Freitag, 19. April 2024

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Spitzel in Westdeutschland
Stasi unterwanderte Neonaziszene

Die rechtsextreme Szene in Westdeutschland war dem früheren DDR-Staatssicherheitsdienst ein Dorn im Auge. Deshalb warb die Stasi unter den Neonazis zahlreiche Inoffizielle Mitarbeiter an - offensichtlich mehr als bekannt. Besonders brisant: Einige von ihnen waren zugleich als V-Mann für den westdeutschen Verfassungsschutz aktiv.

06.08.2015
    In der ehemaligen Stasi-Behörde in Berlin befindet sich im Haus 1 eine Forschungs- und Gedenkstätte zum politischen System der DDR.
    Die ehemalige Stasi-Zentrale in Berlin: Von hier aus ließ die DDR die westdeutsche Neonaziszene überwachen. (picture-alliance / dpa/Jens Kalaene)
    Nach Erkenntnissen der Stasi-Unterlagenbehörde hat das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) mindestens 42 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) unter westdeutschen Neonazis und in deren unmittelbarem Umfeld geleitet. Das berichtet die "Berliner Zeitung". Weitere fast 30 Rechtsextremisten seien als IM-Vorläufe registriert, das heißt, ihre Anwerbung als Spitzel sei vorbereitet worden. Hinzu seien noch vier weitere Informanten gekommen, die einen loseren Kontakt zum MfS unterhielten.
    Der überwiegende Teil der in der rechten Szene geführten Stasi-Spitzel wurde in den 1980er-Jahren angeworben. Darauf deuteten die Registriernummern der IM-Vorgänge hin, hieß es in dem Bericht. Die IM berichteten über Aktivitäten von gewalttätigen Nazigruppen und deren Mitgliedern in der Bundesrepublik, in Österreich und im italienischen Südtirol. Einige dieser IM waren gleichzeitig V-Leute des westdeutschen Verfassungsschutzes und konnten der Stasi Einblick in dessen Arbeit geben.
    Ziel: Anschläge verhindern
    Das Hauptaugenmerk der Stasi bei der Aufklärung der westdeutschen Naziszene richtete sich darauf, Anschläge gegen die innerdeutsche Grenze zu verhindern.
    Die im Stasi-Archiv noch vorhandenen Akten über diese Personen könnten auch für die aktuellen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu möglichen Hinterleuten und Mittätern des Oktoberfestattentats von 1980 von Belang sein, so das Blatt. Bei dem Anschlag am 26. September 1980 waren 13 Menschen getötet und weitere 211 Personen zum Teil lebensgefährlich verletzt worden.
    (fwa/stfr)