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Spanischer Riese

Paläontologie. – Die größten Saurier lebten nach bisheriger Kenntnis in Amerika und Afrika. Gerade Europa schien eher die Heimat von kleineren Riesenechsen zu sein. Doch ein Fund aus Nordostspanien hat damit aufgeräumt. Der größte Europäer lebte im Jura in Spanien und war fast 40 Meter lang. In der aktuellen "Science" wird Turiasaurus riodevensis vorgestellt.

Von Michael Stang |
    Mitten in der nordostspanischen Pampa in der Provinz Teruel gibt es einige Fundschichten aus dem Jura und der Kreidezeit, die gut erhaltene Dinosaurierknochen versprechen. Dies war der Grund, warum sich Forscher der Paläontologischen Stiftung Teruel-Dinopolis im vergangenen Jahr genau dort an die Arbeit machten, sagt Luis Alcalá.

    "”Wir waren überrascht, als wir bei der Ausgrabung plötzlich auf solch riesige Knochen stießen. Nach den ersten Analysen verschiedener anatomischer Merkmale bei den Fossilien war uns klar, dass wir einen neuen riesigen Dinosaurier in Europa gefunden haben, der zu einem bislang unbekannten Stamm der so genannten Sauropoden gehörte.""

    Mindestens 40, eventuell sogar 48 Tonnen schwer und mit einer geschätzten Körperlänge zwischen 30 und 37 Metern war der Turiasaurus riodevensis das wahrscheinlich größte Landlebewesen, das jemals in Europa gelebt hat. Allein der Oberarmknochen des rund 150 Millionen Jahre alten Fossils war mit 1,79 Meter so lang wie ein ausgewachsener Mensch. Neben zahlreichen Beinknochen entdeckten die spanischen Paläontologen auch Überreste vom Schädel, der Schulter, Halswirbel, Rippen und Zähne, die ihn als Pflanzenfresser verraten. Seine Fußknochen waren allesamt so groß wie ein Fußball. Das Spannende an diesem Fund sind aber nicht nur die riesigen Knochen, sondern vor allem die Tatsache, dass der Fundplatz in Spanien liegt. Damals hatte sich Europa gerade erst von den anderen Kontinenten gelöst. Alcalá:

    "Der Atlantische Ozean war zu dieser Zeit bereits geöffnet, da die einzelnen Kontinente schon auseinander drifteten und wir deutlich die Abgrenzung der alten und neuen Welt von Europa sehen; im Gegensatz zu ein paar Millionen Jahren früher, als alle noch gemeinsamen den Kontinent Pangäa bildeten."

    Vor 150 Millionen Jahren zerbrach der Urkontinent und isolierte viele Saurierarten. Das neue Fossil stammt genau aus dieser Zeit. Große Echsen wie der neue Fund muss es demnach schon vor der Trennung der Kontinente gegeben haben. Die gigantischen Exemplare, die kurz darauf in Südamerika und Afrika auftauchen, hatten wahrscheinlich Vorfahren in Pangäa. Alcalá:
    "”Die Riesensaurier aus Afrika und Südamerika gehören jedoch zu einer anderen Gruppe, die schon etwas weiter entwickelt war. Unser Fund ist sehr primitiv, da hat sich in den Jahrmillionen der Entwicklung nicht viel getan. Mit dem neuen Fund ist es uns nun aber möglich, die Stammesgeschichte dieser Dinosaurier besser zu verstehen.""

    Die neuen Funde sind anatomisch betrachtet primitiv. Die Unterschiede zu den afrikanischen und südamerikanischen Fossilien sind jedoch zu gewaltig, als dass der neue Fund aus Spanien ihr gemeinsamer Urahn sein könnte. Obwohl in unseren Breitengraden solche Fossilien bislang nicht gefunden wurden, vermuteten einige Paläontologen schon lange, dass es solche großen Saurier auch im heutigen Europa gegeben haben müsste. Luis Alcalá konnte aber jetzt erst – nach über 200 Jahren Dinosaurierforschung - diese europäische Fundlücke schließen.