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Sortiert und durchschaut

Der Testbetrieb der Körperscanner an deutschen Flughäfen geht dem Ende zu. Nach Ansicht der Bundespolizei haben sie sich bewährt - nach einigen Änderungen an der Software. Reisende werden nicht mehr splitternackt dargestellt, Schwitzflecken lösen keinen Alarm mehr aus.

Von Axel Schröder und Claudia Sanders | 28.07.2011
    Auf dem Flughafen in Hamburg-Fuhlsbüttel haben die Passagiere die Wahl: Entscheiden sie sich bei der Personenkontrolle für die alt bekannten Tore mit eingebauten Metalldetektoren, die mit lautem Piepsen das Kleingeld in der Hosentaschen, Gürtelschnallen oder Reißverschlüsse melden. Oder wählen sie die hochmodernen, aber auch hoch umstrittenen Körperscanner, die noch bis Ende dieses Monats getestet werden und die die Reisenden bis auf die Haut durchleuchten.

    Zwei Körperscanner stehen im Testbetrieb neben acht herkömmlichen Metalldetektoren bereit. Die Schlangen vor den neuen Geräten sind besonders lang. Berührungsängste mit der neuen Technik haben die Reisenden nicht:

    "Ich hab nichts gespürt! Keinerlei Strahlung. Alles gut!"

    "Das ist mir gleich! Hab ich kein Problem damit."

    "I'm not too worried about it. I think, that if it‘s bring
    about safety, it's probably better for you in the long run."

    Die Ganzkörperscanner sollen in Zukunft für mehr Sicherheit an deutschen Flughäfen sorgen. Die beiden Hamburger Prototypen laufen seit zehn Monaten im Testbetrieb. Der damalige Innenminister Thomas de Maizière war der erste, der sich beim Start der Testphase durchleuchten ließ. Wenn am Sonntag die Erprobung der Maschinen endet, werden 400.000 Passagiere die Scanner genutzt haben. Von deren Nutzen ist die Bundespolizei schon heute überzeugt:

    "Das ist also ein deutlicher Sicherheitsgewinn, den wir von den Geräten erwarten, weil insbesondere die nicht-metallischen Objekte mit dem Gerät auch sehr gut erkannt werden."

    Rainer Weinzierl leitet die Forschungs- und Erprobungsstelle der Bundespolizei in Lübeck. Der Bundespolizist steht im Sicherheitsbereich des Hamburger Flughafens. Dunkelblaue Uniform, den schwarz glänzenden Schirm seiner Mütze tief im Gesicht. Seine Stelle hat die Körperscanner bereits vor ihrem Einsatz am Flughafen genau untersucht. Hier wurde die Technik so modifiziert, dass die Reisenden beim Scannen nicht mehr splitternackt, sondern nur schemenhaft und immer gleich abgebildet werden.

    Egal, ob Mann, ob Frau, dick oder dünn, immer zeigt die Technik die gleichen stilisierten Körperkonturen. Dabei dringen die Strahlen kaum in die Körper ein, sagen die Betreiber, weil sie energieärmer sei als Röntgenstrahlen, denn die dürfen aus rechtlichen Gründen in Deutschland nur zu medizinischen Zwecken bei Menschen eingesetzt werden. In Lübeck konnte Rainer Weinzierls Team zusammen mit Experten des Bundesamtes für Strahlenschutz die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Scanner prüfen:

    "Und dabei kam eben raus, dass die Grenzwerte, die existieren, sehr, sehr deutlich - man spricht vom Faktor Tausend bis Zehntausend - unterschritten werden."

    Urlauber und Geschäftsleute stehen in der Schlange vor dem Scanner, der aussieht wie eine überdimensionierte, dunkelgrau lackierte Duschkabine. Auf dem Boden markieren grellgelbe Aufkleber, wo die Füße zu stehen haben.

    Für drei Sekunden muss der Reisende die Arme heben. In dieser Zeitspanne tastet der Scanner mit so genannten Millimeterwellen die Körper ab, wie sie auch bei Bewegungsmeldern oder bei Abstandsmessern im Auto eingesetzt werden. Aus den reflektierten Strahlen wird - ähnlich wie beim Flugradar - ein Bild erstellt - inklusive aller Dinge, die dort nicht hingehören.

    "Es gibt Keramikmesser und es gibt vor allem die Sprengstoffe, die man natürlich auch am Körper verstecken kann. Und da spielt ein Körperscanner seine Stärken aus!"

