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Sonnenturm in spanischer Wüste

Beim Stichwort Solarenergie denkt man zumeist an Eigenheimdächer mit bläulich schimmernden Solarzellen. Doch die Solarzunft hat weit ehrgeizigere Pläne: Sie plant große Solarkraftwerke, die wesentlich preiswerter sind als die Solarzellen. Das Prinzip ist einfach: Die über Spiegel eingefangene Sonnenenergie erhitzt einen Wärmeträger wie zum Beispiel Wasserdampf, und der Wasserdampf treibt dann eine Stromturbine an.

    von Frank Grotelüschen

    Die Wüste von Tabernas in der südspanischen Provinz Almeria. Wir sind auf dem Gelände der Plataforma Solar, einem der weltweit größten Forschungszentren für Sonnenenergie, und gehen durch ein merkwürdiges Feld - ein Gelände vollgestellt mit Spiegeln, sog. Heliostaten. Jeder von ihnen ist 40 Quadratmeter groß und thront auf einem Mast über unseren Köpfen. 300 Heliostate stehen hier in Reih und Glied, und alle bündeln das Sonnenlicht auf einen einzigen Punkt – auf die Spitze eines Betonturms, 80 Meter hoch und etwas abseits vom Spiegelfeld gelegen. Der Heliostat mit der Nummer 5 0 3 soll getestet werden, und Solarforscher Thorsten Denk bespricht das Vorgehen per Funk. Langsam fährt der Spiegel in seine Ausgangsposition.

    Dort angekommen, rückt ihn ein Stellmotor alle paar Augenblicke ein Stückchen weiter. Es ist die automatische Nachführung. Sie sorgt dafür, dass der Sonnenstrahl den ganzen Tag lang auf die Spitze des Turmes zielt.

    Im Turm bringt uns der Fahrstuhl in eine Höhe von 60 Metern.

    Das letzte Stockwerk müssen wir zu Fuß bewältigen, dann sind wir genau dort, wo bei Sonnenschein die Lichtstrahlen der 300 Heliostaten hinzielen.

    Wir stehen jetzt vor der Anlage. Sie ist gerade vor der letzten Aufbauphase. Die letzte Aufgabe, die noch gemacht werden muss, ist der Schutz vor Strahlung, die neben den Receiver geht, bevor es dann losgeht.

    Die Anlage erinnert an ein Raketentriebwerk mit seinen wabenförmigen Schubdüsen. Als wir in die Waben reinschauen, schaut das eigene Bild aus allen Richtungen zurück, wie im Spiegelkabinett. Das sind die Eintrittsspiegel, sagt Thorsten Denk. Sie bündeln das eh schon konzentrierte Licht noch weiter.

    Das Licht kommt von unten, von den Heliostaten, hier an. Und die Receiver sind mit 35 Grad geneigt, schauen also praktisch nach unten auf das Feld. Das Sonnenlicht kommt hier mit einer Konzentration von etwa 500fach an und wird noch mal um den Faktor 4, d.h. auf 2000fach konzentriert.

    Diese Receiver sammeln das gebündelte Sonnenlicht und übertragen seine Wärmeenergie auf Luft. Und zwar wird die Luft in Röhren durch die Receiver geführt und stufenweise erhitzt.

    16 parallele Rohrschlangen, die schwarz angestrichen sind, werden von außen bestrahlt. Innen erhitzt sich dann die Luft von etwa 300 Grad auf etwa 550 Grad.

    Danach strömt die Luft in die nächsten beiden Module. Dort wird sie auf 800 Grad gebracht. Später einmal sollen es – mit der Hilfe von keramischen Werkstoffen – sogar 1000 Grad sein. Genau das ist das Neue am Solarturm von Almeria. Thorsten Denk und seine Leute wollen Luft so stark erhitzen, dass sie damit zwei Stromturbinen gleichzeitig betreiben können – erst eine Gas-, dann eine Dampfturbine.

    Das ist das, was wir demonstrieren wollen: Dass aus so einem System richtig Strom rauskommt und nicht nur heiße Luft.

    Die 1000 Grad heiße Luft soll zunächst eine Gasturbine antreiben. Die Abluft aus der Gasturbine ist immer noch heiß genug, um eine nach geschaltete Dampfturbine zu speisen. Heraus kommt ein kombiniertes Gas-Dampf-Kraftwerk, von dem sich die Forscher einen Wirkungsgrad von 25% versprechen. Zum Vergleich: Eine handelsübliche Solarzelle wandelt nur etwa 10% des einfallenden Lichts in Strom um. Die Vision: Im Jahre 2015 sollen Solartürme, aufgestellt im Sonnengürtel der Erde, Strom für einen Preis von 6 Cent pro Kilowattstunde erzeugen. Damit wäre die Sonnenenergie zumindest einigermaßen konkurrenzfähig gegenüber den fossilen Energieträgern Öl, Kohle und Gas.