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Sonnenkraft rund um die Uhr

Technik. - Solarthermische Kraftwerke erzeugen aus Wärme Strom und das zudem kohlendioxidfrei. Wird es aber dunkel, versiegt auch der erzeugte Strom. Damit es nachts nicht kalt wird, entwickeln Forscher daher Wärmespeicher, die bei Bedarf die Energie der Sonne freisetzen - mit Hilfe von Salz.

Von Sönke Gäthke | 17.09.2007
    "Das, was Sie hier sehen, ist ein Latentspeicher für den Arbeitsbereich zwischen 200 und 300 Grad Celsius."

    Rainer Tamme vom Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt in Stuttgart. Er hat diesen so genannten Latentspeicher entwickelt.

    "Latent heißt, das Material hat dieselbe Temperatur, es gibt Energie ab oder es nimmt Energie auf, beim Schmelzen, beim Erstarren, ohne dass sich die Temperatur ändert. So dass man sagt: Eigentlich passiert da gar nichts, die Energie ist irgendwie verborgen, verborgen im Schmelzprozess."

    Der Wissenschaftler hebt den Deckel von einem langen, niedrigen Metallkasten ab, rollt eine dicke Isoliermatte heraus:

    "Wenn wir diesen Speicher geladen hätten, müssten wir Schutzbrillen tragen, das würde nicht ganz so easy gehen."

    Unter der Isoliermatte erscheint eine dunkle Fläche, in regelmäßigen Abständen durchzogen von senkrecht stehenden Metallplatten. Die Metallplatten dienen der Wärmeleitung, erklärt Tamme, zwischen ihnen lagert Salz.

    "Und was Sie jetzt sehen, deswegen diese etwas dunkle Farbe, sind jetzt sozusagen eine kleine Graphitschicht, die sich auf dem Salz gebildet hat, dass heißt, wenn man die entfernt, dann hat man unten das reine Salz, dass man kennt, das sind weiße Verbindungen."

    Salz ist eigentlich ein schlechter Wärmeleiter. Der Wissenschaftler hat daher Graphit beigemischt – das verbessert die Wärmeleitfähigkeit, damit die Hitze schnell aufgenommen wird.

    "Die Wärme steckt im Salz. Wenn das Salz schmilzt in dem jeweiligen Temperaturbereich, da wird etwa so viel Wärme aufgenommen, wie ich beim Erhitzen von Wasser bei etwa hundert Grad Celsius bekomme. Das heißt, wenn ich ein Liter Wasser um hundert Grad erhitze, dann steckt dieselbe Energie drin, als wenn ich hier ein Liter oder das Kilogramm Salz schmelzen oder erstarren lasse."

    Der Speicher selbst muss dabei kaum wärmer oder kühler werden – zehn Grad mehr oder weniger reichen aus, um die Wärmeenergie aufzunehmen oder abzugeben. Allerdings muss der Speicher beim ersten Mal auf eine Temperatur gebracht werden, die nahe dem Schmelzpunkt des Salzes liegt.

    "In diesem Speicher verwenden wir Nitratsalz. Das hat eine Schmelztemperatur von 300 Grad Celsius."

    Die Wärme selbst wird unter der Salzschicht durch Rohre gepumpt, zum Beispiel in Form von Dampf. Der Dampf erhitzt dann das Salz – und das verflüssigt sich: Die Wärme ist gespeichert. Das Entladen geht genau umgekehrt. Wasser strömt durch die Rohre, das flüssige Salz wird unter seinen Schmelzpunkt gekühlt, setzt Energie frei – und verdampft das Wasser. Bei welcher Temperatur das Salz schmilzt, lässt sich durch Mischungen mit anderen Stoffen steuern. So lassen sich auch Speicher konstruieren, in denen das Salz schon bei 120 Grad schmilzt. Die Latentspeicher sind ideal, wenn es darum geht, genug Energie zu speichern, um Wasser zu verdampfen. Wie zum Beispiel in solarthermischen Kraftwerken. Manchmal wird in diesen Kraftwerken jedoch auch Öl verwendet, um die Hitze der Sonne aufzunehmen. Und da ist es besser, einen großen Betonklotz zur Speicherung für die Nacht einzusetzen.

    "Der Betonklotz ist dann interessant, wenn wir in einem Temperaturbereich arbeiten, wo Beton von der Stabilität her einsetzbar ist, dass heißt, das ist ein Bereich jetzt hier in diesem Bereich bis 400 Grad."

    Das heiße Öl wird einfach durch Röhren in dem Klotz geschickt und heizt ihn auf. Soll der Beton die Wärme wieder abgeben, wird kühles Öl durch diese Leitungen geschickt. Rainer Tamme hat beide Techniken fertig entwickelt. Bis jetzt konnte er sie jedoch nur unter Laborbedingungen testen. Jetzt will der Thermodynamiker Anlagen bauen, mit denen er nachweisen kann, dass sie auch unter realen Bedingungen zuverlässig funktionieren – und tatsächlich Solarkraftanlagen wirtschaftlicher machen.