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Sozialisten fordern Kurswechsel von Hollande

Frankreichs Präsident Francois Hollande ist mit seinem Krisensparkurs und Schwarzgeld-Affären in den Regierungsreihen am Tiefpunkt seines politischen Schaffens: Bürger und sozialistische Genossen halten wenig bis nichts von seiner Politik. Ein geplantes Gesetz bringt nun das Fass zum Überlaufen.

Von Ursula Welter | 24.04.2013
    Der Absturz des Präsidenten in den Meinungsumfragen: Die Abendnachrichten dieser Woche begannen unangenehm für Francois Hollande, drei von vier Franzosen vertrauen ihm nicht mehr, ein Rekord in der fünften Republik.

    Zum bevorstehenden Jubiläum des Wahlsieges werden die Champagnerkorken also nicht knallen, die Lage ist ernst für den Sozialisten. Und er bekommt zunehmend Gegenwind von den eigenen Leuten.

    In einer Art Gruppentherapie tagten zum Wochenauftakt sozialistische Parlamentarier mit den Regierungsvertretern. Jean-Marc Ayrault, der Premier, dessen Umfragewerte auch nicht viel besser sind, musste den Kopf hinhalten. Mancher Sozialist raunte, gerne hätte man die Beschwerden dem Präsidenten direkt vorgetragen, aber der Elysée-Palast ist nicht die Parteizentrale, so blieb man unter sich und im Parlament.

    "Neue Prioritätensetzung", "einen politischen Kurswechsel" forderten in dieser internen Runde dem Vernehmen nach die Parteifreunde des Präsidenten – laut und öffentlich hatte das zuvor bereits die sozialistische Senatorin, Marie-Noelle Lienemann getan:

    "Ich sage es Ihnen ganz klar, in dieser historischen Krise müssen wir einen Kurswechsel vornehmen in Europa."

    Aber auch in Frankreich, ergänzte die Sozialistin nicht nur bei dieser Gelegenheit. Der sozialdemokratische Kurs der Genossen Hollande und Ayrault, der, wie die Parteifreunde sagen, ein Sparkurs sei, kommt auf dem linken Flügel nicht gut an.

    "Madame Merkel setzt sich mit ihrer Autorität durch, die sind dabei, Europa zu töten, und wir sind dabei, sie machen zu lassen."

    Schimpft die französische Sozialistin mit Sitz im Senat und weiß dabei viele Parlamentarier auf ihrer Seite. Manche verweigern der Regierung stillschweigend die Gefolgschaft: Als gerade das Gesetz zur Flexibilisierung am Arbeitsmarkt zur Abstimmung stand, glänzten 35 der 293 linken Abgeordneten mit Abwesenheit, sechs stimmten mit Nein.

    Und auch ein anderes Projekt, jenseits der Wirtschaftspolitik, weckt den Groll der Genossen.

    Wenn das Kabinett heute die Transparenzoffensive fortsetzt und, nach den Ministern, nun auch von den Parlamentariern Offenlegung der Vermögensverhältnisse verlangt, wird es Widerstand in den eigenen Reihen geben. Der Parlamentspräsident persönlich, ebenfalls ein Sozialist, Claude Bartolone, hat bereits gesagt, er halte dies für "Voyeurismus". Ähnlich äußern sich Abgeordnete der Sozialisten:

    "Das wird Eifersucht provozieren"," sagt Sebastien Huyghes, der im Nebenberuf Notar ist.

    Was ihm künftig untersagt sein könnte, will er Parlamentarier für die Sozialisten bleiben.

    Die Regierung, sagt Sprecherin Najad Vallud-Belkacem, werde die Mittel bereitstellen, damit Interessenkonflikte künftig vermieden würden. Welche Berufsgruppen betroffen sein werden, ist offen. Die Rede ist von Ärzten, Anwälten und ähnlichen Metiers.

    Aber weniger dies erregt den Unmut der Parteifreunde des Präsidenten. Vielmehr die Tatsache, dass die Konten und Vermögensverhältnisse, die die Parlamentarier schon bislang intern angeben müssen, offen gelegt werden sollen. Wenn auch das Gesetzesverfahren erst an seinem Anfang steht.

    "Man muss aufpassen", sagt der Sozialist René Dosière, "dass man nicht in Voyeurismus verfällt, im besten Fall, und im schlimmsten in die Diktatur über das Privatleben".

    Kontrolle "ja", interne Offenlegung der Verhältnisse, auch das. Veröffentlichung und Ausschlachten durch die Medien, "nein".

    So wird die französische Regierung mit diesem Vorhaben mit Gegenstimmen aus der Opposition und aus der eigenen Partei rechnen müssen, zöge sie das Projekt bis zum Ende durch.

    Währenddessen schauen sich die von Francois Hollande enttäuschten Wähler auch diese Debatte an:

    ""Viele Versprechen, wenig Taten."

    "Er macht die Politik der Rechten, Sparkurs, all das."

    Und einer ist entschieden.

    Francois Hollande und die Linke will er nicht mehr wählen, das ist vorbei. Beim nächsten mal das Kreuzchen rechts machen.