Dr. Roland Dersch von der Universität Marburg arbeitet unter Hochspannung. Um genau zu sein: unter 20.000 Volt. Er steht vor einer Art Käfig, einem Würfel mit ungefähr eineinhalb Metern Kantenlänge. Darin führt eine elektrische Leitung zu einem Blumentopf mit einem wilden Olivenbäumchen. Oberhalb der Pflanze hängt eine Einwegspritze. Zu ihrer Kanüle führt ebenfalls ein Kabel. In dem Kolben: eine farblose Flüssigkeit. Eine rote Lampe zeigt an, dass zwischen Kanüle und Olivenbäumchen eine elektrische Spannung herrscht. Über das Olivenbäumchen hat sich ein feines Netz aus Fasern gelegt. Es überzieht die Zweige und das Laub wie Spinnweben. Elektrospinning nennt sich diese Methode. Dabei wird eine Kunststofflösung in der Spritze elektrostatisch aufgeladen und von der Spannung hin zum Gegenpol, zu der Pflanze, gezogen. Das Wasser verdunstet, und das Fasergeflecht bleibt übrig. Der biologisch abbaubare Kunststoff soll junge Maispflanzen schützen. In der Natur zersetzt er sich allmählich und gibt dabei über Monate hinweg ein Pflanzenschutzmittel ab. An sich eine altbekannte Methode in der biologischen Schädlingsbekämpfung. Bisher wurden beispielsweise Kügelchen mit dem Pflanzenschutzmittel auf dem Acker verteilt, sagt Professor Joachim Wendorff vom Fachbereich für Chemie an der Universität Marburg. Aber:
"In allen Fällen hat es sich erwiesen, dass der Umwelteinfluss – Sturm, Regen, Gewitter, Wind – sehr störend war. Also man war gerade beim Aufbringen aus der Luft oder dieser Kügelchen auf dem Boden gezwungen, das mehrmals zu machen."
Das künstliche Spinnennetz soll jedoch länger an der Pflanze haften, und der Wirkstoff soll nicht so schnell verduften. Ein Problem hatten die Forscher aus Marburg jedoch: Wie sollten sie die Hochspannungs-Anlage zu den jungen Maispflanzen auf den Acker bringen? Die Lösung klingt banal: Mit einem Traktor. Der alte Fiat parkt in einem Innenhof des verschachtelten Universitätsgebäudes auf den Lahnbergen. Die Elektrospinning-Apparatur sieht aus wie ein flacher Kasten, der nach unten offen ist. Sie kann einfach hinten an den Schlepper montiert werden. Und verfügt nicht nur über eine einzige Kanüle, wie der Aufbau im Labor, sondern über fünfundsiebzig Düsen. Alle über ein komplexes System von Schläuchen miteinander verbunden. Ein Trafo setzt sie über Kupferdrähte unter Hochspannung. Für den Benutzer aber harmlos, sagt Roland Dersch, weil kaum ein Strom fließt.
"Denn wenn man damit jetzt in Berührung kommen würde, würde man ungefähr so was verspüren, wie wenn man Wolle an Wolle reibt oder ähnliches. Das heißt, die Ströme sind in diesem Aufbau so gering, dass sie ungefährlich sind."
Die Idee, künstliche Spinnweben auf einem Maisacker zu verteilen, sagt Joachim Wendorff, sei ihm zuerst vorgekommen wie – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Spinnerei.
"Dann haben wir aber überlegt, dass vieles dafür spricht. Also einmal der Gedanke, dass Spinnennetze an Pflanzen hängen, und unsere Gespinste sehen sehr, sehr ähnlich aus. Diese Analogie. Dann wussten wir: Im Schlepper ist natürlich auch Strom und Spannung vorhanden. Die muss man nur hoch setzen. Wir wussten, dass wir bioabbaubare Fasern haben. Das spricht auch für den Pflanzenschutz. Also eigentlich zeigte sich, dass die Hindernisse gar nicht so groß waren."
Erste Ergebnisse waren schon viel versprechend: Die Anlage hat großflächig die Spinnweben auf dem Rasen hinter dem Institut verteilt. Heute aber könnte es kritisch werden, denn die Luft ist sehr feucht. Keine guten Voraussetzungen für das elektrostatische Spinnen. Wendorff demonstriert die Anwendung seiner Kunstspinnnetze: Die Kunststofflösung ist eingefüllt, der Traktor tuckert los auf eine nahe gelegene Wiese.
