"Sehen Sie das Blut im Inneren der Türgriffkuhle? Auf der Fahrerseite? Innen? Was das bedeutet, ist, dass der Angeklagte mit einer verletzten Hand gefahren ist. Seine Hand war schon verletzt, als er nach Rockingham zurückkam."
Das Strafverfahren gegen OJ Simpson wegen Mordes an seiner Ex-Frau Nicole Brown Simpson schrieb 1994 Rechts- und es schrieb Medien-Geschichte. Live im Fernsehen übertragen, wurde der Prozess begleitet von Wetten und stündlichen Zwischenberichten.
"Ich habe dieses Verbrechen nicht begangen, ich würde es nicht, ich könnte es nicht tun. Ich habe vier Kinder, zwei Kinder habe ich seit einem Jahr nicht gesehen. Und sie fragen mich jede Woche: Dad, wie lange noch?"
Soviel zumindest ist in Deutschland klar: Das ginge nicht.
"Wir wollen keinen Schauprozess haben. Immerhin ist der, der bei Gericht sitzt, kein Verurteilter, sondern ein Beschuldigter, über dessen Schuld oder Unschuld zu verhandeln ist. Dann darf man ihn nicht öffentlich vorführen. Das würde grundgesetzlich gar nicht zulässig sein."
Für Siegfried Kauder, CDU, den Vorsitzenden des Rechtsausschusses, ist klar, dass das auch so bleibt. Kein Schau-, und auch kein Showprozess ergänzt Jörg van Essen, FDP.
"Es ist keine Gerichtsshow, die da stattfindet, sondern es wird über die Schuld eines Angeklagten entschieden. Deshalb gibt es auch Rechte der Verfahrensbeteiligten. Es gibt keinen Anspruch der Öffentlichkeit, beispielsweise Nahaufnahmen des Gesichts des Angeklagten, jede seiner Regungen zu sehen - in Nahaufnahme."
Oder auch die Regungen der Nebenkläger, der Opfer. Van Essen, selbst früher Oberstaatsanwalt, hält auch die Sorge für begründet, Kameras im Saal könnten ein Phänomen verstärken, unter dem öffentlichkeitswirksame Verfahren ohnehin leiden: Dass die Profis im Saal die Bühne für sich nutzen.
"Es sind ja immer wieder Anwälte gewesen, die ihr Renommee, ihre ganze Bekanntheit genau darauf aufgebaut haben. Und ganz häufig durch ihr schlechtes Verhalten dafür gesorgt haben, dass die von ihnen vertretenen Angeklagten Nachteile sogar hatten."
Wieder andere fürchten, Richter und Staatsanwälte könnten sich als harte Hunde darstellen wollen. Das sind die Argumente, die hinter Paragraf 169 Gerichtsverfassungsgesetz stehen:
"Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig."
"Mir ist es wichtig, dass wir übergehen zu einem Verständnis, dass Öffentlichkeit in einem Strafprozess gut und richtig ist und nicht ärgerlich und hinderlich ist."
Sagt nun Eva Högl, Rechtspolitikerin, SPD.
"Wenn wir jetzt feststellen, die Regeln reichen nicht aus, müssen wir dem gestiegenen öffentlichen Interesse an bestimmten Strafprozessen dem dadurch Rechnung tragen, dass wir die Regeln ändern."
Allerdings will auch sie keine Fernsehbilder aus deutschen Gerichten. Sie will, dass das gesetzlich klargestellt wird, was viele jetzt schon für möglich halten: die Übertragung von Bild und Ton in einen anderen Raum des Gerichts. Das Oberlandesgericht München fand: Auch das verbietet das Gesetz. Ob es das tatsächlich tut, ist umstritten. Jörg van Essen meint aber: Die Frage steht im Raum, jetzt muss sie der Gesetzgeber klären. Und damit steht er nicht allein. Siegfried Kauder will, obwohl es keinen Gesetzentwurf gibt, eine Anhörung im Rechtsausschuss - zu den Grenzen der Öffentlichkeit im Gerichtssaal allgemein.
