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Souveräner Staat oder serbische Provinz

Sieben Jahre nach dem Ende des Krieges ist der künftige Status des Kosovo noch immer ungeklärt. Während die albanische Bevölkerungsmehrheit die staatliche Unabhängigkeit fordert, betrachten die Serben das Kosovo als serbisches Stammland und wollen die Region nicht preisgeben.

Von Thomas Franke und Martin Reiner | 31.10.2006
    Sieben Jahre sind vergangen seit dem Ende des Kosovo-Krieges. Sieben Jahre, in denen das Kosovo unter der Verwaltung der Vereinten Nationen gestanden hat. Zum Jahreswechsel läuft ihr Mandat aus. Das ist das einzige, was in der Provinz an der Grenze zu Albanien im Moment wirklich feststeht. Denn noch gehört die Provinz zu Serbien. Doch die überwiegend albanischen Bewohner des Kosovo möchten nach Jahren der Unterdrückung und des Krieges gern unabhängig werden. Sie beharren auf einem eigenen Staat und der Unabhängigkeit von Serbien. Die Serben hingegen definieren das Kosovo als ihr Stammland und wollen die Provinz nicht ziehen lassen. Belgrad will dem Kosovo stattdessen Selbstbestimmung in einigen politischen Fragen zugestehen.

    Am vergangenen Wochenende haben die Serben in einem Referendum einer Verfassungsänderung zugestimmt. In der Präambel wird das Kosovo als unveräußerlicher Teil Serbiens definiert. Was von der albanischen Seite als Provokation aufgefasst wird, dient vor allem innenpolitischen Zielen. Denn kein serbischer Politiker möchte, dass sein Name mit dem Verlust des Kosovo in Verbindung gebracht wird. Sollte die Provinz von Serbien abgetrennt werden, kann die Schuld jetzt der internationalen Gemeinschaft zugeschoben werden, die sich gegen den Willen Belgrads gewandt hat. Nach Angaben der UN hat die Abstimmung aber keine Auswirkungen auf die Entscheidung über den endgültigen Status des Kosovo. Das Interesse der Wähler war daher auch eher gering – und reichte nur knapp für die Verfassungsänderung.

    In diesem Jahr haben Vertreter der Kosovo-Albaner und Belgrads in Wien unter Vermittlung der Vereinten Nationen immer wieder über den zukünftigen Status des Kosovo verhandelt. Alle gehen davon aus, dass die Verhandlungen noch dieses Jahr abgeschlossen werden. Sicher scheint, dass das Kosovo keine vollständige Souveränität erreichen wird. Wie der Status des Kosovo allerdings konkret aussehen wird, ist noch unklar.

    Eines der größten Probleme im Kosovo und einer der zentralen Punkte bei den Treffen in Wien ist das Verhältnis der albanischen Mehrheit zu den Minderheiten, besonders der serbischen. Nach Schätzungen sind etwa vier bis sieben Prozent der Bevölkerung Serben. Es ist nicht klar, wie viele von ihnen das Kosovo verlassen werden, wenn die Provinz unabhängig wird. Bereits seit den neunziger Jahren hat sich ihre Zahl immer weiter verringert. Schätzungsweise ein Drittel der Kosovo-Serben ist aus seiner Heimat geflohen - die meisten nach Serbien. Möglicherweise haben aber auch sehr viel mehr ihre Heimat verlassen. Viele derer, die geblieben sind, leben in rein-serbischen Enklaven und werden auch sieben Jahre nach Ende des Krieges noch von Soldaten beschützt.

    Das Büro von Agim Ceku, dem Ministerpräsidenten des Kosovo. Ein langer Konferenztisch, schwarze Ledersofas und Sessel. An der Wand ein Gemälde: 30 Männer in Tarnkleidung um einen großen Tisch. Bei genauerem Hinsehen erkennt man links die Generäle der Nato und rechts die Führer der UCK, der Untergrundarmee der Albaner im Kosovo. Unter ihnen auch Agim Ceku, der amtierende Ministerpräsident. Heute setzt er auf eine diplomatische Lösung in der Minderheitenfrage und hofft auf einen schnellen Abschluss der Verhandlungen.