    Und vor allem, so Weinzierl, wird dem Sicherheitspersonal von der Maschine auch gleich angezeigt, wo nach verdächtigen Dingen gesucht werden muss. Ein gelbes Quadrat markiert dann zum Beispiel die rechte Hosentasche auf dem schemenhaften Körperbild. Und diese Stelle kann dann punktuell und ohne langes Suchen - wie bei den altgedienten Metalldetektoren - überprüft werden. Allerdings haben die eingesetzten Geräte auch noch Schwächen, gibt Bundespolizist Weinzierl zu:

    "Bekleidungsstoffe, zum Beispiel Leder kann ihnen auch einen Alarm produzieren, weil im Moment die Geräte dort vorsorglich einen Alarm geben, weil sie das nicht von bestimmten Gefahrstoffen unterscheiden."

    Auch der Personalausweis in der Brusttasche wird - anders als beim alten Metalldetektor - von den Körperscannern als auffällig erkannt und gelb markiert. Auch bei Schwitzflecken schlugen die neuen Maschinen zunächst an, weil die Strahlung Flüssigkeiten nicht durchdringen kann. Diese Schwächen haben dazu beigetragen, dass die Software überarbeitet wurde und die Testphase der neuen Geräte noch einmal um vier Monate verlängert wurde. Denn eigentlich sollten die Tests schon Ende März abgeschlossen sein.

    Die Debatte über den Scanner-Einsatz wird in Deutschland schon seit drei Jahren geführt. Kritisiert wurde vor allem der mangelnde Schutz der Persönlichkeitsrechte der Fluggäste: anders als in den USA, Großbritannien oder Russland war es dann hierzulande auch nicht durchsetzbar, dass das Sicherheitspersonal ganz real abgebildete nackte Körper zu sehen bekommt.

    Dieses Problem haben die Gerätehersteller mit der nun eingesetzten Strichmännchen-Software gelöst. Zusätzlich sorgen spezielle blickwinkelabhängige Monitore dafür, dass außer den Kontrolleuren niemand erkennen kann, ob und wo die Überprüften verdächtige Dinge am Körper tragen. Denn immerhin - so ein weiteres Argument der Kritiker - könnten Menschen mit künstlichen Hüftgelenken, Darmausgängen oder Insulinpumpen durch die tiefblickenden Körperscanner bloßgestellt werden.

    Dieses Problem, wendet Rainer Weinzierl von der Forschungs- und Erprobungsstelle der Bundespolizei ein, betreffe aber nur eine sehr, sehr kleine Gruppe von Reisenden. Und auch die herkömmlichen Metalldetektoren schlagen bei derartigen medizinischen Implantaten an, so Weinzierl:

    "Dann gibt es Richtlinien für die Kontrollkräfte. Die werden dann nachfragen. Dann wird geprüft, ob das wirklich ein medizinisches Implantat ist. Und dann haben wir gesonderte diskrete Séparées, in denen dann der Sache nachgegangen wird."

    Kritik an den in Hamburg aufgestellten Geräten üben auch Rüstungsgegner: Sie monieren, dass die eingesetzten Scanner von der US-amerikanischen Firma L-3 Communications stammen. Denn diese Firma stellt nicht nur Sicherheitstechnik, sondern auch international geächtete Streubomben her.

    Und völlig nutzlos bleiben die zurzeit noch rund 100.000 Euro teuren Geräte, wenn es um neue Schmuggelmethoden geht: Im August 2009 sprengte sich ein Terrorist mitten im Büro des saudischen Prinzen Mohammed Bin Naif in die Luft. Den Sprengstoff trug er versteckt im Darm, per Handy zündete er die Bombe, die das Sicherheitspersonal nicht entdecken konnte.

    "Wenn es ganz im Inneren des Körpers ist, dann wird es kaum möglich sein. Aber wenn sie gewisse, größere Operationsnarben haben, die könnten durchaus dann anschlagen."

    Auch die Scanner sind am Ende keine Alleskönner, die für hundertprozentige Sicherheit im Flugverkehr sorgen. Aber sie können - wenn eine weiterentwickelte Software für weniger Fehlalarme sorgt - die Kontrolle der Passagiere beschleunigen und Waffen und Sprengstoffe ausfindig machen, die früher verborgen blieben.

