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Soziales Netzwerk
15 Jahre Facebook - und jetzt?

Facebook hat Geburtstag. 15 Jahre nach der Gründung zeigt sich: Vorwürfe, unangenehme Enthüllungen und Negativ-Schlagzeilen können dem sozialen Netzwerk kaum etwas anhaben. Im Gegenteil: Die Zahl der aktiven Mitglieder steigt anscheinend unaufhaltsam an.

04.02.2019
    Das Logo des sozialen Netzwerks Facebook ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen, zusammen mit der Zahl 15. Im Hintergrund wird ein iconisiertes Geschenkpaket gezeigt.
    Facebook-Logo auf einem Smartphone, im Hintergrund ein gezeichnetes Geschenk-Paket (picture alliance / Monika Skolimowska/ DLF24)
    Das größte Geschenk zum 15. Jubiläum hat das Online-Netzwerk von seinen Nutzern bekommen. Wenige Tage vor dem Jubiläum konnte der Konzern verkünden, dass mindestens 2,32 Milliarden Menschen auf der Welt mindestens einmal im Monat auf Facebook aktiv sind - eine Steigerung um rund 50 Millionen. Und das, obwohl es in den letzten Wochen und Monaten an abschreckenden Nachrichten nicht mangelte: Datenskandale, Probleme im Kampf gegen Manipulation und Propaganda, Imageprobleme.
    2018 dürfte vermutlich das bisher schwierigste Jahr für Facebook gewesen sein. Gleich mehrere große Skandale hatten dem Unternehmen zu schaffen gemacht, allen voran der um die Firma Cambridge Analytica. Im März 2018 war bekannt geworden, dass sich die britische Analysefirma Zugang zu Daten von 87 Millionen Nutzern verschaffen konnte. Erst hatte Facebook versucht, den Skandal kleinzureden, dann aber die Resonanz in den Medien unterschätzt. Konzernchef Zuckerberg musste schließlich zähneknirschend einen "großen Vertrauensbruch" eingestehen. Es folge eine großangelegte Kampagne, um das Vertrauen der Nutzer zurück zu gewinnen.

    Das Jahr der Datenpannen

    Und es gab weitere Datenpannen - etwa im Mai, als versehentlich private Posts von 14 Millionen Nutzern vorrübergehend öffentlich angezeigt wurden. Oder im September, als Hacker einen Weg gefunden hatten, um 50 Millionen Datensätze zu kopieren. Und im Dezember, als das Unternehmen zugeben musste, dass für zwölf Tage lang unveröffentlichte Fotos von 6,8 Millionen Nutzern abgegriffen werden konnten.
    Ein Wandbild an einer Hauswand im Stadtteil Lavapiés von Madrid zeigt ein Gesicht und die Aufschrift "Facebook is watching" in Anspielung auf den von George Orwell in seinem Roman "1984" geschrieben Satz "Big Brother is watching you".
    Ein Wandbild an einer Hauswand im Stadtteil Lavapiés von Madrid zeigt ein Gesicht und die Aufschrift "Facebook is watching" in Anspielung auf den von George Orwell in seinem Roman "1984" geschrieben Satz "Big Brother is watching you". (dpa / Fabian Stratenschulte )
    Dazu droht Facebook auch Ungemach von den Behörden und seitens der Politik. In der EU schwelt die Debatte über eine stärkere Besteuerung der Digitalkonzerne, auch Forderungen nach einer Zerschlagung werden laut. In Deutschland könnte das Bundeskartellamt versuchen, Facebooks Sammeln von Daten auf Drittseiten ohne Wissen der Nutzer einen Riegel vorzuschieben.

    Immun gegen Skandale

    Die Nutzerzahlen haben unter all den Negativmeldungen nicht gelitten. Im Gegenteil. Ob denn wirklich alles so spurlos an Nutzern vorbei gehe und nicht zumindest einige in Europa und den USA ihre Facebook-Accounts dichtmachten, wollte ein Analyst nach Vorlage der Weihnachtsquartalszahlen wissen. Finanzchef Wehner konnte diese dann einfach für sich sprechen lassen: Selbst in Europa, wo Facebook in den beiden Quartalen davor jeweils eine Million Nutzer verloren hatte, gab es jetzt einen Sprung von 375 auf 381 Millionen Nutzer.
    Facebook CEO Mark Zuckerberg
    Facebook CEO Mark Zuckerberg (picture allliance/dpa/Foto: Marcio Jose Sanchez)
    Die vielen Nutzer - und ihre Daten - sichern auch die Werbeerlöse. Der Quartalsumsatz steigerte sich um 30 Prozent auf 16,6 Milliarden Dollar. Die meisten Werbekunden von Facebook würden gar keinen anderen Ort kennen, an dem ihre Investitionen so effizient seien, sagen Analysten. Facebook weiß eben so viel über seine Mitglieder, dass es Werbekunden zielgenau die richtigen Adressaten auftischen kann. Das ist auch ein blendendes Geschäft für das Online-Netzwerk selbst: Bei Facebook blieben 6,9 Milliarden Dollar als Gewinn in der Kasse hängen.

