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Sotschi
Olympiavergabe dank Russen-Mafia?

Drei Monate nach Ende von Olympia tauchen Fragen auf: Dem eigentlichen Favoriten aus Salzburg ging auf der Zielgeraden der Bewerbung überraschend die Luft aus - im Januar 2007, nur knapp sechs Monate vor der Vergabe an Sotschi, war über der Salzburger Bewerberchef Fedor Radmann zurückgetreten. Angeblich wegen schwerer Erkrankung. Eine der Fragen lautet nun: ob und in wie weit beim „Luft ausgehen“ in Salzburg „nachgeholfen wurde“.

Von Bastian Rudde | 26.05.2014
    Künstler bilden bei der Abschlussfeier der Spiele in Sotschi Olympische Ringe.
    Künstler bilden bei der Abschlussfeier der Spiele in Sotschi Olympische Ringe. (dpa / picture alliance / MAXPPP)
    Die russische Mafia soll an Radmanns rührselig inszeniertem Rücktritt in Salzburg und dem folgendem Überraschungssieg Sotschis mitgewirkt haben. Massive Hinweise auf ein abgekartetes Spiel gab es jedenfalls schon damals, als Radmanns Erkrankung von Bewerber-Seite offen angezweifelt worden war. Nun sollen bei deutschen Sicherheitsbehörden Erkenntnisse zu einem Kriminalstück vorliegen.
    Demnach beobachteten Ermittler im Sommer 2006 in München ein Gespräch zwischen Vertretern der russischen Regierung und der Russen-Mafia.
    Sergei Prichodko, damals Putins Berater und heute Vize-Premier, soll -mit Olympia-Chef Leonid Tyagachew - den Kopf der von Petersburg bis Sewastopol aktiven Mafia-Gruppierung „Dragons" getroffen haben, Radik Jussupow. Dessen Leute sollen im Herbst 2006 Radmann unter Druck gesetzt haben.
    Gleich nach Radmanns Rücktritt in Salzburg, sagte Bürgermeister Heinz Schaden, was nun auch aus Ermittlerkreisen dringt: Radmann sei im Herbst 2006 von Kontaktleuten für Sotschi angesprochen worden. Diese hätten ihn zu sich rüberziehen wollen. Heinz Schaden bekräftigte diese frühere Aussage heute in österreichischen Medien. Radmann habe damals gar "wortwörtlich gesagt, er lasse sich nicht erpressen". Radmann selbst hatte zwar eingeräumt, er sei aus Russen-Kreisen wegen eines Treffens angesprochen worden, dies sei aber nie zustande gekommen. Auch jetzt dementiert er, dass es ein Treffen gab.
    Vieles spricht aber für eine russische Einflussnahme – wenn auch nicht unbedingt per Erpressung. Radmanns guter Draht zu Russland ist belegt. Unter anderem zu Putin-Freund Gerhard Schröder.
    Auffällig ist ein weiterer bizarrer Umstand: kurz vor seinem jähen Abgang hatte der Sportlobbyist seinen Wohnort verlegt: von seiner geliebten Berchtesgadener Heimat ... ins Schweizer Appenzell - bekannt für seine günstigen Steuersätze.
    Unbekannt ist bis heute, welch schwere Krankheit den bald wieder genesenen Radmann damals aus dem Amt gezwungen haben könnte.