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Späne für den Rauch

Am Anfang war das Feuer. Bereits vor ca. 10.000 Jahren nutzen die Menschen das Feuer und die Eigenschaften des Rauches zum Haltbarmachen von Lebensmitteln. Erst in den letzen 50 Jahren kann von einer industriellen Nutzung des Räucherns gesprochen werden. Die wachsende Bevölkerung und der erhöhte Lebensmittelbedarf machten das Räuchern immer bedeutsamer. Nicht zuletzt die Perfektionierung der Logistik - Landrauchschinken aus der Schweiz und der Normandie oder Räucherlachs aus Norwegen selbst in den Alpenländern - hat Angebot und Nachfrage von Räucherwaren wachsen lassen. Doch vor allem Räuchern und noch so ausgefeilten Methoden steht noch immer das Holz.

von Annette Eversberg | 17.06.2002
    In der Firma von Helmut Thomsen bei Flensburg riecht es wie in einem Wald, wenn die Holzfäller unterwegs sind. Draußen liegen große Stapel von Stämmen und Ästen auf Halde. Drinnen türmen sich Säcke. Ihr Bestimmungsort ist klar. Die Holzspäne gehen zu den Fischräuchereien nach Hamburg.

    Das ist für den alten Hamburger Rauch, Altonaer Öfen, zwei mal zehn Zentimeter ca., und das ist reines Erlenholz. Der Rauch ist nicht ganz so aggressiv und die Farbe ist ein bisschen goldgelber.

    Etwa vier Stunden lang hängen Aal, Makrele oder Forelle im Rauch. Dabei wird nicht nur Wasser entzogen. Eine Vielzahl von Inhaltsstoffen im Rauch selber töten zersetzende Bakterien ab und machen den Fisch haltbar. Außerdem nehmen die Fische beim Räuchern Geschmack und Geruch des Holzes an. Dass Erlenholz für das Räuchern von Fischen so beliebt ist, ist nicht ohne Grund. Denn Erlen wachsen traditionell in den Niederungen und Mündungsgebieten der Flüsse. Helmut Thomsen:

    Erlenholz gibt es eigentlich genug. Es ist nur schwer rauszuholen, weil man meist nicht rankommt, weil es feucht ist. Aber im Sommer gibt es eigentlich genug Erlenholz.

    Der Produzent von Räucherspänen profitiert dabei von den Pflegemaßnahmen, die nicht nur in den Feuchtgebieten, sondern generell in den Wäldern vorgenommen werden. Deshalb hat er als Ausgangsmaterial für die Räucherspäne nicht nur Erle, sondern auch Buche zur Verfügung. Buche hinterlässt beim Räuchern einen kräftigeren Geschmack und ist daher für Wurst oder Schinken am besten geeignet. Diese Späne sind jedoch von kleinerem Format als man sie für die Altonaer Fischräuchereien braucht. Statt in Zentimetern wird hier in Millimetern gerechnet. In einer großen Halle wird alles auf dieses Maß gebracht.

    Da werden die Stämme zerhackt und gehen dann raus in ein Silo, gehen vom Silo in die Trommeltrockung, werden dann auf 170 Grad erhitzt und runtergetrocknet auf 10 bis 14 Prozent Restfeuchte. Gehen dann rein in die Siebmaschine und da werden die einzelnen Körnungen absortiert und abgesackt.

    Die Größe der Späne ist vorgegeben. Von den Herstellern der Räucherautomaten. Diese sind - so Helmut Thomsen - immer effektiver geworden.

    Es wird mehr geräuchert, nur der Späneverbrauch, der geht zurück, weil die Raucherzeuger werden immer weiter entwickelt, dass die weniger Späne verbrauchen, weniger Abgase im Schornstein und dadurch kann man heute mit der Hälfte Späne die doppelte Menge räuchern.

    Doch es gibt bereits ein Räucherverfahren, das als besonders umweltschonend gilt: Das so genannte Friktionsverfahren. Dabei wird ein spezielles Rad mit einer Schneidevorrichtung sehr schnell an einem Kantholz entlang gedreht. Durch diese Reibung entsteht Hitze. Dabei kommt es zu einer Rauchentwicklung, so schonend wie bei keinem anderen Verfahren. Auch dafür liefert der Flensburger Produzent von Räucherspänen das entsprechende Material. Auf Paletten werden diese Kanthölzer an die Räuchereien ausgeliefert. Abnehmer sind Fleisch- und Fischräuchereien in Deutschland, Skandinavien, den Niederlanden, Österreich und Russland. Allerdings kann Helmut Thomsen seine Räucherspäne nicht gleich aus der Halle auf die Reise schicken. Er unterliegt der Kontrolle durch das schleswig-holsteinische Amt für ländliche Räume. Hier stellen Martina Popp und ihre Kollegen regelmäßig Gesundheitszeugnisse aus, vor allem wenn die Räucherspäne in Länder außerhalb der EU verschickt werden.

    Jedes Land hat Voraussetzungen für die Einfuhr von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen. Und wir müssen bestätigen im Gesundheitszeugnis, dass die bestimmte Partie die phytosanitären Anforderungen des Bestimmungslandes auch erfüllt.

    Im Zeugnis wird belegt, dass die Räucherspäne aus dem Holz sind, das auf den Säcken angegeben wurde. Aber noch wichtiger ist, dass sie keine der Schädlinge enthalten, die auf einer Liste stehen, wie sie beispielsweise für Rußland gilt. Das ist für dieses Land besonders wichtig, denn in Rußland wird das Räuchern von Fleisch- und Wurstwaren immer beliebter. Woche für Woche kommt deshalb ein Lastwagen mit den Flensburger Räucherspänen in die Hauptstadt Moskau an.