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Sport nicht nur als Wirtschaftsfaktor

Die irische Bevölkerung hat im zweiten Referendum ihre Zustimmung zum EU-Vertrag gegeben. Der Sport ist erstmals in diesem Vertragswerk berücksichtigt und erhält einen Sonderstatus.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    "Zunächst ist es wichtig, dass der Sport im EU-Vertrag enthalten ist. Das ist auch ein Argument, weshalb wir glauben, dass der Sport auch im Grundgesetz als Staatsziel mit berücksichtigt werden sollte. Und es ist dann natürlich wichtig, diese Bestimmung im Vertrag dann auch mit Leben zu füllen. Das heißt, dass die Europäische Union sich stärker den Zielen des Sports in ganz Europa verschreibt","

    sagte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB. Denn in der Vergangenheit wurden nur die wirtschaftlichen Aspekte des Sports behandelt, in letzter Konsequenz endeten die Streitigkeiten meist vor dem Europäischen Gerichtshof. Für die Zukunft hofft Vesper deshalb,

    ""dass das, wenn jetzt einmal der Vertrag in Kraft getreten ist, und ratifiziert ist, dass das dann langfristig aufgearbeitet werden kann und sich nicht mehr von Urteil zu Urteil und von Einzelposition zu Einzelposition hecheln muss."

    Mit dem Lissabon-Vertrag existiert jetzt eine Rechtsgrundlage, die den Sport nicht nur als Marktteilnehmer sieht, sondern in all seinen Facetten berücksichtigt. Auf der Grundlage des neuen EU-Vertrags wird der organisierte Sport in den Mitgliedstaaten bei sozialen, pädagogischen und kulturellen Aspekten gefördert. Das würde helfen, Schattenseiten wie Gewalt, Rassismus und Doping gemeinsam zu bekämpfen. Bisher hat die EU nur einzelne Symposien oder Workshops zu diesen Themen aus ihren Fördertöpfen unterstützt. Und beim Thema Doping liegt die führende Rolle beim Europarat. Der regelt beispielsweise die europäische Finanzierung der Welt-Anti-Doping-Agentur. In Zukunft können Rassismus, Gewalt und Doping von europäischen Institutionen in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden bekämpft werden. Denn im Sport sind diese Probleme grenzüberschreitend und national kaum lösbar. DOSB-Generaldirektor Michael Vesper hofft weiter, dass der Lissabon-Vertrag für den Sport bessere Ergebnisse bringt als die EU-Einmischung in die wirtschaftlichen Belange des Sports in der Vergangenheit.

    "Europa hat schon in der Vergangenheit sehr massiv gesteuert durch das Bosman-Urteil, durch viele andere Entscheidungen. Nicht immer zum Guten, die Wahnsinnssummen, dieser Wettbewerb um die höchsten Summen für Ablösen, die Schwierigkeit, die eigene nationale Jugend im Sport zu fördern, all dies sind auch negative Auswirkungen dieser Position."

    Mit dem Bosman-Urteil von 1995 wurde der Transfermarkt auf den Kopf gestellt. Nach Vertragsende durften für Spieler keine Ablösesummen mehr gefordert werden und die Beschränkung für EU-Ausländer in den Kadern wurde aufgehoben. Bayern Münchens Manager Uli Hoeness sagte damals:

    "Bosman hat dazu geführt, dass viel zu viele Spieler viel zu viel Geld garantiert bekommen, sie bekommen das Geld, ohne unbedingt Leistung bringen zu müssen, und das ist eine gefährliche Sache."

    Mittlerweile haben sich die Vereine auf diese Situation eingestellt. Einfluss nahm die EU-Wettbewerbskommission auch auf die Vermarktung der Fernsehrechte. Ob Bundesliga, englische Premier League oder die Europäische Fußball-Union Uefa - Sie alle mussten die Verträge nach Vorgaben der EU gestalten. In Zukunft soll sich die Europäische Union um alle Facetten des Sports kümmern.