Zahlreiche spanische Fußballerinnen haben ihren vom Kuss-Skandal ausgelösten Länderspiel-Streik offenbar beendet. 15 Spielerinnen des Weltmeister-Teams wurden von der neuen Nationaltrainerin Montse Tomé für die Spiele der UEFA Nations League am Freitag in Schweden sowie am Dienstag daheim gegen die Schweiz nominiert. Sie habe vor Bekanntgabe des Kaders mit den Spielerinnen gesprochen, sagte Tomé. Zum Inhalt der Gespräche sagte sie nichts.
Jennifer Hermoso wurde derweil nicht berufen. Die 33-Jährige war bei der Siegerehrung nach dem Final-Triumph der Spanierinnen über England am 20. August in Sydney vom damaligen Präsidenten des spanischen Nationalverbandes RFEF, dem inzwischen zurückgetretenen Luis Rubiales, ungefragt auf den Mund geküsst worden. Zu den Gründen der Nichtnominierung von Hermoso sagte Tomé, man wolle sie so "beschützen".
Rubiales war zunächst vom Weltverband FIFA für 90 Tage suspendiert worden und trat nach langem Widerstand von seinem Posten als RFEF-Chef zurück. 21 der 23 spanischen Fußballerinnen des Weltmeisterkaders und 18 weitere Topspielerinnen hatten nach seinem Rücktritt jedoch unter anderem auch die Absetzung von RFEF-Interimspräsident Pedro Rocha und weiterer Funktionäre, die Rubiales nahestehen, gefordert. Dieser Forderung wurde soweit bekannt bis Montag nicht nachgekommen.
Der RFEF veröffentlichte am Montag aber ein Kommuniqué, in dem betont wird: «Wir garantieren den Spielerinnen ein sicheres Umfeld und setzen uns für ein Klima des gegenseitigen Vertrauens ein, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass sich der Frauenfußball in Zukunft noch stärker entwickelt.»
Unter den nominierten Spielerinnen sind die als beste WM-Akteurin gekürte Aitana Bonmatí sowie Weltfußballerin Alexia Putellas. Eine Stellungnahme der Spielerinnen lag zunächst nicht vor. Der Verband hatte den streikenden Spielerinnen am Vortag nach Medienberichten personelle Änderungen in der Organisation angeboten, ihnen gleichzeitig aber auch ein Ultimatum gestellt, das um Mitternacht ablief. Der RFEF drohte demnach mit Geldstrafen und mehrjährigen Sperren für jene Spielerinnen, die sich weigern sollten, für «La Roja» anzutreten. Eine offizielle Bestätigung für diese Information gab es vorerst nicht.
Rubiales beteuert bis heute, der Kuss sei in Sydney in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt. Hermoso erklärte aber, sie habe sich "als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe". Die Spielerin erstattete Anzeige und ermöglichte somit einen Strafantrag der Staatsanwaltschaft beim Staatsgerichtshof. Der Ermittlungsrichter muss nun entscheiden, ob Rubiales auf die Anklagebank kommt. Dem 46-Jährigen droht eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren.
Diese Nachricht wurde am 18.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.