Und Eva Högl kündigt einen Entschließungsantrag im Bundestag an. Wohlgemerkt: Kein Gesetz, das käme bis zum Ende der Legislaturperiode sowieso nicht mehr zustande, sondern eine Absichtserklärung. Der Liberale van Essen warnt wie der Christdemokrat Kauder vor Schnellschüssen. Beide glauben, die Argumente gegen die Fernsehübertragung – Gefahr der Show, der Vorführung, des Anreizes, sich zu produzieren - könnten schon dafür gelten. Schon weil die Kamera einen bestimmten Ausschnitt des Gerichtssaals wählen müsste. Das spräche nicht notwendig dagegen, sagt Jörg van Essen, aber es spreche dafür, mit Ruhe an die Frage heranzugehen. Auch Zeugen verhielten sich anders, wenn sie wüssten, dass eine Kamera mitläuft. Auch Eva Högl gesteht das zu:
"Wenn Sie sich jetzt nochmal anschauen, wie die Reaktionen waren auf Beate Zschäpe und die wenigen Bildaufnahmen, die wir haben von ihrem Auftritt, was sie anhatte, wie sie reagiert hat, da wird ja ganz viel reingelegt an Interpretation auch. Sodass für alle Beteiligten es etwas anderes ist, ob es Bild- und Tonaufnahmen gibt und sie sich auch darauf vorbereiten müssen, wenn sie wissen, dass etwas übertragen wird. Und das muss man eben abwägen."
Nur dass sie in der Abwägung eben dazu kommt, dass die bloße Übertragung in einen anderen Raum, ohne Mitschnitt, in einzelnen besonders wichtigen Verfahren, vor dem Hintergrund eines gesteigerten Interesses der Öffentlichkeit möglich sein muss. Und immerhin würden schon jetzt in Ausnahmefällen Zeugen bei der Aussage auf Leinwand abgebildet, damit alle Verfahrensbeteiligten sie sehen können.
Wie sich ein künftiger Bundestag dazu stellen wird, ist offen. Aber wenn man denn schon die Übertragung möchte – wäre nicht eine schnelle Lösung möglich gewesen, mit Blick auf, vor allem aber: mit Wirkung für den Münchner NSU-Prozess? Bloß nicht, sagen alle drei Bundestagsabgeordneten.
Eva Högl: "Dagegen bin ich. Einzelne Gesetze für einzelne Strafprozesse zu machen, dagegen bin ich ganz ausdrücklich, weil wir das Recht nicht zuschneiden auf bestimmte einzelne Situationen."
Jörg van Essen: "Man ist nie gut beraten damit, dass man für irgendein bestimmtes Verfahren irgendetwas speziell regelt. Sondern gerade der Strafprozess lebt davon, dass man allgemeingültige Regeln hat.
Siegfried Kauder: "Wenn wir dieses Verfahren zu einem verfahrensrechtlichen Experiment werden lassen würden, wäre das ein Drama. Es könnte dazu führen, dass das Urteil aufgehoben wird. Das dient den Opfern genauso wenig wie dem Verfahren selbst."
Das Strafverfahren gegen OJ Simpson wegen Mordes an seiner Ex-Frau Nicole Brown Simpson schrieb 1994 Rechts- und es schrieb Medien-Geschichte. Live im Fernsehen übertragen, wurde der Prozess begleitet von Wetten und stündlichen Zwischenberichten.
"Ich habe dieses Verbrechen nicht begangen, ich würde es nicht, ich könnte es nicht tun. Ich habe vier Kinder, zwei Kinder habe ich seit einem Jahr nicht gesehen. Und sie fragen mich jede Woche: Dad, wie lange noch?"
Soviel zumindest ist in Deutschland klar: Das ginge nicht.
"Wir wollen keinen Schauprozess haben. Immerhin ist der, der bei Gericht sitzt, kein Verurteilter, sondern ein Beschuldigter, über dessen Schuld oder Unschuld zu verhandeln ist. Dann darf man ihn nicht öffentlich vorführen. Das würde grundgesetzlich gar nicht zulässig sein."
Für Siegfried Kauder, CDU, den Vorsitzenden des Rechtsausschusses, ist klar, dass das auch so bleibt. Kein Schau-, und auch kein Showprozess ergänzt Jörg van Essen, FDP.
"Es ist keine Gerichtsshow, die da stattfindet, sondern es wird über die Schuld eines Angeklagten entschieden. Deshalb gibt es auch Rechte der Verfahrensbeteiligten. Es gibt keinen Anspruch der Öffentlichkeit, beispielsweise Nahaufnahmen des Gesichts des Angeklagten, jede seiner Regungen zu sehen - in Nahaufnahme."
Oder auch die Regungen der Nebenkläger, der Opfer. Van Essen, selbst früher Oberstaatsanwalt, hält auch die Sorge für begründet, Kameras im Saal könnten ein Phänomen verstärken, unter dem öffentlichkeitswirksame Verfahren ohnehin leiden: Dass die Profis im Saal die Bühne für sich nutzen.
"Es sind ja immer wieder Anwälte gewesen, die ihr Renommee, ihre ganze Bekanntheit genau darauf aufgebaut haben. Und ganz häufig durch ihr schlechtes Verhalten dafür gesorgt haben, dass die von ihnen vertretenen Angeklagten Nachteile sogar hatten."
