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Souveränität am Ostermontag

Geprägt durch den Konflikt mit den protestantischen Briten, kämpfen die katholischen Iren Jahrhunderte um ihren eigenen Staat. Am 18. April 1949 sind die irischen Nationalisten im Süden der Insel am Ziel: Sie rufen die Republik Irland aus.

Von Matthias Bertsch | 18.04.2009
    "These are the first moments of Easter Monday, 1949, since midnight, for the first time in history international recognition has been accorded to the Republic of Ireland.”"

    In einer Radioansprache erklärte der damalige irische Regierungschef John A. Costello am 18. April 1949 die vollständige Unabhängigkeit der Republik Irland: An diesem Tag, einem Ostermontag, trat ein Gesetz in Kraft, mit dem die 26 Grafschaften im Süden der Insel endgültig ihren Austritt aus dem British Commonwealth of Nations vollzogen. Dies war der Abschluss eines Prozesses, so der Historiker Jürgen Elvert von der Universität Köln, der bereits drei Jahrzehnte zuvor begonnen hatte:

    ""Das war ganz bewusst der Ostermontag des Jahres 1949, der gewählt wurde, um eben an den Osteraufstand von 1916 zu erinnern, in dem erstmals gezielt versucht wurde von irischen Nationalisten, die englische Macht abzulösen, mit Gewalt abzulösen im 20. Jahrhundert. Das war ein Aufstand 1916, der getragen wurde von eigentlich kleineren Gruppen, Gewerkschaftern, einigen anderen Unabhängigkeitsgruppen, die letztendlich aber keinen Erfolg hatten, weil sie an der britischen Übermacht scheiterten."

    Seinen Ursprung hat der irisch-britische Konflikt im zwölften Jahrhundert - mit der Landnahme Heinrich II., der im Osten der Insel Territorien für die englische Krone annektiert hatte. Der britische Einfluss wurde in den folgenden Jahrhunderten kontinuierlich ausgedehnt, 1541 erklärte sich Heinrich VIII. zum König von Irland. Sein Versuch, die Iren der anglikanischen Kirche anzuschließen, führte - vor allem im Norden der Insel - zu Aufständen in der katholischen Bevölkerung. Nach heftigen Kämpfen wurden die irischen Landbesitzer geschlagen und flohen auf den europäischen Kontinent.

    "Diese zurückgelassenen Grundbesitzungen wurden dann ganz systematisch mit protestantischen Siedlern aus England und Schottland neu besiedelt. Wir müssen da von mehreren tausend Menschen ausgehen, die also innerhalb weniger Jahre gezielt, nach Nordirland angesiedelt wurden anstelle der geflüchteten 'Flight of the Earls' nennt man dieses Phänomen, dieser geflüchteten katholischen Grundherrn."

    Die so genannten Plantations führten zur Teilung der Insel in das mehrheitlich protestantisch besiedelte Nordirland und den katholischen Süden, der sich fünf Jahre nach dem Osteraufstand 1916 erneut gegen die britische Vorherrschaft auflehnte. Diesmal mit größerem Erfolg: Der irische Freistaat wurde durch den anglo-irischen Vertrag 1921 von dem Briten anerkannt. Einziger Wermutstropfen: Die überwiegend protestantischen Grafschaften im Norden verblieben auf eigenen Wunsch bei England und sind bis heute Teil Großbritanniens.

    "Mit der Unterzeichnung des Vertrages des 'anglo-irish treaty' von 1921 war im Prinzip die Teilung fest zementiert. Stellen Sie sich vor, die Katholiken waren in Nordirland eine Minderheit, die Protestanten stellten da die Mehrheitsgesellschaft, die Protestanten wären aber in einem vereinigten Irland eine Minderheit gewesen und hätten möglicherweise dann eben auch mit entsprechenden bewaffneten Attacken gegen die Mehrheitsgesellschaft dann reagiert."

    In der Hoffnung, seinen Einfluss auf den neuen Staat sicherzustellen, bestand England 1921 darauf, dass der Irische Freistaat Mitglied des Commonwealth blieb. Für die Iren allerdings war die eingeschränkte staatliche Eigenständigkeit eines Dominion nicht ausreichend: 1937 verabschiedete das Land eine neue Verfassung und erklärte sich als Republik Irland unabhängig von Großbritannien. Doch erst der Austritt aus dem Commonwealth befriedigte die irischen Ambitionen, betont der irische Historiker John A. Murphy:

    "Ich glaube, dass die Geschichte, aber auch Ehre und Würde den Bruch mit dem Commonwealth erforderten. Indien sah etwas später keinen Widerspruch zwischen der Erklärung der Republik und dem Verbleib im Commonwealth, aber Irland brauchte wohl diese klare Trennung. Es schien ein unvermeidlicher Endpunkt der anglo-irischen Beziehung zu sein in politischer und konstitutioneller Hinsicht. Die Souveränität des Staates musste zweifelsfrei festgelegt werden."