    Vier Wochen lang wird es nun dauern, bis alle Daten ausgewertet sind, bis Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich das Ergebnis der Testphase verkündet. Eine entsprechende EU-Verordnung, die den flächendeckenden Einsatz der Scanner regelt, ist schon in Arbeit. Und auch wenn der Bundespolizist Weinzierl eisern zu Prognosen zum Testergebnis schweigt, so macht seine Vision von der Zukunft der Passagierkontrollen doch deutlich, wohin die Reise geht:

    "Ziel ist es, tatsächlich irgendwann eine berührungslose Kontrolle zu haben: der Passagier durchschreitet einen "Tunnel der Wahrheit" - so wird das ja auch im Fachjargon genannt - und wird dann, ohne dass er es merkt, am Ende kontrolliert sein. Das Ganze berührungslos und mit hoher Güte. Das heißt: niedrige Fehlalarmrate und gleichzeitig hohe Detektionsleistung."

    Durchleuchten bis auf die nackte Haut, verschärfte Personenkontrollen, Profiling - all das sind Sicherheitsmaßnahmen, die - wären sie im Juli vor zehn Jahren ins Gespräch gekommen - für einen Aufschrei der Entrüstung gesorgt hätten.

    Doch mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat sich die Debatte zur Flugsicherheit grundlegend verändert. Quasi über Nacht werden damals in den USA neue Vorschriften erlassen, damit solch ein Horrorszenario nicht erneut Wirklichkeit wird.

    Die Sicherheitsvorschriften werden massiv verschärft: strengere Handgepäckkontrollen, scharfe Gegenständen wie Nagelscheren oder Taschenmesser dürfen nicht mehr mit an Bord genommen werden. Außerdem drängen die USA alle anderen Länder dazu ihnen weitreichende Daten über die Fluggäste zu geben, wie Reiserouten und ethnische Herkunft der Passagiere. Der Widerstand dagegen ist zunächst groß, doch schließlich beugte sich die EU, denn die USA stellen klar: keine Passagierdaten, keine Einreise.

    Es dauert auch nicht lange, da haben die EU-Mitgliedsländer die neuen Sicherheitsstandards selbst übernommen. Bisher hatte zwar jedes EU-Land eigene nationale Vorschriften, eine einheitliche EU-weite Regelung aber fehlte. Im Jahr 2002 setzen die Politiker in den Mitgliedsländern die EU-Vorgaben in nationales Recht um.

    Noch schneller kommt eine weitere Sicherheitsmaßnahme zum Tragen: Bereits ab November 2001 werden Flugsicherheitsbegleiter, so genannte Sky-Marshals, auch von deutschen Flughäfen aus eingesetzt. Die sind zumeist Beamte der Bundespolizei, fliegen in Zivil mit und sollen im Notfall eingreifen, um Schlimmeres verhindern zu können. Wie viele und bei welchen Flügen sie zum Einsatz kommen? Darüber herrscht bis heute Stillschweigen - aus Sicherheitsgründen.

    Ganz oben auf der Liste nötiger Sicherheitsverbesserungen steht nach dem Anschlag auf das World Trade Centre auch das Cockpit. Vorbei sind die Zeiten, als Passagiere den Piloten auch mal bei der Arbeit über die Schulter schauen durften. Die Türen bleiben fortan während des Fluges verschlossen, damit die Piloten nicht überwältigt werden können. Seit November 2003 gilt außerdem als weltweiter Standard, dass Cockpittüren noch härter und stabiler sein sollen. Darüber hinaus wird auf Bildtechnik gesetzt, erklärt Jörg Handwerg, der Pressesprecher von Cockpit e.V., dem Berufsverband der Piloten:

    "Sie müssen sich beim Cockpit anmelden, dann gibt es eine Kamera, dort schaut der Pilot oder die Piloten schauen: wer steht davor. Und wenn es jemand Bekanntes ist, dann wird die Tür aufgemacht und ansonsten nicht und auch im Bedrohungsfall wird die Tür nicht aufgemacht."

    Doch das alleine reicht nicht, findet Jörg Handwerg. Noch sicherer wäre es, eine Schleuse vor die Tür zu bauen, denn:

    "Wenn sie eine Schleuse haben, dann haben sie die Gewissheit, dass sich niemand im Laufschritt nähert wenn die Tür gerade offen ist. Sie haben ja das Problem, auch das Kabinenpersonal muss ab und zu mal ins Cockpit rein und wenn die die Tür öffnen, dann ist natürlich eine gewisse Lücke, sage ich mal, in diesem Moment, wenn die Tür offen steht und das könnte man durch eine Schleuse eben verhindern."

    Doch solch eine Schleuse kostet Platz: Sitze müssten entfallen, die Fluggesellschaften würden weniger Umsatz machen. Die meisten Airlines seien deshalb bisher wenig von dieser Idee angetan, sagt Handwerg. Auch die Unterstützung der Politik halte sich in dieser Frage parteiübergreifend in Grenzen.

