" Was für'n Ding? - Sich in der Mensa umschauen und Leute beobachten! - Haben sie das erfunden? - Wie bitte? - Weiß nicht, irgend welche Freaks, die sich über Nordic Walking unterhalten. - Promenadologie? Die Lehre von den Prominenten!"
Nein, Martin Schmitz hat keinen leichten Stand. Als wahrscheinlich einziger Lehrbeauftragter des Fachs Promenadologie auf der Welt. Das Wort kommt von promenieren: Also Spazieren gehen. Der Berliner Verleger hat das Fach von seinem Lehrer übernommen, dem Schweizer Lucius Burckhardt. Seit dessen Tod 2003 führt er die Forschung weiter.
Um zu begreifen, was das ist, die Spaziergangswissenschaft, lädt er zu einem Spaziergang ein. In seiner Heimatstadt Berlin:
Startpunkt ist der neue Hauptbahnhof. Einem Glaspalast, gebaut in einem Brachland im ehemaligen Mauerstreifen.
" Also hier am Hauptbahnhof ist es so, wenn man total fremd dort ankommt, man gar nicht weiß, wo man hin soll. Also, wo sind die Dinge, die man kennt?...Gut, den Fernsehturm sieht man dann vielleicht. "
Aber eben mehr auch nicht. Keine Fußgängerzonen, keinen Busbahnhof oder ähnliches. Nur Brachland auf der einen Seite. Keine Orientierungspunkte. Ein typischer Planungsfehler, sagt der Promenadologe.
" Als Fazit würde ich sagen, dass die Spaziergangswissenschaft hinter die Kulissen schaut, hinter die Bedingungen, unter denen heute Planung passiert."
Und so ist das Fach an der Uni Kassel auch Teil des Fachbereichs "Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung". Dabei ist "Wahrnehmung" Martin Schmitz Zauberwort: Um seine Umgebung richtig "wahrnehmen" zu können, lässt Martin Schmitz seine Studierenden erst einmal zu Fuß gehen. Ohne Auto oder Fahrrad.
Und so geht es auch heute in gemächlichem Tempo am Spreeufer entlang, vorbei an Brücken, Blumenrabatten und Betonwänden. Dabei kommt gerade ein Jogger vorbei:
" Das hat nichts mit Wahrnehmung zu tun, das Joggen. Das ist eine A nach B-Bewegung, die dient der persönlichen Fitness. "
Und nicht dem Wahrnehmen der Landschaft. Durch die allgegenwärtige Hektik rasen die Menschen nur noch an der Landschaft vorbei, statt sie zu betrachten und zu verstehen: Eine der Hauptthesen der Spaziergangswissenschaft.
Dagegen möchte Martin Schmitz den angehenden Architekten und Stadtplanern den Blick schärfen. Damit sie wieder bewusster planen. Während er das sagt, gehen wir an kahlen Rasenflächen vor dem Kanzleramt vorbei. Eingezwängt zwischen Betonwänden. Das sei durch die Ignoranz der Planer entstanden, die kein Gefühl für Landschaft hätten:
" Ja, die neuen Grüngestaltungen in Berlin, auch rund um den Potsdamer Platz, sind im Grunde genommen eine Verlängerung des Straßenbegleitgrüns. Es gibt keinen Code, mit dem man lesen könnte, was diese Landschaft sein soll. "
Nämlich weder Park noch Straße: Unnötig sei das, so Martin Schmitz. Wenn man wieder bewusster planen würde. Das Ende unseres Spaziergangs naht. Der Hauptbahnhof kommt wieder in Sicht. Martin Schmitz erzählt noch schnell von seinen Plänen. Im kommenden Sommersemester wird er an der Uni Kassel einen Workshop veranstalten. Über Fluch und Segen der Navigationsysteme:
" Interessant ist, das gerade durch das GPS, durch die Navigationssysteme, sich mehr an nicht sichtbaren Dingen orientiert wird, und das hat natürlich irgendeine Konsequenz. Darüber haben wir in Kassel auch nachgedacht. Und das wird eine Folge haben. "
Ob sich die Menschen bald gar nicht mehr zurechtfinden können, ohne Computerhilfe: Auch darum soll es im Kasseler Workshop gehen. Übrigens die einzige Lehrveranstaltung, die Martin Schmitz im kommenden Semester halten wird. Ein richtiges Hauptseminar, das ist sein Traum. Aber bis dahin muss er wohl noch viel Überzeugungsarbeit leisten, für sein kleines Nebenfach, für Menschen mit Mut zur Langsamkeit.
