Und für diese braucht es längeren Atem, denn sie beginnt früh - bereits vor rund 2500 Jahren in Griechenland, der Wiege des abendländischen Denkens. Dessen Geburt fand dort zwar auf Erden, aber - nach Sloterdijk - ganz aus dem Geiste der Kugel statt. Der "sphaira", des kosmos oder globus - wie die verschiedenen Namen für jene Initialzündung lauten, der die runde Vernunft entsprang, welche die Geschicke der geistigen wie der politischen Welt des Abendlandes durch den quasi kategorischen Imperativ: Gehe hin und globalisiere! bestimmt hat. Was ganz wörtlich zu verstehen ist als: Schaffe dir eine Welt nach dem Bild der perfekten Kugel als einen runden, wohlgeordneten, allumfassenden Kosmos. In dieser Weise läßt sich die Geschichte des Abendlandes durchaus als eine der Globalisierung lesen, in der der Mensch - besessen von der Idee der Kugel - sowohl seine metaphysischen Großsphären, die Kosmologien antiker wie christlicher Provenienz, als auch seine kosmopolitischen Machtsphären hier auf Erden unter dem imperialen Zeichen des Globus schuf.
Eine bis hierher runde Geschichte, die der Autor in seinem Buch reich an Text und Bild dem Leser vorführt, aber noch keine "wahre" Geschichte. Ein Attribut, das neben dem materialkundigen Ideengeschichtler den umsichtigen Weltendeuter fordert. Den Gnostiker, der in seiner Sphärenschau den wahren Sinn unseres sphärischen Seins offenlegt. Denn es ist uns gleichsam ein siebter Sinn für Sphären eingeboren - selbst wenn uns dieser zumeist verborgen ist. "In Sphären leben heißt, die Dimension erzeugen, in der Menschen enthalten sein können." Schreibt der Autor. Bilden wir doch die besondere Spezies, die sich den Lebensraum, den sie bewohnt, als ihre schützende Lebenssphäre, d.h. als ihren Immun-, Wohn- und Weltenraum stes selber einräumt. Wir können also nicht anders, als uns unsere Sphären zu schaffen. Eine conditio humana, die der Sphärologe in seinem ersten Band in einer Mikrosphärologie gleichsam tiefenpsychologisch ausgelotet hatte und nun im zweiten in einer Makrosphärologie der Weltreiche und Globalsysteme weiter durchmißt.
Und wie der Autor in ihnen rundumblickend erkennt, hat es mit diesen Sphären ihre eigene Bewandtnis - ist ihre Atmosphäre, ihr Klima für uns Menschen zuträglich oder auch nicht. So deutet denn Sloterdijk die "wahre" Geschichte der Globalisierung als die einer zwar runden, aber dennoch aus ihren sphärischen Kreisen ausbrechenden Zerfallsgeschichte kugeliger Lebenssphären von der Antike bis zum Zeitalter der Globalisierung heute. Immunologisch für das sphärenschaffende Tier von fataler Konsequenz. Denn der Mensch, in der zwar imperialen, aber metaphysisch Heimat und Wärme spendenden Makrosphäre der Antike und des Christentums immerhin global geborgen, wird in der Moderne der Kälte eines offenen, unendlichen Weltraums ausgesetzt. Die Makrosphäre ist geplatzt und der Mensch hinfort metaphysisch hüllenlos. "Die Kugel ist tot", formuliert Sloterdijk in freier Abwandlung von Nietzsches "Gott ist tot" die conditio moderna des Menschen. Global ungeborgen, bleibt ihm nur die letzte Kugel. Nein, nicht die, um sich aus dieser Geschichte wegzustehlen, sondern der höchst irdische Globus, auf dessen bloßer Oberfläche der Mensch nunmehr "außer Rand und Band und Hülle" zu wohnen hat.
Das bedeutet sphärologisch auf die Dauer nichts Gutes, und so läuft denn unser Zeitalter der Globalisierung für den Autor immer weiter ins Unrunde mit durchaus sphäro-pathologischen Zügen. Es ist geprägt durch allgemeinen Sphärenzerfall, durch den Verlust an Bergung und Immunität, den auch die technischen Immunkünste der digitalen Netze und virtuellen Realitäten, die künstlichen Sphären von Cyberspace und Internet nicht aufhalten können. Universalgeschichte also als Verfallsgeschichte oder vom Sieg der bösen, sphärenzersetzenden Mächte über die guten, bergenden Hüllen - vorgestellt in gnostischer Manier à la Sloterdijk. "Die "Menschheit" nach der Globalisierung - das sind in der Mehrheit die in der eigenen Haut Zurückgebliebenen, die Opfer des Standortnachteils Ich. ... Auf der letzten Kugel wird es keine Sphäre aller Sphären mehr geben. Die Kugel, die nur noch aus Oberfläche besteht, ist kein Haus für alle, sondern ein Markt für jeden. Auf Märkten ist keiner "bei sich"; niemand soll versuchen, dort heimisch zu werden, wo Geld, Waren und Fiktionen den Besitzer wechseln", heißt es gegen Ende des Buches. Ja, Netze bilden keine Sphären - weder die des Kapitals noch die von Informationen. Wie schrecklich - ist man am Schluß versucht zu sagen. Was aber macht man mit einer solch "wahren" Geschichte? Und es stellt noch ihren geringsten Mangel dar, daß diese sphärologische Weltenschau wie alle Versuche, Geschichte von weither bzw. weit oben zu schreiben, daran krankt, daß sie einfach zu global ist.
