Dienstag, 21. Mai 2024

Berlin
SPD-Bundesparteitag beginnt - Scholz vor schwerem Gang

In Berlin hat am Vormittag der dreitägige Bundesparteitag der SPD begonnen. Der Streit in der Ampelkoalition um den Haushalt 2024 und der Regierungskurs in Sachen Migration dürften auch hier für Kontroversen sorgen.

08.12.2023
    Bühnenaufbau, aufgenommen im Rahmen des Bundesparteitages des Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) in Berlin, 08.12.2023.
    Bundesparteitag der SPD (picture alliance / photothek / Florian Gaertner)
    Die stellvertretende Parteivorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer betonte zum Auftakt, die SPD wolle eine zukunftsgerechte Politik verabschieden. Deutschland stehe an einer Weggabelung. Die SPD brenne für soziale Gerechtigkeit und wolle eine ökologische Erneuerung beschließen. Aber es gebe andere Kräfte, die den Menschen vorgaukelten, dass alles beim Alten bleiben könne, sagte Dreyer.
    Auf dem Programm steht heute unter anderem die Wahl der Parteivorsitzenden. Die beiden Parteichefs Esken und Klingbeil kandidieren erneut als Doppelspitze, ebenso Generalsekretär Kühnert. Die Wiederwahl des Führungstrios gilt als sicher. Später werden allerdings schwierige inhaltliche Debatten erwartet.
    Bei den Verhandlungen über den Etat 2024 gab es vor dem Parteitag noch keinen Durchbruch. So muss Bundeskanzler Scholz an diesem Samstag voraussichtlich ohne einen fertigen Haushaltsplan zu den rund 600 Delegierten sprechen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltsführung hatte die Ampel-Regierung aus SPD, FDP und Grünen in schweres Fahrwasser gebracht - die Union ruft längst nach einer Neuwahl des Bundestages.
    Die SPD-Führung tritt im Gegensatz zu den Liberalen für ein Aussetzen der Schuldenbremse auch 2024 ein. Sie wehrt sich gegen die von der FDP geforderten Sozialkürzungen und gegen Abstriche bei Investitionen - und sympathisiert stattdessen mit Steuererhöhungen. Gut möglich, dass die größte Regierungspartei ihrem Kanzler einige Botschaften mitgibt, die ihm die weiteren Verhandlungen erschweren werden.

    Jusos: "Klatsche für alle, die unter den Krisen leiden"

    Die Jusos kritisierten die Hängepartie vorab scharf. "Dass der Haushalt für 2024 nicht mehr dieses Jahr beschlossen wird, ist eine Klatsche für all die Menschen, die unter den aktuellen Krisen leiden", sagte ihr Vorsitzender Türmer der Deutschen Presse-Agentur. "Es wäre die Möglichkeit der Ampel gewesen, die Handlungsfähigkeit der Koalition unter Beweis zu stellen und den Menschen im Land Sicherheit zu Weihnachten zu schenken."
    Erschwerend kommen für Scholz seine sinkenden Beliebtheitswerte hinzu. In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap zeigten sich nur 20 Prozent der Teilnehmer mit der Arbeit des Kanzlers zufrieden, das sind acht Prozentpunkte weniger als im Vormonat. Nach Angaben der ARD ist es der schlechteste Wert für einen Bundeskanzler oder eine -kanzlerin seit Beginn der Erhebung des "Deutschlandtrends" im Jahr 1997.

    Kompromissantrag zum Migrationskurs

    Weiteres Streitthema auf dem Parteitag dürfte die Migrationspolitik werden. Mit einem Kompromissantrag will die SPD-Spitze die Kritiker des Regierungskurses bei dem Thema besänftigen. Darin wird unter anderem die umstrittene Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer unterstützt und zugeich gefordert, den Nachzug von Familienangehörigen Geflüchteter zu erleichtern.
    Der Unmut beim linken Flügel der SPD hatte sich vor allem an einem Satz des Kanzlers entzündet, den dieser im Oktober in einem "Spiegel"-Interview sagte: "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben." Die Führung der Jusos hatte das als Forderung "direkt aus dem Vokabular des rechten Mobs" kritisiert.

    Modernisierung Deutschlands

    Auf dem Parteitag sollen drei weitere Leitanträge zur Modernisierung Deutschlands, zur außenpolitischen Neuaufstellung und zur Bildungspolitik verabschiedet werden. Der Antrag zur Modernisierung des Landes sieht Einkommensteuersenkungen für einen Großteil der Bevölkerung vor und im Gegenzug eine temporäre "Krisenabgabe" für Reiche. Die SPD will auch die Schuldenbremse lockern, den Mindestlohn erhöhen und Investitionen von 100 Milliarden Euro jährlich in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und den Umbau der Industrie stecken.
    Diese Nachricht wurde am 08.12.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.