    "Das größte Problem liegt in der allgemeinen Unsicherheit, es existiert kein Vertrauen. Das wird erst mit dem endgültigen Status kommen. Erst dann werden sich die Minderheiten entscheiden, ob sie gehen oder bleiben wollen. Aber ich bin sicher, dass sie bleiben werden, wenn erst mal der Status da ist."

    Die Angst der Serben sitzt tief. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Übergriffen albanischer Nationalisten. Zuletzt eskalierte die Gewalt gegen Serben im Frühjahr 2004. Orthodoxe Kirchen und Klöster wurden in Brand gesetzt, 20 Menschen wurden getötet, mehrere Tausend wurden aus ihren Häusern vertrieben. Der Umgang mit der ungeliebten serbischen Minderheit spielt bei der Entscheidung über den Status des Kosovo eine große Rolle. Agim Ceku:

    "Wir versuchen alles, um sie hier zu behalten. Sie bekommen alle Rechte. Die Serben werden sich selbst verwalten können. Schule, Polizei und lokale Behörden werden von ihnen selbst bestimmt. Den Serben ist Angst eingejagt worden, aber nach der Status-Entscheidung, nach der Unabhängigkeit, werden sie bleiben. Sie werden erkennen, dass sie hier gute Chancen haben."

    Im Norden des Kosovo liegt die Stadt Mitrovica, die vom Fluss Ibar geteilt wird. Im Süden von Mitrovica leben vor allem Albaner, im Norden Serben, die auch den restlichen Norden des Kosovo dominieren. Auf der Brücke, die die beiden Stadtteile verbindet steht die KFOR, die Schutztruppe der Nato, und passt auf, dass es nicht zu Übergriffen zwischen Serben und Albanern kommt. Die Situation der Serben im Norden des Kosovo unterscheidet sich von der in den Enklaven, hier stellen sie in mehreren Bezirken die Bevölkerungsmehrheit, hier gibt es eine gemeinsame Grenze mit Serbien.

    Im Norden Mitrovicas befindet sich auch das Büro von Oliver Ivanovic. Er gilt als politischer Führer der Kosovo-Serben. Seit Jahren sitzt er im Parlament in Pristina. Zwar hatten die Kosovo-Serben die Parlamentswahlen fast vollständig boykottiert, allerdings ist eine Anzahl von Sitzen für die Vertreter der Minderheiten reserviert, darunter zehn Sitze für Serben. Immer wieder fährt Oliver Ivanovic nach Belgrad - zu Koordinierungsgesprächen, sagt er. Andere sagen, er hole sich dort Weisungen ab. Die offizielle Linie der Belgrader Regierung ist, dass in der Kosovo-Frage alle Serben einer Meinung seien.

    "Selbstverständlich wird kein Serbe jemals mit einem unabhängigen Kosovo einverstanden sein. Denn wir werden in einem unabhängigen Kosovo nicht in Sicherheit leben können. Das Kosovo muss unserer Ansicht nach Teil Serbiens bleiben, mit weitgehender Autonomie, außerdem müssen die Serben besonders beschützt werden. Wir brauchen Instrumente, damit wir nicht in den Regierungsgremien überstimmt werden können."

    Die Lage in Mitrovica gilt vielen als Gradmesser für die Lage im gesamten Kosovo. Immer wieder entladen sich dort die Spannungen zwischen Albanern und Serben. Zuletzt Ende August. In einem Café auf der serbischen Seite, nahe der Brücke, die beide Stadthälften verbindet, explodiert eine Handgranate. Mehrere Gäste werden verletzt. Gefasst wird ein geistig verwirrter 16-jähriger Albaner.

    Aber: Es gibt noch eine andere Version des Tathergangs: Ein schwarzer Golf mit Belgrader Kennzeichen sei vorgefahren. Einer der Insassen habe die Granate geworfen. Das Kosovo ist voller Gerüchte, häufig schließen sich die verschiedenen Versionen ein und derselben Geschichte gegenseitig aus.

