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Sparkurs für Danmarks Radio
Dänische Regierung für Rundfunksteuer

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Dänemark steht unter Druck: Die rechtsliberale Minderheitsregierung will nicht nur eine Schrumpfkur, sondern auch den Rundfunkbeitrag zur Steuer machen. Können Politiker sich dann schneller ins Programm einmischen?

Von Clemens Bomsdorf | 14.02.2018
    Kopenhagen, Dänemark - Mikrofon von Danmarks Radio (DR) PUBLICATIONxNOTxINxDEN Copenhagen Denmark Microphone from Danmarks Radio Dr PUBLICATIONxNOTxINxDEN
    Der dänische öffentlich-rechtliche Rundfunk Danmarks Radio (imago stock&people)
    Wenn Sarah Lund in ihrem dicken Strickpulli auf Mörderjagd geht oder Premierministerin Birgitte Nyborg ihre Macht ausspielt, schalten Millionen Menschen ein. Trotz des großen Erfolges schwelt in Dänemark aber seit Jahren ein politischer Streit um das öffentlich-rechtliche Angebot von Danmarks Radio DR. Zu teuer, zu links, zu sehr Konkurrenz für die Privaten - so lauten drei der gängigsten Vorwürfe. Geändert hat sich bisher trotzdem nicht viel, doch nun muss der dänische öffentliche rechtliche Rundfunk womöglich schon bald massiv sparen und das Programm einschränken.
    Rechtsliberale Regierung setzt auf Sparkurs
    "Danmarks Radio soll sich auf seine Kernaufgabe konzentrieren, Radio und Fernsehen für die Dänen zu machen. Da müssen wir DR helfen, ein bisschen weniger zu wollen."
    So formulierte es kürzlich Alex Ahrendtsen, kulturpolitischer Sprecher der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, in einer Sendung von eben jenem Danmarks Radio. Er spricht sich für drastische Kürzungen von fünfundzwanzig Prozent aus. Seine Partei stützt aktuell die rechtsliberale Minderheitsregierung, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenfalls verschlanken möchte.
    Medienforscher kritisiert Einfluss der Privatsender
    Henrik Søndergaard, Medienforscher an der Uni Kopenhagen, erläutert die Hintergründe der jüngsten Entwicklung.
    "Man hört jetzt mehr auf die privaten Medien, die etliche Politiker der Bürgerlichen davon überzeugt haben, dass DR zu groß sei. Jetzt haben wir die Situation, dass die Parteien rechts der Mitte DR verkleinern wollen, die Dänische Volkspartei Rachegelüste gegen DR hegt und die ultraliberale Kultusministerin meint, dass die Privaten die Aufgaben besser übernehmen könnten."

    Größter Spieler in Dänemark ist Danmarks Radio, vergleichbar mit der ARD. Zweidrittel der Gebühren von achtundzwanzig Euro monatlich gehen an die neun Radio- und sechs Fernsehsender von DR. Werbung ist bei keinem dieser Sender erlaubt. Bei der angedachten Reform geht es gar nicht darum, unbedingt Geld zu sparen, sondern die Medienstruktur in Dänemark zu ändern. Die Rechten finden den Sender zu links und die Wirtschaftsliberalen zu groß. Seit sie seit 2015 gemeinsam die Mehrheit haben, versuchen sie deshalb, Danmarks Radio zu schwächen.
    Die eigentliche Konkurrenz sind Online-Riesen
    Derzeit sieht es so aus, als müsse Danmarks Radio sein Budget um mindestens 12% jährlich kappen. Das ersparte Geld soll in einen Topf, um den sich private Medien bewerben können. Danmarks Radio hat schon signalisiert, zu Kürzungen bereit zu sein. Generaldirektorin Maria Rørbye Rønn warnt aber davor, die wahre Konkurrenz, unter der die privaten dänischen Medien leiden - Facebook, Netflix und Google - damit nur stärker zu machen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schwächen.
    "Dann müssen wir auch diskutieren, wie wir sicherstellen, dass es dänischen Inhalt für Dänen gibt während die internationalen Giganten die Reklameeinnahmen und Daten erhalten. Es ist der dänische Inhalt, die dänische Sprache und Kultur, die ausmacht, dass wir uns verbunden fühlen als Nation und da spielt DR eine große Rolle."
    Künftig Steuern statt Gebühren für Danmarks Radio
    Medienforscher Søndergaard sieht zudem voraus, dass gerade das Angebot, das der Dänischen Volkspartei und ihren Wählern am Herzen liegt, nämlich Hofberichterstattung aus der Königsfamilie und das klassische Unterhaltungsprogramm, zuerst gestrichen werden könnten.
    Damit hat nicht jeder Probleme.
    Während über den Prozentsatz der Kürzungen wohl noch verhandelt werden muss, ist eine Entscheidung so gut wie sicher: Zukünftig soll Danmarks Radio nicht mehr aus Gebühren, sondern über eine Steuer finanziert werden. Dafür gibt es eine breite politische Mehrheit. Was linke wie rechte Politiker als gerechteres Model ansehen, birgt für Søndergaard immense Gefahren:

    "Selbst wenn das viele kaum interessiert, ist das sehr entscheidend und ein ziemlich erschreckender Gedanke. Es lässt sich schwer vermeiden, dass die Durchgriffsmöglichkeit der Politik zunimmt."