Archiv


Späte Revanche aus New York

Die "New York Times" nennt ihre Auslandsausgabe "International Herald Tribune" in "International New York Times" um. Im Herbst soll neben dem neuen Namen auch eine maßgeschneiderte Website für das internationale Zielpublikum vorgestellt werden.

Von Martina Zimmermann |
    Jean Seberg verkauft die Zeitung "New York Herald Tribune" auf den Champs-Elysées, als sie von Jean-Paul Belmondo angesprochen wird: Eine berühmte Szene aus Godards Film "Außer Atem" aus dem Jahr 1960. Belmondo, der den Ganoven Michel aus Marseille spielt, will mit der hübschen amerikanischen Studentin Patricia nach Rom durchbrennen. Vorerst kauft er die Zeitung, die sie im Nebenjob auf der Pariser Prachtstraße anbietet - und gibt das Exemplar gleich wieder zurück mit der Begründung: Da ist kein Horoskop drin!

    Die in Paris erscheinende englischsprachige Zeitung ist 126 Jahre alt. Seit 1967 trägt sie den Namen "International Herald Tribune". Nun soll sie umbenannt werden in "International New York Times". So will es das Mutterblatt, seit 2003 Alleinbesitzer der Zeitung, die seit 1887 über alle wichtigen internationalen Ereignisse berichtet.

    "Wir waren die erste internationale Tageszeitung für eine globale Elite."

    Meint Executive Editor Allison Smale stolz. Die englischsprachige Zeitung wurde als Konkurrenz zur Financial Times gegründet. Sie sollte eine globalere Sicht zeigen als das britische Medium.

    Außerdem ging es darum, die reichen Amerikaner in Paris darüber zu informieren, was zu Hause in den Vereinigten Staaten los war: Lange Zeit bestand der Inhalt aus einer Zusammenfassung dessen, was die verschiedenen amerikanischen Zeitungen berichteten.

    Das änderte sich, als Axel Krausse 1978 Bürochef in Paris wurde. Als man ihn in Washington fragte, ob er nach Paris gehen möchte, wollte er wissen, was an seinem Vorgänger Paul Lewis auszusetzen sei. Nichts, war die Antwort, nur dass er für ein New Yorker Publikum schreibe. Sie suchten einen Korrespondenten, der für eine internationale Leserschaft schreibt.

    Axel Krausse blieb 20 Jahre. Die "International Herald Tribune" wird heute in 130 Ländern verkauft, mit einer Auflage von über 226.000 Exemplaren. Aber die Hauptredaktion befindet sich noch immer an derselben Adresse in Courbevoie vor den Toren von Paris.

    Seit der Partner "Washington Post" vor zehn Jahren für 17 Millionen Dollar hinausgekickt wurde, kontrolliert die "New York Times" die Zeitung allein. Die "New York Times" hatte damit endlich die eigene internationale Ausgabe, von der sie immer geträumt hatte. In den 60er-Jahren endete die Gründung einer internationalen Ausgabe in Holland als Katastrophe: Die Konkurrenz der "Herald Tribune" war damals zu stark.

    Nun kommt in gewisser Weise die späte Revanche: Wo ohnehin schon "New York Times" drinsteckt, soll nun auch "New York Times" draufstehen, statt "International Herald Tribune" heißt das Blatt ab Herbst "International New York Times". Damit sollen internationale Leser, digitale Abonnements und Werbung gewonnen werden.
    Nun ändere sich der Name, der Inhalt habe sich schon in den letzten zehn Jahren unter der Fuchtel der "New York Times" geändert, meint der ehemalige Bürochef Axel Krausse, der als ehemaliger Deutschlandkorrespondent auch Deutsch spricht:

    "Es war eine Zeitung die sehr lebhaft war, man konnte viele Sachen schreiben, die waren nicht NYT aber Herald Tribune. Das hat sich alles geändert. Es ist eine andere Zeitung geworden. Es war früher Herald Tribune war ganz lustig, es war nicht langweilig. Die NYT ist etwas langweiliger als Zeitung. Nur dass der Name jetzt weg ist und eine Tradition ist jetzt zu Ende. Ja, leider. "

    Ein Film, der den neuen Namen unvergesslich macht, muss erst noch gedreht werden.