    Ein weiteres trennendes Element ist die Sprache. Während die meisten Albaner gut Serbisch verstehen und sprechen, verstehen nur die wenigsten Serben Albanisch. Das wäre aber eine Grundvoraussetzung für die Integration, sagt der Abgeordnete Oliver Ivanovic, der auch Albanisch spricht.

    "Wir müssen unbedingt besser mit den Albanern kommunizieren. Aber das Problem aller Balkanvölker, und insbesondere der Serben und Albaner ist, dass wir um Symbole kämpfen. Das Wort Unabhängigkeit ist etwas, das die Serben nicht akzeptieren können. Und eine Lösung, in der das Wort Unabhängigkeit nicht vorkommt, ist für die Albaner inakzeptabel. Wir kämpfen nicht um Inhalte, wir kämpfen um Symbole."

    Ein weiteres Thema, das für die Zukunft eines möglicherweise eigenständigen Kosovo von entscheidender Bedeutung ist, ist die Wirtschaft: Mitrovica ist das traditionelle Zentrum der kosovarischen Schwerindustrie. Hier ist der Sitz von Trepca, dem einstmals gigantischen Bergbau- und Schwerindustriekombinat. In den Bergen rings um Mitrovica lagern Erzvorkommen, deren Wert auf mehr als 25 Milliarden Euro geschätzt wird. Von der Privatisierung Trepcas, wie auch all der anderen ehemaligen Staatsbetriebe, verspricht sich die UNO-Verwaltung enorme Profite. Im Moment warten potentielle Investoren den Abschluss der Statusverhandlungen ab, explodierende Handgranaten sind da keine gute Werbung.

    Ein wirtschaftlicher Aufschwung könnte die Aussöhnung der Volksgruppen unterstützen. Denn derzeit liegt die Arbeitslosenquote bei offiziell 60 Prozent. Die Region ist in hohem Maß abhängig von den Überweisungen der Kosovaren, die als Gastarbeiter im Ausland leben, häufig in Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

    Seit dem 1. September ist Joachim Rücker, der frühere Bürgermeister von Sindelfingen, Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen im Kosovo – und damit der mächtigste Mann dort. Rücker war vor seiner Ernennung schon für die wirtschaftliche Entwicklung in der Provinz verantwortlich. Für ihn steht fest: Trotz seiner Bodenschätze ist das Kosovo allein nicht überlebensfähig.

    "Es bedarf natürlich der wirtschaftlichen Integration in den Balkan, in Südosteuropa und auch mit der Perspektive Europäische Integration. Die Grundlagen dafür sind da, nicht nur gibt es bereits eine ganze Reihe bilateraler Freihandelsabkommen, sondern es gibt auch das vom Stabilitätspakt geplante, Südosteuropa überwölbende Freihandelsabkommen, und es gibt den Energievertrag von Athen, der die Länder des westlichen Balkan und darüber hinaus zu einer Energiegemeinschaft werden lässt. Wenn alle diese Voraussetzungen - und wir sind da auf gutem Wege - erfüllt sind, dann ist Kosovo auch wirtschaftlich lebensfähig."

    Noch aber ist im Kosovo nicht einmal die Stromversorgung gesichert. Vor allem außerhalb der Hauptstadt Pristina gehen abends regelmäßig die Lichter aus und die Benzingeneratoren an. Selbst wenn die Privatisierung der alten Staatsbetriebe gelingen sollte, werden in Bergbau und Schwerindustrie nicht genügend Arbeitsplätze entstehen für die junge Bevölkerung des Kosovo. Denn jeder zweite der knapp zwei Millionen Einwohner ist jünger als 25 Jahre.

    Viele Bewohner des Kosovo verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass sie für die UNO-Verwaltung und andere internationalen Organisationen arbeiten. Wenn sich die UNO-Verwaltung UNMIK im nächsten Jahr aus dem Kosovo zurückzieht, wird die Bilanz nicht nur positiv ausfallen. In den sieben Jahren ihrer Tätigkeit im Kosovo hat die UNMIK die Sympathien der Bewohner durch diverse Skandale verwirkt.

