Ein heruntergekommener Sozialbau in einer ebensolchen Siedlung in der ehemaligen Industriestadt Narva, an der estnisch-russischen Grenze. Während sich der Amerikaner Daniel Henderson, Offizier der Heilsarmee, bei der Consièrge anmeldet, wühlt draußen ein Obdachloser im Müllcontainer und ein Betrunkener schläft auf der Türschwelle seinen Rausch aus. Durchs heruntergekommene Treppenhaus geht es mit Daniel Henderson nach oben:
"In diesem Sozialbau können arme Leute wohnen, ohne Miete zu zahlen. Deshalb ist es in so schlechtem Zustand."
Das Linoleum ist rissig, viele Türen sind verbarrikadiert, es stinkt nach Katzendreck. Doch es scheint niemanden zu interessieren, wie es hier aussieht. Daniel Henderson besucht Svieta und bringt Hustensaft für ihren Sohn Sascha. Svieta ist HIV-positiv, hat zwei Kinder und einen drogensüchtigen Mann.
Die Heilsarmee ist bisher der einzige Ansprechpartner in Narva, wenn es um HIV und Aids geht. Für die Frauen, die meist von ihren Ehemännern infiziert worden sind, ist es besonders schwer. Für sie und die Kleinstkinder gibt es einen Singkreis bei der Organisation, sagt Daniel Henderson:
"Wir sprechen in dieser Gruppe nicht formal über HIV oder machen irgendwelche Ausbildung. Dank der Gruppe finden wir raus, was sie wirklich brauchen - manchmal jemanden, der auf die Kinder aufpasst, wenn sie in medizinischer Behandlung sind oder getestet werden. Wir schauen, was sie brauchen."
Die Päästearmee, so der estnische Name der Heilsarmee, kümmert sich in Narva um die Bedürftigen. Drogenabhängige, Alkoholiker, Arme und deren Kinder. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben diese Menschen den Anschluss verpasst, sagt Daniel Henderson:
"Unter dem Kommunismus hatten sie gute Jobs und ein sehr stabiles Leben, es war einfacher, als das, was wir im Westen haben. Und jetzt ist ihr Leben viel komplizierter geworden und viele Menschen haben darauf mit Hoffnungslosigkeit geantwortet."
HIV-Positive oder an Aids Erkrankte brauchen oft ganz praktische Hilfe. Und das Gefühl, angenommen zu sein, weiß Svieta als Betroffene. Eine hübsche Frau mit rot getöntem, langem Haar, schlanker Figur, großen, hellblauen Augen. Sie sitzt auf einer alten Couch in der viel zu kleinen Wohnung, den erkälteten Sascha auf dem Arm. Dass sie das Virus in sich trägt, sieht man nicht, sagt sie, aber sie fühle es:
"Eigentlich würde ich gerne arbeiten, aber ich hab das Problem, dass ich ständig an Gewicht verliere wegen der Medizin. Morgens will ich nicht essen, aber ich muss essen, um mein Gewicht zu halten. Ich hab das Gefühl, ich habe mehr Probleme. Auf der einen Seite halten die Medikamente mich gesund. Auf der anderen Seite – wenn ich nicht genug esse, dann habe ich keine Energie. Ich will arbeiten! Aber manchmal habe ich die Kraft dazu einfach nicht. Wenn die Unterstützung etwas höher wäre, dann könnten sich die Leute besser ernähren und überleben."
Svieta erfuhr erst durch die Behandlung ihrer zweiten Tochter, Natascha, dass sie HIV-positiv ist. Das Baby war von Geburt an krank und überlebte die Infektion nicht. Seitdem sucht Svieta Unterstützung bei der Heilsarmee. Diese praktische Hilfe und vor allem Seelsorge will nun auch die estnisch-lutherische Kirche den Betroffenen anbieten. Bisher hat die Kirche das Problem Aids verschlafen gibt Pfarrerin Anne Burghardt zu. Sie koordiniert ein kirchliches Fortbildungsprojekt zum Thema Aids:
"Wenn man zum Beispiel Landpfarrer auf einer der estnischen Inseln ist, wo es vielleicht ein bis zwei Infizierte überhaupt gibt, dann ist es einem doch gar nicht so richtig bewusst, dass es dieses Problem tatsächlich gibt und dass es irgendwann auch seine Gemeindemitglieder erreichen kann."
Noch ist Aids nicht bei vielen Esten ausgebrochen, aber das Virus verbreitet sich immer schneller. Vor allem in Narva, wo die hohe Arbeitslosigkeit mit Alkohol- und Drogenmissbrauch betäubt wird. Für Medikamente sorgt der Staat, um das Seelenleben der Betroffenen will sich nun die Kirche kümmern, sagt Anne Burghardt:
"Was sie eigentlich brauchen ist Seelsorge, auch psychologische Betreuung. Und nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen. Und was wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch besonders aktuell werden wird ist die Seelsorge nicht nur an Infizierten, sondern auch an Aids Erkrankten."