    In einem anderen Fall reagierte die Politik prompt - und grenzübergreifend: Als im Jahr 2006 in Großbritannien Attentäter versuchen flüssigen Sprengstoff an Bord eines Flugzeuges zu bringen, das in Richtung USA abheben soll, werden sofort politische Konsequenzen gezogen. Seitdem dürfen nur noch begrenzten Mengen Flüssigkeit mitgenommen werden. Auch wenn diese Vorschriften teilweise wieder etwas abgeschwächt wurden, sagt Jörg Handwerg:

    "Also die Vorschriften an und für sich sind ja schon, sage ich mal, absolut widersprüchlich. Also, wenn ich eine Zahnpastatube habe mit 125 ml drin, dann darf ich die nicht mit an Bord nehmen, auch wenn da nur noch 10 Prozent drin ist. Wenn ich aber 100ml habe, dann kann die voll sein, dann kann ich die mitnehmen - weil die Vorschriften absolut starr sind und nicht von Praktikern gemacht. Die sind damals, sage ich mal, in einer gewissen Panik geschaffen worden und bestehen leider immer noch, das ergibt keinen Sinn."

    Der Cockpit-Sprecher sagt, er wünsche sich von der Politik, statt hektischer und nicht ganz durchdachter Reaktionen auf Anschläge, eine langfristige Strategie. Dazu gehört für ihn auch das so genannte Profiling nach israelischem Vorbild: Die Reisenden werden am Flughafen in zwei unterschiedlichen Schlangen kontrolliert: Eine für die vermeintlich ungefährlichen und die andere für Passagiere, die aufgrund ihres Alters, ihrer Herkunft, des Reiseweges oder der Art wie sie für ihr Ticket gezahlt haben, als potenziell gefährlicher eingestuft werden.

    "Man betrachtet nicht alle Menschen grundsätzlich 100 Prozent gleich, sondern man schaut, wo gibt es Risikofaktoren, die ich berücksichtigen muss. Also, ich sage mal, wenn sie ein junger Autofahrer sind, dann sind sie, obwohl sie vielleicht 100 Mal besser fahren als jemand, der schon 60 ist, dann sind sie aber trotzdem in einer Altersgruppe, die als besonders risikoreich angesehen wird und dementsprechend ist ihr Versicherungsbeitrag auch wesentlich höher als der eines 60-jährigen. Und das ist letzten Endes auch nichts anderes als eine Art Profiling."

    Mit diesem Vorschlag beißt der Praktiker aber bisher auf Granit - denn selbst Branchenkenner halten dieses Profiling gerade an großen Flughäfen für unpraktikabel, weil es viel zu zeitaufwendig ist. Gleichwohl wird auf internationaler Ebene daran gearbeitet, solch ein Profiling mit ausgefeilten technischen Kontrollen zu ermöglichen.

    Doch in der deutschen Politik ist man sich bisher parteiübergreifend einig: Ein Profiling könnte gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und wäre damit verfassungsrechtlich bedenklich. Aber vielleicht, so hofft Pilot Jörg Handwerg, könne dieses Profiling ja wenigstens bei Fracht und Paketen angewendet werden.

    Denn die Sicherheit beim Transport von Fracht- und Paketstücken per Flugzeug beherrschte im vergangenen Herbst die Diskussion in Politik und Medien. Damals wurden gleich mehrere Paketbomben entdeckt, die als Teil der Fracht ihre internationale Reise angetreten hatten. Eine davon landete sogar in der Poststelle des Kanzleramtes und war für Angela Merkel bestimmt. Der Absender kam aus Griechenland, und das Päckchen wurde mehr schlecht als recht kontrolliert: An einem Kontrollpunkt außerhalb des Athener Flughafens, wo stündlich gleich mehrere Hundert Pakete durchleuchtet werden.

    Im Rahmen der darauf folgenden hitzigen politischen Debatte stellten sich schnell zwei Dinge heraus. Erstens:
    Angesichts der großen Menge von Pakten und Frachtgütern, die auch in Passagierflugzeugen transportiert werden, gibt es zu wenig Personal und Kontrollmöglichkeiten. Intensive Kontrollen werden aus Zeit- und Kostengründen nur stichprobenartig durchgeführt.

    Zweitens: Die Zuständigkeiten, wenn es um Flugzeugfracht geht, sind in Deutschland recht verworren. Sowohl das Bundesinnenministerium als auch der Finanzminister und das Bundesverkehrsministerium sind hier für die Sicherheit zuständig. Das kann so nicht bleiben, darüber waren sich die Politiker parteiübergreifend einig.