Nein, Martin Schmitz hat keinen leichten Stand. Als wahrscheinlich einziger Lehrbeauftragter des Fachs Promenadologie auf der Welt. Das Wort kommt von promenieren: Also Spazieren gehen. Der Berliner Verleger hat das Fach von seinem Lehrer übernommen, dem Schweizer Lucius Burckhardt. Seit dessen Tod 2003 führt er die Forschung weiter.
Um zu begreifen, was das ist, die Spaziergangswissenschaft, lädt er zu einem Spaziergang ein. In seiner Heimatstadt Berlin:
Startpunkt ist der neue Hauptbahnhof. Einem Glaspalast, gebaut in einem Brachland im ehemaligen Mauerstreifen.
" Also hier am Hauptbahnhof ist es so, wenn man total fremd dort ankommt, man gar nicht weiß, wo man hin soll. Also, wo sind die Dinge, die man kennt?...Gut, den Fernsehturm sieht man dann vielleicht. "
Aber eben mehr auch nicht. Keine Fußgängerzonen, keinen Busbahnhof oder ähnliches. Nur Brachland auf der einen Seite. Keine Orientierungspunkte. Ein typischer Planungsfehler, sagt der Promenadologe.
" Als Fazit würde ich sagen, dass die Spaziergangswissenschaft hinter die Kulissen schaut, hinter die Bedingungen, unter denen heute Planung passiert."
Und so ist das Fach an der Uni Kassel auch Teil des Fachbereichs "Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung". Dabei ist "Wahrnehmung" Martin Schmitz Zauberwort: Um seine Umgebung richtig "wahrnehmen" zu können, lässt Martin Schmitz seine Studierenden erst einmal zu Fuß gehen. Ohne Auto oder Fahrrad.
Und so geht es auch heute in gemächlichem Tempo am Spreeufer entlang, vorbei an Brücken, Blumenrabatten und Betonwänden. Dabei kommt gerade ein Jogger vorbei:
" Das hat nichts mit Wahrnehmung zu tun, das Joggen. Das ist eine A nach B-Bewegung, die dient der persönlichen Fitness. "
Und nicht dem Wahrnehmen der Landschaft. Durch die allgegenwärtige Hektik rasen die Menschen nur noch an der Landschaft vorbei, statt sie zu betrachten und zu verstehen: Eine der Hauptthesen der Spaziergangswissenschaft.
Dagegen möchte Martin Schmitz den angehenden Architekten und Stadtplanern den Blick schärfen. Damit sie wieder bewusster planen. Während er das sagt, gehen wir an kahlen Rasenflächen vor dem Kanzleramt vorbei. Eingezwängt zwischen Betonwänden. Das sei durch die Ignoranz der Planer entstanden, die kein Gefühl für Landschaft hätten:
" Ja, die neuen Grüngestaltungen in Berlin, auch rund um den Potsdamer Platz, sind im Grunde genommen eine Verlängerung des Straßenbegleitgrüns. Es gibt keinen Code, mit dem man lesen könnte, was diese Landschaft sein soll. "
Nämlich weder Park noch Straße: Unnötig sei das, so Martin Schmitz. Wenn man wieder bewusster planen würde. Das Ende unseres Spaziergangs naht. Der Hauptbahnhof kommt wieder in Sicht. Martin Schmitz erzählt noch schnell von seinen Plänen. Im kommenden Sommersemester wird er an der Uni Kassel einen Workshop veranstalten. Über Fluch und Segen der Navigationsysteme:
" Interessant ist, das gerade durch das GPS, durch die Navigationssysteme, sich mehr an nicht sichtbaren Dingen orientiert wird, und das hat natürlich irgendeine Konsequenz. Darüber haben wir in Kassel auch nachgedacht. Und das wird eine Folge haben. "
Ob sich die Menschen bald gar nicht mehr zurechtfinden können, ohne Computerhilfe: Auch darum soll es im Kasseler Workshop gehen. Übrigens die einzige Lehrveranstaltung, die Martin Schmitz im kommenden Semester halten wird. Ein richtiges Hauptseminar, das ist sein Traum. Aber bis dahin muss er wohl noch viel Überzeugungsarbeit leisten, für sein kleines Nebenfach, für Menschen mit Mut zur Langsamkeit.