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Sponsoring für Forschung

Forschung an deutschen Hochschulen ist zunehmend auf Unterstützung aus der Wirtschaft angewiesen. Die RWTH Aachen ist dabei Spitzenreiter und erhält mehr Drittmittel als jede andere deutsche Universität. Seit 2006 trägt mit dem E.ON Forschungszentrum für Energie ein RWTH-Institut gar den Namen des Sponsors.

Von Ingo Wagner |
    Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen gehört seit dem vergangenen Jahr ganz offiziell zu den deutschen Elite-Unis. Hier ist nach Hochschulangaben das größte öffentlich-private Gemeinschaftsprojekt eines Unternehmens mit einer deutschen Hochschule entstanden: Das E.ON Forschungszentrum für Energie. Hier arbeiten Professoren mit ihren Teams an der Energiewirtschaft der Zukunft. Die Finanzierung verdankt die Hochschule zu einem großen Teil dem Konzern E.ON. Der weltweit größte private Energiedienstleister fördert das Projekt für zehn Jahre mit 40 Millionen Euro - und verfolgt damit ganz konkrete Interessen, wie Dr. Markus Ewert, der bei E.ON für das Forschungszentrum zuständig ist, erklärt:

    " Wir haben festgestellt, dass zur Lösung der Energieprobleme, die wir haben, vor allem auch neue Ideen erforderlich sind. Die Energiewirtschaft befindet sich in einem starken Umbruch, von Kohleenergie hin zu erneuerbaren Energien und dadurch entstehen ganz neue Fragestellungen. "

    Und Antworten auf diese Fragen erhofft sich der Konzern von den Aachener Wissenschaftlern. Sie erforschen zum Beispiel neue Energiequellen wie Erdwärme oder Biomasse. Oder wie Verbraucher künftig mit Energie umgehen werden. Doch bei so klarer Interessenlage eines mächtigen Konzerns und der Investition von 40 Millionen Euro: Wo bleibt da die Unabhängigkeit der Forschung? Professor Rik De Doncker, Direktor des Forschungszentrums, sieht da keine Probleme:

    " Die Erfindungen, die wir machen, sind Eigentum der RWTH. Auch die Projekte, die dann vom E.ON Forschungszentrum unterstützt worden sind, alle Erfindungen, die wir hier machen und patentieren sind RWTH-Eigentum und nicht Eigentum von E.ON AG. Ich glaube, das zeigt ganz klar und deutlich, dass wir hier frei sind in der Forschung und neue Ideen frei entwickeln können. "

    Laut Professor De Doncker arbeitet das Forschungszentrum auch nicht exklusiv mit E.ON zusammen. Die Kooperation mit anderen Unternehmen und sogar Konkurrenten des Konzerns ist ausdrücklich erwünscht. Für Rik De Doncker ist der Kooperationsvertrag mit dem Energiekonzern daher der Einstieg in eine bisher in Deutschland noch wenig übliche Form der Forschungsförderung:

    " Das andere Thema ist, dass die Finanzierung in den USA auf eine ganz andere Ebene läuft. Das heißt, Firmen sind eher Sponsoren, und das ist genau das Modell was E.ON hier erstmalig in Deutschland mit der RWTH verfolgt hat. Es ist eine Spende, um ein Forschungsthema, in diesem Fall Energieforschung, Energieeffizienz, neue Energiequellen, hier weiter voranzutreiben. "

    Aber der Konzern verfolgt noch weitere Interessen mit dem Forschungszentrum. Denn bei neuen Projekten im Energiebereich macht sich bereits ein erheblicher Mangel an Fachkräften bemerkbar. Die Absolventen einer Elite-Uni zu gewinnen, wäre dem Konzern daher sehr recht. Markus Ewert:

    " Das ist natürlich auch eine Motivation für uns. Wir versprechen uns definitiv, dass wir als Arbeitgeber für hochqualifizierte Ingenieure attraktiver werden und auch sichtbarer an der Hochschule. Wir haben einen Mangel, ja. "

    Kooperationen von Hochschulen mit der Wirtschaft sind nicht ganz neu in Deutschland. So gibt es an der Fachhochschule Mannheim zum Beispiel seit 2005 ein im Rahmen einer Public-Private-Partnership mit dem Finanzdienstleister MLP entstandenes Career Center, das Studenten im Studium und beim Übergang in den Beruf unterstützt. Und die Universität Frankfurt arbeitet mit dem SAP-Hochschulzentrum in Magdeburg zusammen. Den Studenten des Faches Wirtschaftswissenschaften wird dadurch die kostenlose selbständige Nutzung des SAP-Systems ermöglicht.

    Die Finanzierung von Lehrstühlen, Forschungszentren und Instituten durch Unternehmen ist ein zunehmender Trend. An einer auf Zusammenarbeit mit der Wirtschaft setzenden Hochschule wie der RWTH Aachen sieht man darin nichts Falsches. Im Gegenteil: Professor Rik de Doncker wünscht sich weitere solcher Kooperationen. Ganz besonders im Bereich der Forschung. Und er ist davon überzeugt, dass es dazu kommen wird:

    " Da die Industrie auch weiß, wenn wir nicht neue Konzepte entwickeln können, dass wir dann in den nächsten fünf Jahren keine gute Konkurrenzposition haben gegenüber Ländern wie Indien und China. "