    Vor einem Hotel in Peja, einer Stadt im Westen des Kosovo, sitzt Fatmir Berisha. Er arbeitet an der Hotelrezeption. Berisha hat vier Jahre lang in London gelebt, vor drei Jahren ist er in das Kosovo zurückgekehrt. Berisha ist nicht sein richtiger Name. Wer über Korruption spricht, ist besser vorsichtig, denn die Gesellschaft des Kosovo ist praktisch vollständig auf Beziehungsnetzwerken aufgebaut.

    Familien- und Clanzugehörigkeit, das Gewähren wechselseitiger Vorteile zählen im Kosovo meist mehr als Qualifikation oder die Orientierung am Gemeinwohl. Das Patriarchat ist im Kosovo so stark, wie sonst kaum noch irgendwo in Europa. Die daraus resultierenden mafiösen Strukturen werden weitgehend akzeptiert. Fatmir Berisha sieht darin keinen großen Unterschied zu den Mitarbeitern der internationalen Organisationen.

    "Die UN-Verwaltung sollte sich erst mal selbst reformieren, bevor sie anderen erzählt, was die tun sollen. Die UNO hat so viele Projekte in unterschiedlichen Gebieten, jeder hat Zugriff auf Gelder, und die Leute, die das Geld verwalten, wissen schon, wie das Spiel läuft."

    Tatsächlich sind mehrere Fälle von Unterschlagungen bekannt geworden. Kenner des Kosovo und der UN-Verwaltung gehen davon aus, dass es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt. Grundsätzlich sei es so, dass bei jedem einzelnen Projekt, das von ausländischen Geldgebern finanziert wird, ein bestimmter Prozentsatz in anderen Taschen lande. Außerdem würden nahezu alle Politiker eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen.

    Die tief verwurzelte Günstlingswirtschaft erklärt der amtierende Regierungschef Agim Ceku aus der Geschichte. Die Albaner hätten in den 90er Jahren keinen Zugang zum staatlichen Sozialsystem in Jugoslawien mehr gehabt. Deshalb war es dringend nötig, parallele Strukturen aufzubauen, so Ceku.

    "Im Kosovo gab es keinen Schutz durch die Regierung, man musste sich auf die Familie verlassen. Seit Jahrhunderten gibt es hier kein Vertrauen in den Staat. Deshalb ist eine internationale Präsenz so lange nötig, bis wir in die EU integriert sind, etwa zehn Jahre noch wird das dauern. Wir sind dynamisch, unsere Bevölkerung ist jung, und wir arbeiten eng mit der internationalen Gemeinschaft an der Modernisierung des Landes. Ich bin sicher, dass wir das schaffen werden."

    Zehn Jahre ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein wenig zu optimistisch. Die EU wird jedoch nach Abzug der Vereinten Nationen die Führung übernehmen. Bereits seit mehreren Monaten arbeitet sie intensiv auf dieses Ziel hin. Die Situation, die die EU dort erwartet, ist kompliziert. Das Kosovo ist nicht vollständig befriedet, die Nato-Schutztruppe KFOR wird weiter im Kosovo bleiben.

    In einem Außenbezirk der Hauptstadt Pristina residiert Casper Klynge, der Leiter des EUPT, des Planungsteams der Europäischen Union. Der Däne gehört zu dem Büro von Javier Solana, dem EU-Außenbeauftragten. Klynge ist sich der schwierigen Aufgabe bewusst, die vor ihm und seinen Kollegen liegt. Praktische Probleme, wie der Aufbau einer funktionsfähigen Behörde mit etwa tausend Mitarbeitern, sind dabei noch das Geringste. Die Schwierigkeit besteht darin, sich von UNMIK, der ungeliebten UNO-Verwaltung, abzusetzen, betont Casper Klynge.

    "UNMIK hatte auch Erfolge. Die Polizei des Kosovo hat ein beeindruckendes Qualitätsniveau erreicht, speziell wenn man berücksichtigt, dass es sich hier um einen völligen Neuaufbau gehandelt hat. Andererseits gibt es auch Felder, auf denen eine weitere Präsenz der internationalen Gemeinschaft notwendig sein wird. Im Justizbereich war UNMIK nicht so erfolgreich. Das lag nicht so sehr an UNMIK selbst als an den Schwierigkeiten, eine Rechtsprechung aufzubauen, die europäischen Standards genügt. Hier werden wir viel tun müssen, wenn die europäische Mission im Kosovo erst mal begonnen hat."

