Freitag, 19. April 2024

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SPD-Politiker Rudolf Dreßler
"Frau Nahles war ja auch ein Teil des Problems"

Der Rücktritt der SPD-Parteivorsitzenden Andrea Nahles von allen Ämtern komme zu einem Zeitpunkt, der nicht ungünstiger sein könne, sagte der langjährige Bundestagsabgeordnete Rudolf Dreßler im Dlf: "Von einem Tiefststand historisch kann es nur noch weiter runter gehen, nach oben gibt es ja null Signale."

Rudolf Dreßler im Gespräch mit Philipp May | 02.06.2019
Der SPD-Politiker Rudolf Dreßler am 14.02.2018 im Berliner Studio der Sendung "Maischberger"
Andrea Nahles sei ein Teil des Problems der SPD gewesen, sagte der SPD-Sozialpolitiker Rudolf Dreßler im Dlf. (imago / Eibner / Uwe Koch)
Philipp May: Langjähriger Bundestagsabgeordneter und Vertreter des linken Parteiflügels, Herr Dreßler, schönen guten Tag! Ist das auch ein guter Tag für die SPD?
Rudolf Dreßler: Ob das ein guter Tag für die SPD ist, wage ich zu bezweifeln. Das ganze Dilemma ist angefangen, als die SPD sich gegen den Rat vieler entschieden hat, wieder in die Große Koalition zu gehen. Und wir kommen jetzt zu diesem Zeitpunkt mit dieser Tatsache in ein Dilemma, welches nicht ungünstiger für die SPD sein kann. Also, von einem Tiefststand historisch kann es nur noch weiter runter gehen - nach oben gibt es ja null Signale. Und deshalb ist das kein guter Tag für die SPD.
"Die SPD muss aus der Großen Koalition raus"
May: Also, Sie sagen, die SPD hätte mit Andrea Nahles weitermachen sollen, einfach weil das jetzt ein schlechter Zeitpunkt ist?
Dreßler: Ich sage, was ich vorher auch gesagt habe: Die SPD muss aus der Großen Koalition raus - und zwar nicht...
May: Aber dafür steht Andrea Nahles.
Dreßler: Zunächst mal muss sie aus der Koalition raus. Und dann, wenn sie jetzt sich entschieden hat, die Frau Nahles, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, dann hilft es überhaupt nichts, da jetzt hinterher zu jammern. Zumal Frau Nahles ja auch war ein Teil des Problems war. Ich kann nicht erkennen von außen, dass Frau Nahles als Teil der Lösung betrachtet worden ist, des Dilemmas der SPD. Sie hat sich jetzt entschieden. Wenn ich den Satz höre, sie hat Respekt gefordert für diejenigen, die nach ihr kommen, und sie habe jetzt Klarheit bekommen, dann deutet das für mich darauf hin, dass sie offensichtlich bis vorherige Woche oder bis gestern diese Klarheit noch nicht gehabt hat. Das ist auch kein gutes Zeichen für eine Parteivorsitzende, wenn diese Entwicklung völlig an ihr vorbei geht.
Kein Mitleid mit jemandem, der den Job unbedingt wollte
May: Für Sie war die Sache total klar. Haben Sie Mitleid mit Andrea Nahles?
Dreßler: Ich kann kein Mitleid mit jemandem haben, der diesen Job unbedingt haben wollte, der gegen den Rat vieler in eine Große Koalition gegangen ist - sehenden Auges in die Negativsituation hinein. Und wenn diese Person jetzt die Konsequenzen zieht, dann ist für mich jedenfalls der Punkt gekommen, wo sie für mich dann möglicherweise das einzig richtige Gute dann noch für die SPD tun kann, in dem sie neuen Kräften die Chance bietet, den Neuaufbau zu organisieren und zu gestalten.
"Dreyer ist eine sehr ausgleichende Persönlichkeit"
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, spricht auf dem Landesparteitag der Brandenburger SPD. 
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, wird den SPD-Parteivorsitz nach dem Rücktritt von Andrea Nahles wohl übergangsweise übernehmen (dpa/Settnik)
May: Wer sollen die neuen Leute sein?
Dreßler: Das weiß ich nicht, das muss geprüft werden. Ich höre, dass unter anderem für den Übergang der Ordnung Frau Dreyer aus Rheinland-Pfalz, die stellvertretende Vorsitzende der SPD, genommen werden soll oder sie gebeten werden soll, dies zu machen. Und ich hielte das für eine Wahl, weil Frau Dreyer eine sehr ausgleichende Persönlichkeit ist. Und wenn sie es machen würde, sehe ich sogar optimistisch in die Zukunft, dass sie den Laden wieder sich neu stabilisieren lässt.
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