Vor allem jedoch stört, daß der Autor keinen rechten Sinn für die Dimension unseres heutigen In-der-Welt-seins aufbringen will, die eben nicht mehr durch das Bild der Kugel oder Sphäre als vielmehr durch das des Netzes gekennzeichnet ist. Globalisierung heißt heute Weltvernetzung. So bleibt denn die Frage offen, wie wir in ebendiesen Netzen menschlich wohnen können und nicht bloß unbehaust auf einer zugigen Kugel unser Leben fristen müssen. Und wenn der Mensch ein solches Tier ist, daß sich seinen Lebensraum selber einräumt, dann ist damit nicht notwendig ausgemacht, daß dieser - dem Sphärologen zum Trotz - wirklich rund oder sphärisch sein muß.
Eine bis hierher runde Geschichte, die der Autor in seinem Buch reich an Text und Bild dem Leser vorführt, aber noch keine "wahre" Geschichte. Ein Attribut, das neben dem materialkundigen Ideengeschichtler den umsichtigen Weltendeuter fordert. Den Gnostiker, der in seiner Sphärenschau den wahren Sinn unseres sphärischen Seins offenlegt. Denn es ist uns gleichsam ein siebter Sinn für Sphären eingeboren - selbst wenn uns dieser zumeist verborgen ist. "In Sphären leben heißt, die Dimension erzeugen, in der Menschen enthalten sein können." Schreibt der Autor. Bilden wir doch die besondere Spezies, die sich den Lebensraum, den sie bewohnt, als ihre schützende Lebenssphäre, d.h. als ihren Immun-, Wohn- und Weltenraum stes selber einräumt. Wir können also nicht anders, als uns unsere Sphären zu schaffen. Eine conditio humana, die der Sphärologe in seinem ersten Band in einer Mikrosphärologie gleichsam tiefenpsychologisch ausgelotet hatte und nun im zweiten in einer Makrosphärologie der Weltreiche und Globalsysteme weiter durchmißt.
Und wie der Autor in ihnen rundumblickend erkennt, hat es mit diesen Sphären ihre eigene Bewandtnis - ist ihre Atmosphäre, ihr Klima für uns Menschen zuträglich oder auch nicht. So deutet denn Sloterdijk die "wahre" Geschichte der Globalisierung als die einer zwar runden, aber dennoch aus ihren sphärischen Kreisen ausbrechenden Zerfallsgeschichte kugeliger Lebenssphären von der Antike bis zum Zeitalter der Globalisierung heute. Immunologisch für das sphärenschaffende Tier von fataler Konsequenz. Denn der Mensch, in der zwar imperialen, aber metaphysisch Heimat und Wärme spendenden Makrosphäre der Antike und des Christentums immerhin global geborgen, wird in der Moderne der Kälte eines offenen, unendlichen Weltraums ausgesetzt. Die Makrosphäre ist geplatzt und der Mensch hinfort metaphysisch hüllenlos. "Die Kugel ist tot", formuliert Sloterdijk in freier Abwandlung von Nietzsches "Gott ist tot" die conditio moderna des Menschen. Global ungeborgen, bleibt ihm nur die letzte Kugel. Nein, nicht die, um sich aus dieser Geschichte wegzustehlen, sondern der höchst irdische Globus, auf dessen bloßer Oberfläche der Mensch nunmehr "außer Rand und Band und Hülle" zu wohnen hat.
Das bedeutet sphärologisch auf die Dauer nichts Gutes, und so läuft denn unser Zeitalter der Globalisierung für den Autor immer weiter ins Unrunde mit durchaus sphäro-pathologischen Zügen. Es ist geprägt durch allgemeinen Sphärenzerfall, durch den Verlust an Bergung und Immunität, den auch die technischen Immunkünste der digitalen Netze und virtuellen Realitäten, die künstlichen Sphären von Cyberspace und Internet nicht aufhalten können. Universalgeschichte also als Verfallsgeschichte oder vom Sieg der bösen, sphärenzersetzenden Mächte über die guten, bergenden Hüllen - vorgestellt in gnostischer Manier à la Sloterdijk. "Die "Menschheit" nach der Globalisierung - das sind in der Mehrheit die in der eigenen Haut Zurückgebliebenen, die Opfer des Standortnachteils Ich. ... Auf der letzten Kugel wird es keine Sphäre aller Sphären mehr geben. Die Kugel, die nur noch aus Oberfläche besteht, ist kein Haus für alle, sondern ein Markt für jeden. Auf Märkten ist keiner "bei sich"; niemand soll versuchen, dort heimisch zu werden, wo Geld, Waren und Fiktionen den Besitzer wechseln", heißt es gegen Ende des Buches. Ja, Netze bilden keine Sphären - weder die des Kapitals noch die von Informationen. Wie schrecklich - ist man am Schluß versucht zu sagen. Was aber macht man mit einer solch "wahren" Geschichte? Und es stellt noch ihren geringsten Mangel dar, daß diese sphärologische Weltenschau wie alle Versuche, Geschichte von weither bzw. weit oben zu schreiben, daran krankt, daß sie einfach zu global ist.
Vor allem jedoch stört, daß der Autor keinen rechten Sinn für die Dimension unseres heutigen In-der-Welt-seins aufbringen will, die eben nicht mehr durch das Bild der Kugel oder Sphäre als vielmehr durch das des Netzes gekennzeichnet ist. Globalisierung heißt heute Weltvernetzung. So bleibt denn die Frage offen, wie wir in ebendiesen Netzen menschlich wohnen können und nicht bloß unbehaust auf einer zugigen Kugel unser Leben fristen müssen. Und wenn der Mensch ein solches Tier ist, daß sich seinen Lebensraum selber einräumt, dann ist damit nicht notwendig ausgemacht, daß dieser - dem Sphärologen zum Trotz - wirklich rund oder sphärisch sein muß.