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Spiel unter Kontrolle

Technik. - Weil das Spielen um Geld zur Sucht werden kann, regeln Gesetze genau, wie kommerzielles Glückspiel ablaufen darf. Noch exakter als bisherige Mechanik regelt jetzt Software in Spielautomaten, wann ein "Einarmiger Bandit" seine Beute wieder ausspucken muss.

Von Björn Schwentker | 16.01.2007
    Schnell sind zwei Euro weg. Paul Gauselmann schmeißt zwei Münzen in ein Geldspielgerät. Das ist sein Metier, er ist Chef des größten deutschen Geldspielautomatenherstellers Gauselmann AG. Am Apparat blinken Lichter auf, eine Laufschrift leuchtet. Mit den mechanischen einarmigen Banditen von früher hat der bunte Kasten nicht mehr viel zu tun.

    "Früher waren die Geräte mechanisch, dann waren sie elektromechanisch, und heute sind sie überwiegend elektronisch, allerdings immer noch mit einem Teil Mechanik, die Walzen sind noch mechanisch, die laufen, die ganze Münzprüferei, es ist also heute eine überwiegende elektronische Einheit, allerdings noch mit viel Mechanik."

    Neue Glückspielgeräte dieser Art gibt es auf der Internationalen Fachmesse für Unterhaltungs- und Warenautomaten in Düsseldorf gleich zu Dutzenden zu sehen. Der Grund: Seit einem Jahr gilt eine neue Spielverordnung. Über sie regelt der Staat, wie die Apparate gebaut sein müssen, um den Spielern nicht zu viel Geld aus der Tasch zu ziehen. Dass die Regeln eingehalten werden, überwacht die Physikalisch Technische Bundesanstalt PTB in Berlin. Hartmut Moeck betritt einen Seitenflügel der PTB, in dem er die Testgeräte der Hersteller untersucht. Ohne offizielle Bauartzulassung dürfen sie nicht verkauft werden. Eines davon steht vor ihm auf einem Tisch. Hartmut Moeck öffnet das Gehäuse:

    "Wenn wir hier reinschauen, dann sieht das aus wie ein etwas ausgeschlachteter Computer."

    Tatsächlich ist der Kasten fast leer. Nur ein paar Kabel sind zu sehen und ein kleines graues Kästchen – die Steuereinheit.

    "Dies ist sozusagen das Herzstück, das dann das Programm beinhaltet, das dann den Spielablauf steuert, die Frontscheiben beleuchtet, und dies und jenes."

    Entscheidend ist jedoch, dass zusätzlich in der Steuereinheit noch ein zweites Programm läuft: die Kontrollsoftware. Sie überwacht die Geld-Ein- und Auszahlungen des Spielprogramms. So darf der Spieler pro Stunde maximal 80 Euro verlieren, und nicht mehr als 500 Euro gewinnen. Wie viel er verspielen darf, ist sogar bis auf die Sekunde genau vorgeschrieben: In fünf Sekunden nicht mehr als 20 Cent. In der bisherigen, alten Spielverordnung, die noch für hauptsächlich mechanische Apparate geschrieben worden war, gab es solch einfache Zusammenhänge zwischen Spielzeit und Geldzahlungen nicht. Entsprechend schwer war festzustellen, ob die Vorschriften auch eingehalten wurden. Heute überwacht die Kontrollsoftware die Spielgeräte quasi von selbst. Ob die Wächter-Programme richtig arbeiten, können die Ordnungshüter nun ohne Aufwand überprüfen - direkt in der Spielhalle.

    "Die schauen in das Gerät hinein, sehen irgendwo eine Datenschnittstelle, stecken ihren Computer drauf, haben eine Möglichkeit, die Software auszulesen, eine Checksumme über diese Software zu bilden und zu vergleichen mit dem, was im Internet veröffentlicht ist auf der PTB-Seite, wo Bauartzulassungen neuerdings einsehbar sind."

    Dass ein Spielhallenbesitzer die Software umprogrammiert, um unerlaubt hohe Gewinne einzuspielen, sei so kaum mehr möglich, sagt Hartmut Moeck. Dennoch: Spielerschützer kritisieren, dass die Suchtgefahr der Automaten unverändert hoch ist. Da stimmt auch PTB-Mann Moeck zu: Denn das Spiel beschränke sich ja nicht nur auf die nun kontrollierbaren Geldzahlungen.

    "Was dann nun allerdings aus dem Spielgeschehen gemacht wird, jede Branche hat natürlich auf Umsätze zu achten und achtet auf Werbung, und dem Spieler wird zuweilen suggeriert: Jung, jetzt hast Du schon was gewonnen, was in Form von tanzenden Jungfrauen oder irgendwelchen Punkten oder sonst wie angeboten wird, was aber bei weitem keine Geldauszahlung ist, die die PTB über die Kontrolleinrichtung sich anschaut und dann feststellt: Ist das eine Auszahlung."

    Hartmut Moeck zuckt mit den Schultern und schließt den Spielautomaten. Die Automatenindustrie, glaubt er, werde wahrscheinlich sowieso immer einen Weg finden, die technischen Vorgaben so auszulegen, dass für sie am Ende die Kasse klingelt.