
Für die Studie, die in der Fachzeitschrift "The Economic Journal" vorgestellte wurde, begleitete das Team um den Würzburger Wirtschaftsprofessor Kosse Kinder und deren Familien aus Köln und Bonn seit dem Grundschulalter, zum Großteil aus bildungsfernen und sozioökonomisch schwachen Haushalten. Mehr als 200 zufällig ausgewählte Kinder nahmen dabei ein Jahr lang an einem Mentoring-Programm teil, bei dem Ehrenamtliche einmal die Woche Zeit mit ihnen verbrachten, gemeinsam etwas Schönes unternahmen und so zu einer festen Bezugsperson wurden. Die übrigen Kinder kamen in die Kontrollgruppe. Kinder aus bildungsnahen Haushalten dienten als zusätzlicher Vergleich.
Dabei habe sich gezeigt, dass Ungleichheit sehr früh im Leben entstehe, auch bei der Bereitschaft zum Lügen, erläuterte Kosse. So ließen die Wissenschaftler die Kinder in einem Experiment würfeln und zuvor das Ergebnis ihres Wurfes vorhersagen. Stimmten Vorhersage und Ergebnis überein, durften sie sich einen kleinen Geldbetrag nehmen. Dabei waren sie unbeobachtet - es kontrollierte also niemand, ob es tatsächlich eine Übereinstimmung gab.
Wer Zuwendung erfährt, ist ehrlicher
Wie hoch der Anteil der Schummeleien jeweils war, wurde von den Forschern anhand statistischer Wahrscheinlichkeiten errechnet. Dabei zeigte sich: "Kinder, die am Mentorenprogramm teilgenommen hatten, waren im Gesamtergebnis ehrlicher", sagte Studienleiter Kosse. Während von ihnen 44 Prozent schummelten, waren es in der Kontrollgruppe ohne Mentoren 58 Prozent. Auch die Kinder aus bildungsnahen Haushalten logen demnach weniger. "Ein fürsorglicher und zugewandter Erziehungsstil steht mit weniger Lügen im Zusammenhang. Auch wenn Eltern eher bereit sind, ihren Kindern und anderen Menschen zu vertrauen, führt das zu mehr Ehrlichkeit", betonte Kosse.
Bestätigung für Mentoring-Programme
Die Wissenschaftler werten das Ergebnis als langfristig wirkenden Erfolg für das Mentoring-Programm: Am Würfel-Experiment hatten die Kinder vier Jahre danach teilgenommen. Das zeige, dass frühkindliche Interventionen nicht nur die Leistungen eines Kindes verbessern, sondern auch sein soziales und moralisches Verhalten beeinflussen könnten, heißt es in der Studie. Mentoring-Programme seien eine wirksame Unterstützung gerade für Kinder aus Elternhäusern mit vergleichsweise wenig Anregungen und Fürsorge.
Diese Nachricht wurde am 06.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.