    Anpassungen notwendig

    Für den Erfolg muss Facebook allerdings ständig an sich selbst, seinen Algorithmen und seinen Strategien arbeiten und sein Geschäft anpassen. Die Nutzer kommen zwar zu Facebook - und zur Fotoplattform Instagram und dem Chatdienst WhatsApp, die beide ebenfalls zum Konzern gehören - aber ihr Verhalten ändert sich. Die sogenannten "Stories", bei denen man Fotos und Videos für einen Tag für Freunde verfügbar macht, erfreuen sich schnell wachsender Beliebtheit. Die Gründer des Fotodienstes Snapchat schlugen ein Übernahmeangebot aus und landeten mit den "Stories" als erste einen Hit. Facebook kopierte sie kurzerhand für alle seine Produkte und schickte Snapchat in die Krise. Bei Instagram greifen 500 Millionen Nutzer auf die Funktion zu - täglich. Nur: Facebook ist erst dabei, Anzeigeplatz in den "Stories"-Formaten einzurichten. Von den insgesamt sieben Millionen Werbekunden sind erst zwei Millionen in den "Stories" aktiv.
    Das zeigt, wie schnell sich Facebook bewegen muss - aber auch als wie anpassungsfähig sich das Online-Netzwerk in den vergangenen 15 Jahren erwiesen hat. Instagram und WhatsApp wurden gekauft, bevor sie Facebook gefährlich werden konnten. Damit war auch ein Mittel gegen die Abwanderung jüngerer Nutzer gefunden: Instgagram gilt nach wie vor als die Topadresse für die "Generation Selfie".

    Mega-Chat gegen Zerschlagungspläne

    Seit einigen Tagen kursieren Meldungen, wonach Facebook eine Art Mega-Chat-Plattform bauen will - in dem Whatsapp, der Facebook Messenger und der Instagram-Chat miteinander verschmolzen werden. So ließe sich zum Beispiel eine Nachricht von Whatsapp zu einem Instagram Nutzer senden. Das würde aber auch bedeuten, dass alle Daten vereint werden. Aus Sicht von Facebook hätte eine solche Zusammenlegung vor allem zwei Vorteile: Das Unternehmen käme an mehr potentielle Kontakt-Daten heran, und zum anderen dürfte eine Zerschlagung des Konzerns schwerer werden.
    So betonte der demokratische US-Kongressabgeordnete Ro Khanna nach den Medienberichten, die Übernahmen von Instagram und WhatsApp hätten wettbewerbsrechtlich viel härter geprüft werden müssen.
    "Stellen Sie sich vor, wie anders die Welt aussehen würde, wenn Facebook mit WhatsApp und Instagram konkurrieren müsste", schrieb er bei Twitter.

    Weiter mit Zuckerberg

    Facebook selbst gibt sich nach den jüngsten Skandalen demütiger als früher. Am 10. Jahrestag kündigte Zuckeberg noch an, in seinem zweiten Jahrzehnt werde Facebook mit noch mehr Ressourcen helfen, größere und wichtigere Probleme zu lösen. Inzwischen geht es ihm darum, "Facebook zu reparieren", damit die Plattform nicht wieder zur Manipulation von Wahlen wie in den USA oder zur Anstiftung zum Völkermord wie in Myanmar genutzt wird.
    An seinem Geschäftsmodell wird der Internetriese nichts ändern. Zuckerberg bekräftigte Ende Januar, weiter auf gezielte Werbung zu setzen - der Konzern verkaufe aber keine Daten seiner Nutzer. In der Debatte um das Eindämmen von Falschinformationen betont Facebook, dass inzwischen mehr als 30.000 Menschen für die Sicherheit des Online-Netzwerks im Einsatz seien und Milliarden investiert würden.
    Als weitere künftige Herausforderung dürfte der Aufstieg sprachgesteuerter digitaler Assistenten wie Amazons Alexa oder Googles Assistant sein. Facebook werde um einen Platz in dieser Welt sicherlich kämpfen müssen, mein der Analyst und Buchautor Josh Bernoff. Dass sich die Menschen aus Vertrauensgründen in Scharen von Facebook abwenden, glaubt er nicht. Die Nutzer seien bereit, gewaltige Datenmengen preiszugeben - für ein Minimum an Bequemlichkeit. Der Netzpolitiker Yannick Haan fordert bei Deutschlandfunk Kultur daher ein neues, offenes Netzwerk: von allen, für alle und ohne kommerzielle Absichten.
    (rm)