Daniel Henderson von der Heilsarmee freut sich sehr über die Zusammenarbeit mit der estnischen Kirche und über die Anerkennung seiner bisherigen Arbeit. Aus Erfahrung weiß er längst, was die Kranken brauchen:
"Sie wollen hören, dass da noch ganz viel Leben ist, das gelebt werden will und es kann gut gelebt werden, mit der Hoffnung, anderen nützlich zu sein und auch andere davor zu bewahren, sich zu infizieren."
"In diesem Sozialbau können arme Leute wohnen, ohne Miete zu zahlen. Deshalb ist es in so schlechtem Zustand."
Das Linoleum ist rissig, viele Türen sind verbarrikadiert, es stinkt nach Katzendreck. Doch es scheint niemanden zu interessieren, wie es hier aussieht. Daniel Henderson besucht Svieta und bringt Hustensaft für ihren Sohn Sascha. Svieta ist HIV-positiv, hat zwei Kinder und einen drogensüchtigen Mann.
Die Heilsarmee ist bisher der einzige Ansprechpartner in Narva, wenn es um HIV und Aids geht. Für die Frauen, die meist von ihren Ehemännern infiziert worden sind, ist es besonders schwer. Für sie und die Kleinstkinder gibt es einen Singkreis bei der Organisation, sagt Daniel Henderson:
"Wir sprechen in dieser Gruppe nicht formal über HIV oder machen irgendwelche Ausbildung. Dank der Gruppe finden wir raus, was sie wirklich brauchen - manchmal jemanden, der auf die Kinder aufpasst, wenn sie in medizinischer Behandlung sind oder getestet werden. Wir schauen, was sie brauchen."
Die Päästearmee, so der estnische Name der Heilsarmee, kümmert sich in Narva um die Bedürftigen. Drogenabhängige, Alkoholiker, Arme und deren Kinder. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben diese Menschen den Anschluss verpasst, sagt Daniel Henderson:
"Unter dem Kommunismus hatten sie gute Jobs und ein sehr stabiles Leben, es war einfacher, als das, was wir im Westen haben. Und jetzt ist ihr Leben viel komplizierter geworden und viele Menschen haben darauf mit Hoffnungslosigkeit geantwortet."
HIV-Positive oder an Aids Erkrankte brauchen oft ganz praktische Hilfe. Und das Gefühl, angenommen zu sein, weiß Svieta als Betroffene. Eine hübsche Frau mit rot getöntem, langem Haar, schlanker Figur, großen, hellblauen Augen. Sie sitzt auf einer alten Couch in der viel zu kleinen Wohnung, den erkälteten Sascha auf dem Arm. Dass sie das Virus in sich trägt, sieht man nicht, sagt sie, aber sie fühle es:
"Eigentlich würde ich gerne arbeiten, aber ich hab das Problem, dass ich ständig an Gewicht verliere wegen der Medizin. Morgens will ich nicht essen, aber ich muss essen, um mein Gewicht zu halten. Ich hab das Gefühl, ich habe mehr Probleme. Auf der einen Seite halten die Medikamente mich gesund. Auf der anderen Seite – wenn ich nicht genug esse, dann habe ich keine Energie. Ich will arbeiten! Aber manchmal habe ich die Kraft dazu einfach nicht. Wenn die Unterstützung etwas höher wäre, dann könnten sich die Leute besser ernähren und überleben."
Svieta erfuhr erst durch die Behandlung ihrer zweiten Tochter, Natascha, dass sie HIV-positiv ist. Das Baby war von Geburt an krank und überlebte die Infektion nicht. Seitdem sucht Svieta Unterstützung bei der Heilsarmee. Diese praktische Hilfe und vor allem Seelsorge will nun auch die estnisch-lutherische Kirche den Betroffenen anbieten. Bisher hat die Kirche das Problem Aids verschlafen gibt Pfarrerin Anne Burghardt zu. Sie koordiniert ein kirchliches Fortbildungsprojekt zum Thema Aids:
"Wenn man zum Beispiel Landpfarrer auf einer der estnischen Inseln ist, wo es vielleicht ein bis zwei Infizierte überhaupt gibt, dann ist es einem doch gar nicht so richtig bewusst, dass es dieses Problem tatsächlich gibt und dass es irgendwann auch seine Gemeindemitglieder erreichen kann."
Noch ist Aids nicht bei vielen Esten ausgebrochen, aber das Virus verbreitet sich immer schneller. Vor allem in Narva, wo die hohe Arbeitslosigkeit mit Alkohol- und Drogenmissbrauch betäubt wird. Für Medikamente sorgt der Staat, um das Seelenleben der Betroffenen will sich nun die Kirche kümmern, sagt Anne Burghardt:
"Was sie eigentlich brauchen ist Seelsorge, auch psychologische Betreuung. Und nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen. Und was wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch besonders aktuell werden wird ist die Seelsorge nicht nur an Infizierten, sondern auch an Aids Erkrankten."
Daniel Henderson von der Heilsarmee freut sich sehr über die Zusammenarbeit mit der estnischen Kirche und über die Anerkennung seiner bisherigen Arbeit. Aus Erfahrung weiß er längst, was die Kranken brauchen:
"Sie wollen hören, dass da noch ganz viel Leben ist, das gelebt werden will und es kann gut gelebt werden, mit der Hoffnung, anderen nützlich zu sein und auch andere davor zu bewahren, sich zu infizieren."