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SPD-Basis rechnet sich gute Chance aus

Nach dem Scheitern der Jamaikakoalition im Saarland konnten sich CDU und SPD nicht auf eine Große Koalition einigen. Nun wird neu gewählt. Sowohl Frau Kramp-Karrenbauer aufseiten der CDU als auch Herr Maas von der SPD hätten sich ein wenig verrechnet und am Ende nicht mehr zusammengefunden, sagt Landeskorrespondentin Tonia Koch.

Tonia Koch im Gespräch mit Christiane Wirtz | 19.01.2012
    Christiane Wirtz: Frau Koch, wer ist Schuld am Scheitern? Die SPD oder die CDU?

    Tonia Koch: Ich glaube, eine eindeutige Schuldzuweisung an die eine oder an die andere Seite kann es nicht geben. Klar ist aus meiner Sicht, dass sich die beiden Verhandlungsführer, sowohl Frau Kramp-Karrenbauer aufseiten der CDU als auch Herr Maas aufseiten der SPD ein wenig verrechnet haben, und so viel taktiert haben, und dann am Ende nicht mehr zusammengefunden haben. Bei Herrn Maas ist es deshalb der Fall gewesen, weil er hat diese Große Koalition mit der CDU angestrebt, aber er hatte vorher nicht damit gerechnet, dass seine Partei eigentlich etwas anderes will. Er hat einen Lernprozess in der vergangenen Woche gemacht und er musste irgendwie klein beigeben und auf seine Partei irgendwo hören und Frau Kramp-Karrenbauer hat jetzt irgendwo doch noch zum zweiten Mal die Notbremse gezogen und hat sich gedacht, gut, wenn ich nicht sofort mit ihm zurande komme, dann müssen wir eben Neuwahlen machen, weil, auch ich muss meine Chance wahren.

    Christiane Wirtz: Sie haben es ja schon angedeutet, Heiko Maas stand ja in seiner eigenen Partei auch ziemlich unter Druck, denn die SPD, die eigene Basis wollte nicht nur Juniorpartner sein in einer möglichen Regierung. Sie wollten nicht Kellner sein, sondern Koch. Wenn jetzt neu gewählt wird – wer steht denn dann in der Küche?

    Tonia Koch: Das ist eine gute Frage und auf die gibt es im Moment keine verlässliche Antwort, weil, darüber entscheidet er Souverän, aber ausgerechnet hat sich die SPD-Basis zumindest, dass sich die Chancen, dass Heiko Maas Ministerpräsident wird im Saarland so gut steht wie noch nie und dass es deshalb eben an der Zeit sei, diese Chance auch zu nutzen. Und das tut er jetzt. Auf der anderen Seite erfährt die CDU und die Basis eine gewisse Form von Euphorisierung, weil Frau Kramp-Karrenbauer diese ungeliebte Jamaikakoalition aufgelöst hat und zwar nicht deshalb, weil man endlich die FDP los geworden ist, die nur geglänzt hat durch personelle Querelen, sondern weil man sich inhaltlich auch von den Grünen einfach wieder distanzieren kann. Weil die Grünen hatten die Koalition inhaltlich dominiert und das lag der CDU-Basis ganz schwer im Magen. Jetzt werden alle sagen, sie hat das Richtige getan, sie hat uns als Partei befreit. Jetzt dürfen wir wieder unsere Positionen klar machen und sie wird jetzt eine große Mobilisierungskampagne fahren können in der CDU – die Partei wird ihr dabei helfen, diese Themen klar zu machen und an den Wähler heran zu bringen, sodass es also noch gar nicht ausgemacht ist, wer hier wann, wie und wo die Nase vorn haben wird.

    Christiane Wirtz: Wenn wir jetzt an einen möglichen Wahlkampf denken, um welche Themen wird es dann gehen, die da auf den Wahlplakaten propagiert werden?

    Tonia Koch: Es wird sicherlich gehen um ein wenig Arbeit und Soziales, aber alles wird umlagert durch eine Strategie, die gefahren werden muss, um das Land aus seiner Notlage herauszubringen. Diese Strategie, die darf keine der Parteien vernachlässigen, da muss jeder drauf eingehen. Wie die Konzepte da aussehen – sie werden sich zumindest bei der CDU und bei der SPD nicht sonderlich unterscheiden. Das deutet auch darauf hin, dass auch nach Neuwahlen der Wille der beiden Parteien schon da ist, miteinander zu kooperieren, was man im Moment aufgrund dieser taktischen Situation einfach nicht zuwege gebracht hat.

    Christiane Wirtz: Es wird also Neuwahlen geben. Ist das jetzt die große Stunde für Oskar Lafontaine, auf die er solange gewartet hat?

    Tonia Koch: Ich glaube, für Herrn Lafontaine wird sich das Ganze nicht auszahlen, weil Heiko Maas bereits gestern bei einer Debatte im Landtag die Tür zu der saarländischen Linken zugeschlagen und sie fest verschlossen hat. Er hat Oskar Lafontaine gesagt, also er sähe eher keine Möglichkeiten für ein rot-rotes Bündnis im Moment und hat da inhaltliche Gründe ins Feld geführt und zwar die Schuldenbremse. Solange also die Linke sich weigere, die Notwendigkeit einer Schuldenbremse anzuerkennen. Das ist ja der Fall. Oskar Lafontaine sagte, unsere Schuldenbremse ist die Vermögenssteuer, also die Einkommensseite, die man stärken muss. Solange dieses der Fall sei, könne die SPD mit einer saarländischen Linken nicht zusammenarbeiten. Diese Aussage steht und die wird man in den nächsten beiden Monaten nicht revidieren könne. Damit hat Maas die Tür zu gemacht, damit bleibt ihm nur die Option einer Großen Koalition oder seiner sehr erstarkten Grünen Seite, womit im Saarland in dieser Form, glaube ich persönlich, nicht zu rechnen sein wird.

    Christiane Wirtz: Vielleicht noch kurz ein paar Worte zum weiteren Fahrplan. Wie lange wird das Saarland brauchen, um sich auf Neuwahlen vorzubereiten?

    Tonia Koch: Also ich denke, das wird sehr schnell gehen und die Parteien werden eine Neuwahl anstreben, die vielleicht schon vor Ostern sein sollte, weil danach kommen dann Ferien, dann rückt der Sommer nach und dann wird es dann schwierig, diese Wahl zu platzieren und wir haben da jetzt auch wirklich keine handlungsfähige Regierung. Ich denke, es sind alle dran interessiert und es kann möglicherweise sein, dass es schon vor Ostern zu Neuwahlen kommt.

    Christiane Wirtz: Aufregende Wochen, die da dem Saarland bevorstehen. Frau Koch, ich danke Ihnen für diese Einschätzung.