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Spaß und Spiele

Kinder sportlich zu fördern ist das eine, ihnen genügend Freiraum zu lassen und sie nicht mit überzogenen Erwartungen zu belasten das andere. Das Projekt "Die kleinen Eisbären" in Köln soll zwei- bis achtjährigen Kindern vermitteln, was leicht in den Hintergrund rückt: Spaß am Spiel.

Von Maximilian Heim |
    "Achtung, jetzt schließen wir kurz den Mund ab. Mund abschließen – und Ohren spitzen."

    Donnerstagnachmittag in einer Kölner Sporthalle im Stadtteil Lövenich. So leise wie jetzt wird es in der nächsten Dreiviertelstunde nicht nochmal sein. Antonie Bruckner erklärt ihrer Kindergruppe das nächste Spiel.

    "Slalom laufen…"

    Drei bis fünf Jahre alt sind die Kinder hier. Sie machen mit bei den Kleinen Eisbären, wie die von Bruckner geleitete Ballschule heißt.

    "Die Kinder brauchen einfach sportliche Betätigung. Und wir haben versucht, jetzt alle Ballsportarten letztendlich in einem Kurs zu verpacken. Das heißt, das Kind legt sich nicht mehr frühzeitig fest, um Tennis, Fußball, was auch immer zu spielen, sondern direkt alles zusammen zu probieren – kombinieren das natürlich mit koordinativen und motorischen Aspekten. Und das kommt super gut an hier in Köln."

    Und zwar bei den Kindern und den Eltern. Die stehen am Rand, schauen zu und sind ähnlich begeistert wie die Kleinen.

    "Weil ich’s gut finde und weil ich davon aus der Zeitung erfahren habe und von Freunden und mir das Konzept gut gefällt."

    "Ja, der hat eben gerne mit Bällen immer schon gespielt und ist noch ziemlich jung, er ist grade erst drei – und da haben wir gedacht: Kann man ja mal fördern… Also er hat ‘nen Mordsspaß."

    "Sie können ja mal die Kinder fragen, wie’s denen gefällt."

    Die kleinen Eisbären sind mit vollem Einsatz dabei. Bruckner, gelernte Diplomkauffrau und inzwischen hauptberuflich Leiterin der Ballschule, ist vor zwei Jahren von Frankfurt nach Köln gezogen. Mit ihr ist die Ballschule vom Main an den Rhein gewechselt. Am Anfang hat sie nach dem Wechsel Werbung für ihre Kurse gemacht – ein einziges Mal. Die Kurse sind auch ohne Flyer und Anzeigen voll. Vermutlich auch deshalb, weil es nicht nur ums Spielen geht.

    "Wir konzipieren das so, dass wir das in Altersstufen einteilen. Beispielsweise kommen jetzt die Jahrgang 2009er-Kinder, und die fangen dann einfach an, so ein bisschen sich auch schon mal in ‘ne Gruppe einzufinden, dass sie lernen miteinander umzugehen – soziale Aspekte – vor allem aber natürlich ohne Druck das Ganze. Das heißt, wir versuchen zu spielen und den Kindern beizubringen, dass es nicht darum geht, wer ist der Erste und der Schnellste."

    Diesen pädagogischen Anspruch umzusetzen ist nicht immer einfach. Auch kleine Kinder haben schon Vorbilder und Idole, die als Leistungssportler nun mal eine andere Devise vorleben: Schneller, höher, weiter. Bruckner, die früher selbst Profi-Tennisspielerin war, beobachtet das auch in ihrer Ballschule.

    "Die Kinder kommen her und wenn sie merken, sie können irgendwas nicht, stecken sie ganz gerne auch mal den Kopf in den Sand. Und das ist ein Lernprozess, den sie hier mitbekommen, schon mit vier, mit zwei, je nachdem – und da geht’s einfach um die Art der Ausführung. Und das müssen sie lernen, wenn sie das einmal haben, ist man mit sechs auch ganz anders aufgebaut, als wenn man im Prinzip mit sechs direkt in den Fußballverein geht und da direkt Vollgas geben soll."

    Bruckner zur Seite stehen Sportstudenten und ausgebildete Trainer, bald soll es ein erweitertes Kursangebot geben – und damit mehr Plätze. Der Leiterin ist die Vielfalt des Angebots wichtig: Volleyball und Hockey, Basketball und Tennis – es sind ganz verschiedene Ballsportarten, die die Kinder bei den kleinen Eisbären ausprobieren können. Mindestens bis zum Grundschulalter:

    "Je älter die Kinder, desto differenzierter gehen wir das an. Das heißt, dann können wir natürlich auch schon mal anfangen, bisschen Hockey zu spielen, Tennis zu spielen, Fußballtaktik anzugehen, Fußball zu spielen – das ist natürlich Sinn und Zweck. Und nach drei, vier, fünf Jahren, je nachdem wie lange die Kinder bleiben, sieht man schon die Stärken der Kinder und sagt: Okay, vielleicht gibt’s hier die Empfehlung fürs Fußball, hier die Empfehlung zum Tennisspielen, Hockey, was auch immer."

    Die Ballschule hat verschiedene Kooperationspartner, etwa den größten Kölner Hockeyclub, auch Fußball- und Tennisvereine in der Region. Aber die Kleinen Eisbären sind keine reine Talentschmiede, das ist Bruckner wichtig.
    Und die heutige Gruppe ist so weit ohnehin noch nicht. Das Abschlussspiel beginnt: Schiffe versenken.

    "Benedikt als Pirat, wer will noch Pirat sein? (Ich…)"

    Und dann rennen alle durcheinander.