    Die EU wird dann die Amtsführung der kosovarischen Regierungsinstitutionen beobachten und begleiten. Sie wird allerdings auch direkt eingreifen können, besonders bei Polizei und Justiz. Angesichts ausufernder organisierter Kriminalität, Korruption und der traditionellen Clanstruktur sei der Aufbau eines Rechtstaats äußerst schwierig, erläutert Casper Klynge.

    "Wir können eine Menge Fachwissen und Qualifikationen anbieten, indem wir erfahrene Polizeibeamte, Richter, Staatsanwälte und Gefängnisverwalter hierher bringen, die all dies an die Behörden des Kosovo weitergeben. Es wird aber auch ein kleines Feld bleiben, auf dem wir uns direkte Eingriffsmöglichkeiten bewahren. Unser Ziel ist es, diese Eingriffsmöglichkeiten dann so schnell wie möglich zu reduzieren."

    Schwerwiegende Fälle von Korruption und organisierter Kriminalität sollen zunächst internationale Polizisten und Richter bearbeiten, betont Klynge. Das wird auch bisher schon so gehandhabt. Denn der Arm der Mafia ist lang, die Strafverfolger und ihre Familien leben unter ständiger Bedrohung. Internationale Polizisten oder Richter sind leichter zu schützen.

    Für die EU ist so eine Mission neu. Bisher hat die Gemeinschaft immer mit Geld geholfen oder Expertise von beratenden Beamten zur Verfügung gestellt. Immer mit dem Ziel, die Strukturen in den Nachbarstaaten der EU denen der Gemeinschaft anzupassen. Beispielsweise auf den Feldern Zoll und Grenzsicherung.

    "Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union werden wir Exekutivgewalt ausüben. Dies wird allerdings beschränkt sein auf besonders sensible Bereiche wie Organisierte Kriminalität, Kriegsverbrechen, Schutz von Minderheiten und den Schutz der Status-Vereinbarungen selbst."

    Alle sind sich einig, dass Stabilität nur dann erreicht werden kann, wenn alle Länder der Region eine langfristige Perspektive bekommen, der EU beizutreten. Diese Einschätzung teilt auch Maria Grandits vom Stabilitätspakt für Südosteuropa. Grandits hat ihr Büro in Brüssel, direkt neben dem Europaparlament.

    "Ich glaube nicht, dass sich die EU überfordert. Nur glaub ich, dass Korruption und Kriminalität nicht punktuell zu bekämpfen ist. Das ist ja ein regionales Problem. Es ist die gesamte Region extrem davon betroffen, und das nicht mit Augenzwinkern, aber in Wirklichkeit bekämpft man Korruption und Kriminalität nicht, sondern verwaltet sie."

    Bei den Statusverhandlungen in Wien sieht alles danach aus, dass das Kosovo eine eingeschränkte Souveränität bekommt. Wenn der UN-Beauftragte Martti Ahtisaari seine Vorschläge vorgelegt hat, wird der Weltsicherheitsrat beschließen, wie es mit dem Kosovo weitergehen soll.

    Zahlreiche grundlegende Fragen aber werden noch ungeklärt sein, erläutert Grandits. Denn das Kosovo wäre einer von dann sieben Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Als solcher wird es sich auch mit der Tilgung der Altschulden Jugoslawiens auseinandersetzen müssen. Und mit Ansprüchen an das frühere Sozialversicherungssystem. Serbien könnte darauf bestehen, dass das auch wirklich geschieht.

    "Ich würd's auch völlig legitim finden und hoffe, dass die internationale Staatengemeinschaft auch diese Forderungen von Serbien unterstützen würde, weil man muss dann irgendwie in sich logisch argumentieren und konsequent bleiben. Es geht ganz sicher nicht, dass sich Kosovo die Rosinen aus dem Kuchen herauspickt und sagt: Aber mit Ex-Jugoslawien hatten wir ja nie was zu tun."