Wieder andere fürchten, Richter und Staatsanwälte könnten sich als harte Hunde darstellen wollen. Das sind die Argumente, die hinter Paragraf 169 Gerichtsverfassungsgesetz stehen:
"Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig."
"Mir ist es wichtig, dass wir übergehen zu einem Verständnis, dass Öffentlichkeit in einem Strafprozess gut und richtig ist und nicht ärgerlich und hinderlich ist."
Sagt nun Eva Högl, Rechtspolitikerin, SPD.
"Wenn wir jetzt feststellen, die Regeln reichen nicht aus, müssen wir dem gestiegenen öffentlichen Interesse an bestimmten Strafprozessen dem dadurch Rechnung tragen, dass wir die Regeln ändern."
Allerdings will auch sie keine Fernsehbilder aus deutschen Gerichten. Sie will, dass das gesetzlich klargestellt wird, was viele jetzt schon für möglich halten: die Übertragung von Bild und Ton in einen anderen Raum des Gerichts. Das Oberlandesgericht München fand: Auch das verbietet das Gesetz. Ob es das tatsächlich tut, ist umstritten. Jörg van Essen meint aber: Die Frage steht im Raum, jetzt muss sie der Gesetzgeber klären. Und damit steht er nicht allein. Siegfried Kauder will, obwohl es keinen Gesetzentwurf gibt, eine Anhörung im Rechtsausschuss - zu den Grenzen der Öffentlichkeit im Gerichtssaal allgemein.
Und Eva Högl kündigt einen Entschließungsantrag im Bundestag an. Wohlgemerkt: Kein Gesetz, das käme bis zum Ende der Legislaturperiode sowieso nicht mehr zustande, sondern eine Absichtserklärung. Der Liberale van Essen warnt wie der Christdemokrat Kauder vor Schnellschüssen. Beide glauben, die Argumente gegen die Fernsehübertragung – Gefahr der Show, der Vorführung, des Anreizes, sich zu produzieren - könnten schon dafür gelten. Schon weil die Kamera einen bestimmten Ausschnitt des Gerichtssaals wählen müsste. Das spräche nicht notwendig dagegen, sagt Jörg van Essen, aber es spreche dafür, mit Ruhe an die Frage heranzugehen. Auch Zeugen verhielten sich anders, wenn sie wüssten, dass eine Kamera mitläuft. Auch Eva Högl gesteht das zu:
"Wenn Sie sich jetzt nochmal anschauen, wie die Reaktionen waren auf Beate Zschäpe und die wenigen Bildaufnahmen, die wir haben von ihrem Auftritt, was sie anhatte, wie sie reagiert hat, da wird ja ganz viel reingelegt an Interpretation auch. Sodass für alle Beteiligten es etwas anderes ist, ob es Bild- und Tonaufnahmen gibt und sie sich auch darauf vorbereiten müssen, wenn sie wissen, dass etwas übertragen wird. Und das muss man eben abwägen."
Nur dass sie in der Abwägung eben dazu kommt, dass die bloße Übertragung in einen anderen Raum, ohne Mitschnitt, in einzelnen besonders wichtigen Verfahren, vor dem Hintergrund eines gesteigerten Interesses der Öffentlichkeit möglich sein muss. Und immerhin würden schon jetzt in Ausnahmefällen Zeugen bei der Aussage auf Leinwand abgebildet, damit alle Verfahrensbeteiligten sie sehen können.
Wie sich ein künftiger Bundestag dazu stellen wird, ist offen. Aber wenn man denn schon die Übertragung möchte – wäre nicht eine schnelle Lösung möglich gewesen, mit Blick auf, vor allem aber: mit Wirkung für den Münchner NSU-Prozess? Bloß nicht, sagen alle drei Bundestagsabgeordneten.
Eva Högl: "Dagegen bin ich. Einzelne Gesetze für einzelne Strafprozesse zu machen, dagegen bin ich ganz ausdrücklich, weil wir das Recht nicht zuschneiden auf bestimmte einzelne Situationen."
Jörg van Essen: "Man ist nie gut beraten damit, dass man für irgendein bestimmtes Verfahren irgendetwas speziell regelt. Sondern gerade der Strafprozess lebt davon, dass man allgemeingültige Regeln hat.
Siegfried Kauder: "Wenn wir dieses Verfahren zu einem verfahrensrechtlichen Experiment werden lassen würden, wäre das ein Drama. Es könnte dazu führen, dass das Urteil aufgehoben wird. Das dient den Opfern genauso wenig wie dem Verfahren selbst."