Sommern und Wintern noch gut funktioniert? Die Branche hat dazu Tests erfunden, mit denen Hagel, Schnee und die Alterung unter freiem Himmel simuliert werden.

Von Ines Rutschmann |
    Ein Mann befreit am Samstag (27.11.2010) in Wengen im Allgäu (Schwaben) die Solarzellen auf dem Dach seines Hauses vom Schnee. Winterlich ist das Wetter im Südwesten Deutschlands. Foto: dpa/lby/lsw
    Ob Hagel, Schnee oder Schneeschieber: Solarzellen müssen viel aushalten. (picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand)
    Mit einer kleinen Kanone feuert Jan Kupke walnussgroße Eisbälle auf ein senkrecht aufgestelltes Photovoltaikmodul. Das Eis zersplittert, dem Modul scheint der Beschuss nichts auszumachen.
    Insgesamt elf dieser Eiskugeln schießt der Prüfingenieur am Photovoltaik-Institut Berlin auf verschiedene Punkte der Glasoberfläche. Der Test gehört zu den Prüfverfahren für die Zertifizierung von Solarmodulen. Mit dem Beschuss wird Hagel simuliert. Das Modul zeigt zwar keinen sichtbaren Schaden. Bestanden hat es den Test damit aber noch nicht. Es schließt sich die Prüfung seiner Leistung und Isolierung an, erklärt Laborleiter Michael Schoppa:
    "Weitere Ausfallerscheinungen wären Mikrorisse in den Zellen. Die wären mit dem bloßen Auge gar nicht sichtbar. Da behelfen wir uns sozusagen mit einer speziellen Methode: der Elektrolumineszenzanalyse, wo wir sozusagen in das Modul hineinschauen können und dabei die Mikrorisse detektieren können. Mikrorisse können dazu führen, dass wir einen erheblichen Leistungsverlust feststellen werden, wenn die Mikrorisse sich zu Brüchen entwickeln und damit Teile der Zelle komplett inaktiv sind."
    Zertifikat nach internationalen Normen
    Mehr als 30 Prüfungen sind für ein Zertifikat notwendig. Dazu sendet ein Hersteller einem Labor mehrere Module aus seiner Serienfertigung. Neben dem Photovoltaik-Institut in Berlin-Kreuzberg sind vier weitere Labore in Deutschland für die Tests nach den Normen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission zugelassen. Die Prüfungen umfassen neben der Simulation von Windböen, Hagel und Schnee auch Verfahren für eine beschleunigte Alterung. Dazu kommen die Module in UV-Kammern und Klimakammern. Das Brummen eines Kompressors einer solchen Klimakammer beherrscht die Geräuschkulisse der 1.600 Quadratmeter großen Laborhalle in Berlin. Es läuft gerade der Feuchte-Frost-Test, erklärt Schoppa:
    "Momentan haben wir minus zwölf Grad Celsius und die Kammer wird derzeit auf minus 40 Grad runtergekühlt."
    Von minus 40 Grad wird die Kammer anschließend wieder auf 85 Grad Celsius hochgeheizt - bei einer Luftfeuchtigkeit von permanent 85 Prozent. Zehn Tage bleiben die Module in der an einen Container erinnernden Box. In dieser Zeit pendelt die Temperatur zwischen den Extremen. Anschließend kontrollieren die Laboringenieure die Leistung und die Isolation der stromführenden Komponenten.
    Sichtbar kaputt
    Rund 20 Prozent der Prüflinge sind beim Photovoltaik-Institut in den vergangenen sechs Jahren durchgefallen. Sie scheiterten zumeist am Feuchte-Wärme-Test, bei dem die Module 1.000 Stunden bei 85 Grad Celsius und 85 Prozent Luftfeuchte verbringen. Am sogenannten Hotspot-Test, bei dem die Anfälligkeit für Kurzschlüsse in den Zellen zutage gefördert wird. Und überraschenderweise an der Sichtkontrolle zu Beginn des Prüfzyklus.
    "Bei der Sichtprüfung findet man leider nach wie vor unerklärliche Dinge in den Modulen. Da kann auch mal ein Insekt vorhanden sein, was mit einlaminiert wurde, was auch auf die Sauberkeit in der Produktionslinie zurückschließen lässt. Das wäre auch ein klarer Fail, weil das logischerweise auch Lufteinschlüsse mit sich bringt, die sich dann nach den Belastungstests auch ausbilden können und zu stromführenden Luftblasen führen kann."
    Bestehen die Module alle Tests, erhält der Hersteller die begehrten Zertifikate. Damit kann er seine Module mit dem CE-Kennzeichen versehen und in der Europäischen Union auf den Markt bringen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Solarmodule auch auf jeden Fall 20 Jahre gut arbeiten werden, wie es die Hersteller zumeist versprechen.
    "Am Ende der Zertifizierung kann man leider nicht von den gern genommenen 20 Jahren Lebensdauer ausgehen, auch wenn das gerne jeder hätte und die Modulhersteller damit auch werben. Experten sprechen eher von einer Simulation von circa acht Jahren, die hiermit bei der Zertifizierung abgedeckt sind."
    Es gibt natürlich Photovoltaikmodule, die seit mehr als 20 Jahren in Betrieb sind und kaum in ihrer Leistung nachgelassen haben. Es zeigt sich aber, dass dies nicht immer für Module jüngerer Bauart gilt - auch wenn sie erfolgreich getestet wurden.