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Speerspitze im Kampf gegen den Darwinismus

Das "Creation Museum", das zu Pfingsten in Cincinatti seine Tore öffnete, will kein normales Naturkundemuseum sein. Betrieben wird der 27 Millionen Dollar teure und 60.000 Quadratmeter große Prachtbau von einer Organisation namens "Answers in Genesis". Deren Anhänger erklären sich die Entstehung der Welt anhand des ersten Buches der Bibel, des Buches Genesis.

Von Gregor Peter Schmitz |
    Noch ein großes Naturkundemuseum? Auf den ersten Blick sieht das "Creation Museum" 20 Kilometer von Cincinnati ganz danach aus. Gewaltige Tyrannosauri Rex stampfen durch die Steppe, Amphibien und Reptilien schlängeln sich durch einen prähistorischen Dschungel. Aber dann tauchen plötzlich Szenen auf, die man sonst im Naturkundemuseum eher selten sieht. Adam- und Eva-Puppen etwa, die sich - zwar mit Lilienblättern züchtig bedeckt - erst anschmachten, um dann mit dem Apfelbiss in echte Probleme zu geraten. Eine originalgetreue (was immer das heißen mag) Rekonstruktion von Noahs Arche, mit Dinosauriern an Bord. Und ein paar Schritte weiter noch mehr T-Rexe - die jetzt aber friedlich neben spielenden Kindern grasen.

    Denn das "Creation Museum", das zu Pfingsten seine Tore öffnete, will eben kein normales Naturkundemuseum sein. Betrieben wird der 27 Millionen Dollar teure und 60.000 Quadratmeter große Prachtbau von einer Organisation namens "Answers in Genesis". Deren Anhänger erklären sich die Entstehung der Welt anhand des ersten Buches der Bibel, des Buches Genesis. Das sei wahr von der ersten bis zur letzten Zeile, erklärt Museumsdirektor Ken Ham, und lasse für so suspekte Konstrukte wie Biologie oder gar Darwinismus keinen Raum. Und so hat das Museum viel Platz für eigene Interpretationen. Etwa die, dass Dinosaurier wie Menschen am sechsten Schöpfungstag von Gott geschaffen wurden und deshalb friedlich mit ihnen lebten. Kamäleone wiederum, ist in den Museumsvitrinen zu lesen, wechseln ihre Farbe nicht, um im Darwinschen Sinn zum Schutz vor Feinden zu überleben - sondern weil sie als fröhliche Geschöpfe Gottes mit anderen Geschöpfen kommunizieren und ihre gute Laune zeigen wollen.

    Nun ist der so genannte Kreationisten-Streit - also die Ablehnung der Evolutionslehren eines Charles Darwin durch Bibelgläubige - in den USA ja nichts Neues. Dort tobt er vor allem um den Biologieunterricht in Schulen. Doch noch nie sind die Thesen der Kreationisten so monumental inszeniert worden wie im "Creation Museum". Kein Wunder, denn Hand angelegt hat der Techniker, der auch schon den "Weißen Hai" oder "King Kong" für Freizeitparks inszeniert hat. Jetzt lässt er im Museum etwa auf Videos die Eruption des Mount St. Helens aus den 1980er Jahren nachstellen, um zu beweisen, wie schnell Noahs Flut den Grand Canyon überfluten konnte.

    Die Bilder müssen wuchtig sein, denn sie dienen ja als Speerspitze einer politischen Bewegung. Rund 300 Mitarbeiter hat das Museum, und die kümmern sich jeden Tag auch um ein "kreationistisches" Radioprogramm, das auf 860 Stationen gesendet wird. Sie organisieren Schulungen, wie sich teuflische Darwinisten argumentativ bekämpfen lassen, sie geben ein Magazin mit 50.000 Abonnenten heraus - und sie haben die gesamten Baukosten für das Museum von Unterstützern innerhalb weniger Jahre eingesammelt.

    Auf 2000 bis 3000 Besucher pro Tag hofft Ken Ham. Die müssen starke Nerven haben. Denn das Museum dreht sich thematisch vor allem um Katastrophen. Sehr farbig werden etwa die Qualen nach dem menschlichen Sündenfall in Szene gesetzt - das Kriegsleid, der Tod. Auch die Aussichten für diejenigen, die weiter unverbesserlich an die Evolution statt an die Schöpfungsgeschichte glauben, werden drastisch ausgemalt. Etwa in Gestalt eines Jugendlichen, der am Computer sitzt und sich Pornos anschaut. Um ihn herum brechen die Wände ein. Die Evolutionsgläubigkeit habe zu Amerikas moralischem Niedergang geführt, verkündet Museumsdirektor Ham dazu düster.

    Im Vorfeld der Eröffnung protestierten 3.000 Lehrer und Dozenten aus allen 50 US-Bundesstaaten. Sie nannten das Museum den Versuch, eine Lüge zu institutionalisieren. Doch aktuelle Umfragen zeigen, dass rund 40 Prozent der Amerikaner sich mit dessen Botschaft identifizieren können. In den Debatten der republikanischen Kandidaten für die Nachfolge von George W. Bush wurden diese auch gefragt, wie sie es mit der Evolutionsgeschichte halten - 3 von 10 gaben an, lieber an Adam und Eva als an Darwin zu glauben.