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Sparsamer, sicherer, sternreicher

Viereinhalb Milliarden Jahre lang waren die Nächte auf der Erde dunkel - damit scheint es allmählich vorbei zu sein, jedenfalls dort, wo viele Menschen leben. Straßenlampen, Leuchtreklame, Gartenbeleuchtung etc. machen die Nacht zum Tage. Das kostet viel Geld - und ist nicht immer wirklich von Nutzen. Im Stuttgarter Planetarium diskutieren heute und morgen Experten aus aller Welt über "Lichtverschmutzung" - und was man dagegen tun kann.

    von Dirk Lorenzen

    Ich lebe in Tucson, Arizona - einer Stadt mit 800.000 Einwohnern... Dennoch sehe ich von meinem Garten aus viele Sterne und sogar die Milchstraße.

    Elizabeth Alvarez von der International Dark-Sky Association schwärmt vom dunklen Himmel über der Metropole im Süden Arizonas. Dabei geht es nicht etwa um den letzten Stromausfall - nein, Tucson, in dessen Umgebung einige große Sternwarten liegen, gilt als Vorbild für sinnvoll eingesetzte Beleuchtung: Obwohl sich die Einwohnerzahl in den vergangen vier Jahrzehnten mehr als vervierfacht hat, ist der Himmel über Tucson dunkler geworden. Sehr zur Freude der Astronomen - aber auch zur Freude der übrigen Einwohner? Heißt nachts weniger Licht nicht auch weniger Sicherheit?

    Es kommt auf die Art der Beleuchtung an, nicht auf die Menge. Wir sprechen oft mit Sicherheitsexperten - und die sagen uns: Licht ist dann gut, wenn man nicht geblendet wird. Die starken Schatten müssen weg. Jeder kennt das: Der Hauseingang ist von einem Strahler hell erleuchtet und man ist geblendet - ob jemand im Schatten des Busches neben der Haustür hockt, kann man dann nicht erkennen. Also: Oft gibt es zwar viel Licht, aber es ist dennoch nicht sehr sicher.

    Weniger ist mehr: Im Idealfall sorgen die Außenlampen dank guter Abschirmung für indirekte Beleuchtung, die niemanden blendet. Noch immer beleuchten viele kugelförmige Außenlampen vor allem die Luft über den Städten - richten dagegen entsprechende Blenden das Licht nur dorthin, wo es hin soll, reicht oft eine Lampe mit 60 statt 100 Watt. Auch viele Lampenhersteller haben mittlerweile den neuen Trend erkannt, meint Elizabeth Alvarez:

    Es gibt jetzt viele Lampen, die nur noch in die gewünschte Richtung leuchten. Dann gibt es Systeme, die steuern, wann das Licht wie hell ist. Wir sprechen von intelligenter Beleuchtung - also daß zum Beispiel die Straßenbeleuchtung entsprechend der Verkehrslage geregelt wird. Wenn kaum jemand unterwegs ist, reicht auch etwas weniger Licht. Man muß immer an die drei entscheidenden 'Licht-Fragen' denken: Wo? Wann? Und wieviel? Wir haben uns die Zahlen sehr genau angesehen: Manche Gemeinden haben große Probleme, weil die Beleuchtung 5-, 10-, 50-, ja zum Teil sogar 100-mal so stark ist wie empfohlen.

    Der nächtlichen Stromverschwendung haben mittlerweile einige Städte den Kampf angesagt. In Deutschland gilt Augsburg als besonders lichtfreundlich: Die Straßenlaternen werden auf sparsame Natriumlampen umgerüstet, die gelb statt weiß leuchten. Diese Lampen locken auch weniger Insekten an. Zwischenbilanz bisher: Um 20 Prozent niedrigere Stromkosten bei der Straßenbeleuchtung. Prag stellt komplett auf gut abgeschirmte und intelligent gesteuerte Lampen um - mit sogar noch größeren Einsparungen.

    Was im Großen geht, geht auch im Kleinen: Bei der Außenbeleuchtung kann jeder sparen - auch am eigenen Haus. Mag die Forderung nach weniger Licht zunächst reichlich skurril klingen, so sind eingesparte Energie, höhere Sicherheit und ein dunkler Himmel offenbar überzeugend.

    Wenn wir mit Leuten über bessere Beleuchtung sprechen, dann ist die Reaktion immer, meine Güte, das ist doch einfach gesunder Menschenverstand. Warum hat mir das niemand vorher gesagt?