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Spektakulärer Fund
Raubgräber entdeckt "Barbarenschatz"

In der Südpfalz ist ein wertvoller antiker Schatz aus Gold und Silber aufgetaucht. Entdeckt wurde dieser allerdings nicht von Forschern, sondern von einem Schatzsucher - einem sogenannten Raubgräber. Gegen den Finder wird nun ermittelt, wie die Archäologen bei der Vorstellung des Schatzes mitteilten.

Von Gaby Böhne | 18.02.2014
    Ein "zerhackter" Silberteller aus der Spätantike, der Teil eines illegal in der Pfalz ausgegrabenen "Barbarenschatzes" ist, wird am 18.02.2013 bei einer Pressekonferenz in Mainz präsentiert.
    Auch ein "zerhackter" Silberteller ist unter den Fundstücken. (picture alliance / dpa / Torsten Silz)
    Der Fundort ist irgendwo im Wald in der südlichen Vorderpfalz. Die Fundtiefe: etwa ein halber Meter in lehmigem Boden. Der Fundkomplex: Eine Art Regiestuhl à la Hollywood, eine massive Silberschale, der Rand mit Granaten und Bergkristall verziert, ein großer Silberteller in drei Teilen sowie ein paar kleinere silberne und goldene Schmuckfragmente.
    Die zeitliche Einordnung: Fünftes Jahrhundert nach Christus. Das Römische Reich hatte sich längst aufgelöst, sein Straßennetz existierte zwar noch, aber hier zu reisen, war lebensgefährlich. Oft kämpften Germanen gegen Germanen und soeben Geplündertes musste auch mal schnell versteckt beziehungsweise vergraben werden. Landesarchäologe Axel von Berg: "Die Bedeutung des Fundes liegt in der Kombination der Fundstücke, die uns übergeben wurden. Wir haben Teile eines sehr bedeutenden Geschirrs aus Silber, die mit Gold beziehungsweise Edelsteinen verziert worden sind. Wir haben Teile eines sehr bedeutenden Stuhls, wahrscheinlich eines Fürsten oder hohen Beamten. Es ist ein eiserner Klappstuhl, der mit Silber und Gold verziert worden ist und verschiedene Figuren aufweist. Und wir haben Goldapplikation, sprich, kleine Goldbleche, die an der Kleidung aufgenäht waren und zu einem zeremoniellen Gewand gehörten.
    Hinweise auf ostgermanischen Ursprung
    Ein hoher Beamter oder sogar ein Fürst dürften einst auf diesem Stuhl gesessen haben, noch bevor die Germanen das erbeutete Mobiliar unter sich aufteilten. Jetzt müssen die teilweise mit Grünspan überzogenen Silberfragmente - ein Hinweis auf nicht ganz so reines Silber - entsalzen und restauriert werden. Das kann Monate dauern, doch danach will man den seltenen Fund ausstellen. "Wir haben interessante Hinweise", sagt der Archäologe. "Wir haben sowohl römische Bestandteile, das meiste sind aber Bestandteile, die in den hunnisch-burgundischen Raum hineingehen, in den ostgermanischen Raum, das können wir sehr schön an der Form und Machart der Objekte feststellen, die in diesen Raum hinein tendieren. Die Trinkschalen selber werden immer wieder bei Hofe beschrieben, und die haben wir hier."
    Vor acht Jahren präsentierte das Museum Speyer mit einer international reisenden Ausstellung den "Barbarenschatz" aus dem späten dritten Jahrhundert. 750 Kilogramm Silber, Messing, Bronze und auch Gold waren 1980 aus dem Flussbett des Rheins bei Neupotz gebaggert worden. Auch das war damals eine Sensation, die zeigt, wie selten der jetzige Raubgräberfund ist, so der leitende Archäologe der Außenstelle Speyer Ulrich Himmelmann. "Wir haben natürlich bei einer Nachgrabung den Fundort untersucht und haben dort nichts Weiteres gefunden. Wenn es ein Fund ist, der auf der Flucht verborgen wurde, dann kann es durchaus sein, dass es nichts Weiteres gibt."
    Fundstücke unterschlagen
    Wann genau die Funde ans Amt Speyer übergeben wurden, wollten die Archäologen mit Rücksicht auf laufende Ermittlungen nicht sagen. Innerhalb des letzten Jahres, so hieß es. Auffällig ist allerdings die zeitnahe Präsentation der "Generaldirektion Kulturelles Erbe" in Koblenz zu den heftigen Diskussion vor zwei Wochen um einen Raubgräberfund in Bingerbrück bei Mainz. Dort wurden in einem Kellergewölbe 22 Bananenkisten mit archäologischen Funden entdeckt - neben meist mittelalterlicher Keramik und zwei Totenschädeln aus dem Barock auch eine Akte über den Verkauf eines römischen Kindersarkophages im Jahre 1990 an Sothebys London.
    Zwischen Spekulationen über klassischen Diebstahl, Beteiligung behördlicher Mitarbeiter aus Museum und Denkmalpflege oder gar von Baufirmen überforderten Behörden, fehlenden Mittelalter-Archäologen und insgesamt unterbesetzten Kultureinrichtungen betonten die Institutionen, die alle dem rheinland-pfälzischen Kulturministerium unterstehen, die These von Raubgräbern als Täter. In den 70er und 80er Jahren sollen sie zahlreich und in Banden die Mainzer Baustellen, gerne nach Dienstschluss der Archäologen und an Wochenenden, durchwühlt haben, hieß es am Morgen auf der Pressekonferenz.
    Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass eine Schatzsuche mit Metallgerät illegal und damit strafbar ist. Aber Raubgräber mit und ohne Sonden gibt es trotzdem immer noch und wie früher, geduldet von der Denkmalpflege. Wenige auserwählte langjährige und in Methodik und Ehrenkodex geschulte Mitarbeiter sollen es sein. Aber wie wird man das? Bietet die Denkmalpflege einen Workshop? Axel von Berg: "Das Laufen mit Metalldetektoren ist genehmigungspflichtig. Das heißt, die Genehmigung wird bei der unteren Denkmalschutzbehörde eingereicht und im Einvernehmen mit uns gestellt. Da wir die Problematik der Sondengänger und Raubgräber kennen, müssen wir diesen Bestand an Suchern gering halten, da die ja auch zu betreuen sind. Aber es wird schwierig."