Schily: Ich empfinde große Genugtuung. Wir haben mit dem Welt-Anti-Doping-Code einen großen Schritt nach vorn gemacht. Deutschland hat ja an diesem Code mit seinen Experten sehr aktiv mit gearbeitet. Wir haben damit jetzt ein klares Regelwerk. Ich begrüße vor allen Dingen, dass Herr Rogge und Herr Pound sehr klare Worte gesprochen haben, was die Durchsetzung dieses Anti-Doping-Codes angeht. Von Deutschland, das wissen Sie, wird das nachhaltig unterstützt. Wir können erfreulicherweise sagen, dass wir weitgehend die Forderung des Welt-Anti-Doping-Codes schon in Deutschland erfüllen. Wir haben ein sehr dichtes Netz mit Trainings- und Wettbewerbskontrollen. Alle Sportorganisationen in Deutschland schließen sich den Forderungen des Welt-Anti-Doping-Codes an. Also insofern nehmen wir auch eine Vorreiterstellung in Deutschland ein.
Fischer-Solms: Kann man so weit gehen und sagen, dass die Politik den Sport auf den richtigen Weg gebracht hat?
Schily: Ich finde, wir sollten das Lob gleichmäßig verteilen. Das hat sicher dazu beigetragen, dass auch gerade die europäischen Staaten mit einer Stimme gesprochen haben und sich sehr stark dafür eingesetzt haben, dass wir klare Regelungen gewinnen. Aber ich erkenne auch sehr an, dass wir von den Sportorganisationen in gleicher Weise Unterstützung erhalten haben. Vor allen Dingen möchte ich die Rolle von IOC-Präsident Rogge hervorheben, der nie auch nur den leisesten Zweifel aufkommen lassen hat, dass er sich für einen dopingfreien, ehrlichen, sauberen Sport einsetzt. Die klaren Worte von Jacques Rogge auf der Kopenhagener Konferenz unterstreichen das noch mal.
Fischer-Solms: Für diesen Schulterschluss Sport und Politik wird jetzt häufig das Wort historisch benutzt. Stimmen Sie da zu?
Schily: Ja, ich glaube, das kann man schon als historischen Schritt sehen. Jetzt kommt es darauf an, dass sich die Regierungen noch darum bemühen, dass wir die bestehende Europaratskonvention gegen Doping, die auch von Deutschland ratifiziert worden ist, zu einer verbindlichen Regelung bezogen auf die Staaten machen. Das wäre eine gute Grundlage für eine dann global geltende Welt-Anti-Doping-Konvention. Wir brauchen das nicht neu zu konzipieren. Wir haben das sozusagen als Grundlage. Wir müssen das fast nur umbenennen. Es müsste dann vielleicht noch eingearbeitet werden in den Zusammenhang mit dem Welt-Anti-Doping-Code. Dann hätten wir auch eine verbindliche Regelung.
Fischer-Solms: Festgeschrieben im Anti-Doping-Code ist jetzt eine Mindestsperre von zwei Jahren bei dem ersten Dopingverstoß. Was sagt der Jurist Schily zu dieser Lösung?
Schily: Ich bin immer dafür gewesen, dass wir strikte Sanktionen vorsehen. Wenn die Sanktionen zu schwach sind, dann ist die abschreckende Wirkung einer solchen Regelung zu gering.
Fischer-Solms: Werden die Regierungen, auch die deutsche, zu der Finanzierung stehen?
Schily: Wir sind auch stark finanziell engagiert. Wir gehören zu den größten Beitragszahlern bei der Welt-Anti-Doping-Agentur. Wir haben uns auch für die nationale Anti-Doping-Agentur sehr stark finanziell engagiert. Wir haben deren Gründung mit 5,1 Millionen Euro unterstützt, wie Sie wissen. Wir finanzieren aber auch darüber hinaus sehr viel im Rahmen unserer Sportpolitik. Wir müssen allerdings darauf hin arbeiten, dass wir eine gemeinsame Finanzierung in Europa zustande bringen. Da sind noch einige Vorarbeiten zu leisten.
Fischer-Solms: Wird die Politik auch in Zukunft ihre Wächterrolle auf den Sport wahrnehmen?
Schily: Ja, ich glaube, das ist eine Frage, die in die Kooperation zwischen Sport und Politik gehört. Der Sport wird ja von uns als autonom anerkannt. Wir wollen keinen verstaatlichten Sport. Aber der Staat in seiner Förderpolitik will sich ausschließlich um den sauberen Sport kümmern. Das heißt, wir werden, wie wir das schon in der Vergangenheit getan haben, die Förderpolitik so orientieren, dass damit auch gleichzeitig ein Beitrag bei der Doping-Bekämpfung geleistet wird. Das heißt, Fördermittel werden nur an solche Sportorganisationen vergeben, die sich ganz klar zum Welt-Anti-Doping-Code bekennen.
Fischer-Solms: Vielen Dank, Herr Schily.
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