Die Plattform, die vor allem als Abspielstation für harmlose Tanz-Selfies gilt, wird durchaus auch für ernste und politische Aktionen genutzt. Saphira Siegmund, Büroleiterin von Kooperative Berlin, schildert im Corsogespräch, wie es in einer anderen Variante der Challenge darum geht, was Mädchen und Frauen tun, wenn sie auf dem nächtlichen Heimweg Angst bekommen. "Zum Beispiel, dass man die Schlüssel in die Hand genommen hat, falls man attackiert wird. Oder die langen Haare versteckt, damit man eben nicht sofort als Frau wahrgenommen wird."*
Missstände ins öffentliche Bewusstsein rücken
Um so einen an sich altbekannten Missstand ins öffentliche Bewusstsein zu rufen, bieten sich TikTok oder Instagram durchaus an, sagt Siegmund. Man muss nicht viel Aufwand betreiben - und nicht lange auf Reaktionen warten: "Auf Social-Media-Plattformen geht so etwas viel schneller rum, und man sieht, dass Mädchen und Frauen mit dem unterschiedlichsten Alter und Hintergrund auch etwas gemeinsam haben. Das ist natürlich erschreckend."
Wichtig sei, sagt sie, dass solche Threads sorgfältig moderiert würden - schließlich könne jeder und jede anonym alles Mögliche posten, und die teils harschen Kommentare lassen Diskussionen schnell eskalieren: "Es gibt keine Grenzen, ich kann schreiben was ich will, ich kann Namen erwähnen, ich kann sonstwas behaupten. Natürlich ist das eine Gefahr."
TikTok und Instagram: Nachrichtenquelle Nummer eins
Trotzdem sei das Potenzial groß, über die unterhaltsamen kleinen Clips durchaus auch Bildung und Information zu vermitteln. Weil man die jungen Leute auf diesem Weg einfach am besten erreiche: "Für die sind TikTok und Instagram einfach eine neue Quelle. Teilweise haben sie auch keinen Laptop mehr, weil sie alles auf dem Handy machen können. Und dadurch, dass sie die meiste Zeit auf den sozialen Plattformen verbringen, ist das eben die Quelle Nummer eins."
*Wir haben den Text nach einer rechtlichen Prüfung aktualisiert