"Achtung – So, jetzt spinnt es."
Jede einzelne Kanüle schleudert die Fasern von sich. An diesem Tag aber leider nicht sehr lange. Irgendetwas stimmt mit der Spannung nicht. Sie baut sich immer wieder ab. Und dann muss der Versuch vorzeitig beendet werden, denn es beginnt zu regnen. Und das, so vermutet Roland Dersch, war auch der Grund dafür, dass das Ergebnis heute eher bescheiden war.
"Da es sich um ein elektrostatisches Verfahren handelt, ist bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit das Problem, dass die Ladungen da abfließen, wo sie nicht sollen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Luftfeuchtigkeit zu hoch war."
Auch wenn es zuvor schon oft funktioniert hat, heute hat das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber – so ist das halt in der Landwirtschaft.
"In allen Fällen hat es sich erwiesen, dass der Umwelteinfluss – Sturm, Regen, Gewitter, Wind – sehr störend war. Also man war gerade beim Aufbringen aus der Luft oder dieser Kügelchen auf dem Boden gezwungen, das mehrmals zu machen."
Das künstliche Spinnennetz soll jedoch länger an der Pflanze haften, und der Wirkstoff soll nicht so schnell verduften. Ein Problem hatten die Forscher aus Marburg jedoch: Wie sollten sie die Hochspannungs-Anlage zu den jungen Maispflanzen auf den Acker bringen? Die Lösung klingt banal: Mit einem Traktor. Der alte Fiat parkt in einem Innenhof des verschachtelten Universitätsgebäudes auf den Lahnbergen. Die Elektrospinning-Apparatur sieht aus wie ein flacher Kasten, der nach unten offen ist. Sie kann einfach hinten an den Schlepper montiert werden. Und verfügt nicht nur über eine einzige Kanüle, wie der Aufbau im Labor, sondern über fünfundsiebzig Düsen. Alle über ein komplexes System von Schläuchen miteinander verbunden. Ein Trafo setzt sie über Kupferdrähte unter Hochspannung. Für den Benutzer aber harmlos, sagt Roland Dersch, weil kaum ein Strom fließt.
"Denn wenn man damit jetzt in Berührung kommen würde, würde man ungefähr so was verspüren, wie wenn man Wolle an Wolle reibt oder ähnliches. Das heißt, die Ströme sind in diesem Aufbau so gering, dass sie ungefährlich sind."
Die Idee, künstliche Spinnweben auf einem Maisacker zu verteilen, sagt Joachim Wendorff, sei ihm zuerst vorgekommen wie – im wahrsten Sinne des Wortes – eine Spinnerei.
"Dann haben wir aber überlegt, dass vieles dafür spricht. Also einmal der Gedanke, dass Spinnennetze an Pflanzen hängen, und unsere Gespinste sehen sehr, sehr ähnlich aus. Diese Analogie. Dann wussten wir: Im Schlepper ist natürlich auch Strom und Spannung vorhanden. Die muss man nur hoch setzen. Wir wussten, dass wir bioabbaubare Fasern haben. Das spricht auch für den Pflanzenschutz. Also eigentlich zeigte sich, dass die Hindernisse gar nicht so groß waren."
Erste Ergebnisse waren schon viel versprechend: Die Anlage hat großflächig die Spinnweben auf dem Rasen hinter dem Institut verteilt. Heute aber könnte es kritisch werden, denn die Luft ist sehr feucht. Keine guten Voraussetzungen für das elektrostatische Spinnen. Wendorff demonstriert die Anwendung seiner Kunstspinnnetze: Die Kunststofflösung ist eingefüllt, der Traktor tuckert los auf eine nahe gelegene Wiese.
"Achtung – So, jetzt spinnt es."
Jede einzelne Kanüle schleudert die Fasern von sich. An diesem Tag aber leider nicht sehr lange. Irgendetwas stimmt mit der Spannung nicht. Sie baut sich immer wieder ab. Und dann muss der Versuch vorzeitig beendet werden, denn es beginnt zu regnen. Und das, so vermutet Roland Dersch, war auch der Grund dafür, dass das Ergebnis heute eher bescheiden war.
"Da es sich um ein elektrostatisches Verfahren handelt, ist bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit das Problem, dass die Ladungen da abfließen, wo sie nicht sollen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Luftfeuchtigkeit zu hoch war."
Auch wenn es zuvor schon oft funktioniert hat, heute hat das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber – so ist das halt in der Landwirtschaft.