    Der Wille war also groß. Und was ist daraus geworden? Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), fasst das so zusammen:

    "Ich hätte mich gefreut, wenn wir diese Sicherheit aus einer Hand hätten gewährleisten können, unter der Verantwortung des Bundesministers des Inneren beziehungsweise der ihm zugeordneten Bundespolizei. Das war nicht möglich, der Zoll hat auf seine eigenen Kompetenzen gepocht, er hat darauf bestanden, dass in seinem Zuständigkeitsbereich alles beim Alten bleibt, wenn auch mit mehr Personal. Da können wir dann hoffen, dass die Kooperation noch besser ist oder noch besser als in der Vergangenheit."

    Von all den Plänen ist also nur einer umgesetzt worden: mehr Personal. Darauf einigten sich die Politiker im Bundestag sehr schnell, 450 Stellen wurden im Haushalt dafür vorgesehen. Doch erst jetzt, also fast neun Monate später, ist ausgehandelt, wer die Stellen bekommt. Dem politischen Aktionismus sind also kaum Taten gefolgt. Im selben Maße, wie die Diskussion um die Paketbomben leiser wurde, wurde das politische Beharren auf bisherige Zuständigkeiten wieder stärker.

    Ein anderer Vorschlag könne allerdings unproblematisch umgesetzt werden, findet der innenpolitische Experte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach. Denn hier ist nicht die Politik gefragt, sondern in erster Linie die Verbraucher und die Logistikunternehmen, die Frachtgüter und Pakete auf den Weg bringen. Dabei geht es um das so genannte Tracking, also die Möglichkeit, dass sowohl Absender als auch Empfänger jederzeit via Internet nach verfolgen können, wo sich ihr Paket gerade befindet. Allerdings:

    "Unter Sicherheitsgesichtspunkten ist das natürlich fragwürdig, denn wer zum Beispiel eine Paketbombe als Frachtstück auf dem Weg bringt, versteckt in einem bestimmten Frachtstück, das natürlich anders deklariert ist, könnte ein hohes Interesse daran haben genau zu wissen wo sich das Frachtstück genau befindet um eine Sprengladung zu zünden."

    Würden aber Absender und Empfänger nur noch darüber informiert, wann ihr Paket ankommt, dann wäre diese Gefahr schon einmal gebannt, sagt Wolfgang Bosbach.

    Angesichts solcher Debatten zuckt Jörg Handwerg nur die Schultern. Dem Pressesprecher des Piloten-Berufsverbandes Cockpit e.V. und seinen Kollegen bereiten im Alltag ohnehin ganz andere Dinge Kopfzerbrechen, als die Angst vor Terroranschlägen in der Luft: die Arbeitszeiten. Wie viele Stunden am Stück kann ein Pilot in der Nacht fliegen, ohne selber zum Sicherheitsrisiko zu werden?

    "Diese 11 Stunden 45 maximale Zeit gehen von Beginn des Briefings, also wenn sie am Flughafen erscheinen und ihre Unterlagen anschauen bis zum Abschluss des letzten Fluges. Dann wenn sie die Treibwerke ausgemacht haben, dann hört der Dienst quasi auf für sie."

    Elf Stunden und 45 Minuten dürfen deutsche Piloten nachts also im Einsatz sein. Zum Vergleich: LKW-Fahrer müssen nach acht Stunden eine Pause einlegen. Eine weitere Verlängerung der ohnehin schon aus Sicht der Piloten zu langen Arbeitszeit wird gerade wieder politisch diskutiert: Zwölf Stunden sollen die Piloten nachts arbeiten können. Die Airlines begrüßen das - Jörg Handwerg sieht das freilich ganz anders.

    "Hier geht es nicht um einen politischen Prozess, wo man drei Stunden mehr oder weniger Freizeit hat. Das sind keine Tarifverhandlungen. Hier geht es wirklich um die Grundlagen der Flugsicherheit."

    Weder die europäischen noch die deutschen politischen Debatten sind dazu abgeschlossen. Und eigentlich, sagt Handwerg mit einem leichten Seufzen, würde ihm eines reichen: Wenn Politiker in dieser Frage nicht nur diskutieren, sondern wissenschaftliche Ergebnisse zur Grundlage ihrer Entscheidung machen würden. Denn damit wäre der Flugsicherheit grundsätzlich am besten gedient. Egal ob es nun um Nacktscanner, sichere Flugfracht oder um die Arbeitszeit von Piloten geht.