Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Sport nach dem Zweiten Weltkrieg
"Es gab keine Stunde Null"

Als am 8. Mai 1945 die deutsche Wehrmacht kapitulierte, stand der Plan der Alliierten für die Sportvereine schon lange fest: Sie sollten aufgelöst werden. Der Aufbau neuer und alter Vereine lief dann in Etappen und regional sehr unterschiedlich erklärt der Historiker Lorenz Peiffer im Dlf.

Lorenz Peiffer im Gespräch mit Astrid Rawohl | 02.05.2020
Ein Junge beim Abgang vom Seitpferd, Andere sehen zu.
Leibesübungen in Deutschland (1950) (imago/Leber)
"Zu den nationalsozialistischen Organisationen gehörte auch der Nationalsozialistische Reichsbund für Leibesübungen", erklärt Lorenz Peiffer, pensionierter Professor der Universität Hannover, Historiker und Experte für Sport im Nationalsozialismus. Da alle Vereine Mitglied im NSRL waren, wurden sie nach dem Krieg wie der Dachverband verboten.
Nach dieser Maßnahme entwickelte sich das Bild für die Vereine allerdings unterschiedlich, sagt Peiffer, weil die Besatzungsmächte in den verschiedenen Zonen unterschiedlich damit umgingen, Vereine wieder zuzulassen. Die Personen in den Führungspositionen wechselten im Anschluss allerdings mehrfach.
Nach Kriegsende trieben zunächst Funktionäre den Wiederaufbau auch der Sportvereine voran, die nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun hatten. Relativ schnell übernahmen allerdings auch ehemalige Nazis wieder Führungspositionen.
"Das ging dann bis zum Januar 46. Dann wurde eine Kontrollratsdirektive erlassen, die eindeutig sagte: 'Entfernung von Nazis und anderen Personen, die den Nazis nahegestanden haben oder für sie gearbeitet haben aus öffentlichen Ämtern', sagt Peiffer. "Und zu diesen öffentlichen Ämtern gehörten auch die Vereine. Und das kann man auch in Vereinsprofilen, -entwicklungen dann sehr deutlich sehen, dass nach dem Jahr 1946 auch die Vorsitzenden dann wieder gewechselt haben. Aber dann mit der Übernahme der Entnazifizierung in deutsche Hände hat sich da vieles wieder geändert."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.