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Spinat
Forscher wollen Nitrat aus Blattgemüsen entfernen

So gesund frischer Spinat auch ist, enthält er doch relativ viel Nitrat, das im Verdacht steht, Krebs auszulösen. Kleinkinder sollen aus diesem Grund keinen frischen Spinat essen. Doch jetzt sind schwedische Forscher auf einen einfachen Trick gekommen, mit dem sich das Nitrat aus dem Blatt verbannen lässt.

Von Christine Westerhaus | 05.01.2018
    In der deutsch-polnischen Euro-Kita in Frankfurt (Oder) isst ein kleines Kind mit einem Löffel Spinat mit Kartoffeln - entsprechend verwschmiert ist das Gesicht, aufgenommen am 10.03.2009. Foto: Patrick Pleul +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
    Kleinkinder sollten keinen frischen Spinat essen (dpa/Patrick Pleul )
    Federico Gomez öffnet die Tür zum Pflanzenphysiologie-Labor an der Lund Universität. Ein kleiner Raum mit verschiedenen Apparaturen, auf der linken Seite steht eine Vakuumpumpe mit vielen Knöpfen, an die ein Glastopf mit Deckel angeschlossen ist. Federico Gomez öffnet den Deckel des Topfes und deutet hinein:
    "Hier ist unser Gerät, in dem wir die Blätter mit Vakuum behandeln. Wir entfernen dadurch die Luft im Pflanzengewebe und ersetzen sie durch eine Zuckerlösung."
    Federico Gomez Doktorandin Imelda Nyoto bereitet nun die Prozedur vor. Sie öffnet eine Tüte mit frischem Spinat, wie sie auch im Supermarkt erhältlich ist und nimmt einige Blätter heraus. Diese legt sie in ein Becherglas, das sie mit einer Zuckerlösung füllt. Dann stellt sie das Becherglas in den Glastopf, schließt den Deckel und schaltet die Vakuumpumpe an.
    "Hier hört man, wie die Vakuumpumpe die Luft aus dem System saugt und ein Vakuum im Glastopf erzeugt. Die Blätter sind in die Zuckerlösung getaucht und wenn das Vakuum größer wird, sieht man, wie kleine Bläschen aus den Blättern austreten. Die Bläschen kann man leider nicht hören."
    Nitrat in "essbare Verbindungen" verwandeln
    Auf den Spinatblättern treten nun sehr viele kleine Luftbläschen aus dem Gewebe aus. Nachdem etwa fünf Minuten vergangen sind, lassen die Forscher den Druck im Glasgefäß wieder ansteigen. Dadurch wird die Zuckerlösung im Becherglas quasi in die Blätter gesogen. Diesen Zucker beziehungsweise die Kohlenhydrate verwenden die Blätter später für ihren Stoffwechsel, erklärt Allan Rasmussen, Professor für Pflanzenphysiologie an der Lund Universität. Er hat das Verfahren gemeinsam mit Federico Gomez entwickelt.
    "Pflanzen speichern Stickstoff in Form von Nitrat in ihrem Gewebe, weil sie ihn für ihren Stoffwechsel brauchen. Deshalb finden wir in allen Blattgemüsen recht hohe Nitrat-Konzentrationen. Die Idee ist, dass wir den Blättern Kohlenhydrate anbieten, damit sie das Nitrat in Verbindungen umsetzen, die essbar sind. Proteine zum Beispiel oder Nukleinsäuren."
    Um den Blättern genügend Zeit zu geben, das eingelagerte Nitrat abzubauen, soll der Spinat direkt nach der Ernte mit Vakuum behandelt werden. Auf dem Weg in den Supermarkt verwenden die Blätter dann den Zucker, der durch die Prozedur ins Gewebe gelangt ist, um das Nitrat zu verstoffwechseln. Wenn der Spinat nach ein paar Tagen auf dem Teller landet, ist das Nitrat restlos abgebaut. Das ist zumindest die Idee, die hinter der Prozedur steckt. Theoretisch eignet sich das Verfahren für alle Blattgemüse. Ob es sich für Hersteller lohnt, das Nitrat auf diesem Weg aus Salat & Co. zu entfernen, muss sich erst noch zeigen. Doch das Interesse sei vorhanden, meint Federico Gomez.
    Behandlung mit Stromstößen
    "Wir versuchen hier auch, die Haltbarkeit und die Qualität von verarbeitetem und gefrorenem Gemüse zu verbessern und arbeiten dabei mit einer Firma zusammen, die an diesen ganzen Verfahren zur Optimierung von Lebensmitteln sehr interessiert ist. Und für sie wäre es kein Problem, 600 Kilogramm Gemüse auf einmal mit Vakuum zu behandeln."
    In früheren Test haben Gomez und Rasmussen bereits gezeigt, dass sie den Geschmack von getrockneten Kräutern deutlich verbessern können, indem sie die Blätter vor der Trocknung mit Stromstößen behandeln. Ihre Ideen entwickeln die beiden Forscher meist beim gemeinsamen Mittagessen in der Kantine, erzählt Rasmussen. Ob er schon Ideen für neue Gemüse-Optimierungs-Projekte in der Pipeline hat, will er aber nicht verraten.