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Sport und Polizei
Die eingeschränkte Hilfe von Interpol

Internationale Sportorganisationen suchen Hilfe bei Interpol, um effektiver gegen Doping und Wettbetrug kämpfen zu können. Die Mittel, die die Polizeiorganisation zur Verfügung hat, sind jedoch sehr begrenzt.

Von Jürgen Kalwa | 12.03.2017
    Die Interpol-Zentrale in Lyon am 5. November 2015.
    Die Interpol-Zentrale in Lyon (EPA FILE)
    Der Mythos ist fast so alt wie das Fernsehen. Also so alt wie jene TV-Serie aus den späten 50er Jahren namens "Man from Interpol" mit dem alerten Agenten Anthony Smith. Der Mythos funktioniert noch immer. Interpol: omnipräsent im Einsatz gegen das Böse. Und so vertrauenswürdig, dass sich Trick-Betrüger mit gefälschten Ausweisen quer durch Deutschland als angebliche Interpol-Ermittler ausgeben und gutgläubige Opfer um ihr Vermögen bringen.
    PR-Pakt von FIFA und Polizei platzt schnell
    Da sollte es nicht überraschen, dass sich dieser Mythos auch im Sport breitgemacht hat. Wir erinnern uns: 2011, FIFA-Chef Sepp Blatter verkündet einen kuriosen Pakt. Es sei wichtig für den Weltfußballverband, mit der Polizei zusammenzugehen, sagte Blatter, um gegen jene zu kämpfen, die "unser Spiel zerstören wollen".
    Polizei gibt es in jedem Land. Genauso wie es überall Wettbetrug gibt. Aber die 20 Millionen Dollar, die die FIFA über einen Zeitraum von zehn Jahren bereitstellen wollte, die sollten ausgerechnet an Interpol gehen. Offensichtlich mehr ein Public-Relations-Schachzug als alles andere.
    Interpol - Sitz: Lyon in Frankreich - wird von fast 200 Mitgliedsländern unterstützt. Aber das Geld reicht nicht. Spenden und imageträchtige Kooperationsabkommen sind willkommen. Selbst dann, wenn man sich damit krasse Interessenskonflikte einhandelt.
    Erst im Sommer 2015, als die Schweizer Polizei auf Bitten amerikanischer Ermittlungsbehörden in Zürich Fußballspitzenfunktionäre festnahm, beendete Interpol abrupt die Zusammenarbeit mit der FIFA. Es gab übrigens nicht viel vorzuweisen. Außer einer Großrazzia gegen illegale Sportwettbüros in mehreren Ländern in Südostasien, von Interpol koordiniert, unter dem Codenamen "Operation Aces".
    Auch die WADA setzt auf Interpol
    Auch die Welt-Anti-Dopingagentur WADA setzt seit einer Weile auf Lyon. Präsident Craig Reedie berichtete in einem Interview mit dem russischen Fernsehsender "Russia Today" wenige Tage vor den Winterspielen in Sotchi von einem Beispiel.
    "Wir haben zum Beispiel eine Verbindung zu Interpol aufgebaut, was uns hilft, herauszufinden, ob irgendwo Drogenhandel stattfindet", sagte Reedie. "Ein Beispiel dafür hatten wir neulich in Australien, wo der Zoll herausgefunden hatte, dass Arzneimittel importiert wurden, die im Sport eingesetzt werden."
    Interpol: "Wir ermitteln gar nichts selbst"
    Klingt gut. Aber Clément de Maillard, Chef der Anti-Doping-Abteilung bei Interpol schwächt trotzdem allzu hohe Erwartungen lieber ab. "Wir besitzen keine geheimen Kräfte, wir ermitteln auch gar nicht selbst", sagt de Maillard. "Wir koordinieren nur die Arbeit der Mitgliedsländer: gegen organisiertes Verbrechen, Drogenhandel, Terrorismus, Menschenhandel, Kunstraub und so weiter."
    Bloß allein das Koordinieren im Bereich Doping ist überhaupt nicht einfach. In Ländern, in denen der Besitz oder der Vertrieb von solchen Substanzen nicht ausdrücklich unter Strafe steht, wird auch keine Polizei aktiv. Spezielle Gesetze wie sie seit einiger Zeit in Deutschland, Frankreich, Italien oder Österreich existieren, sind die Ausnahme. Und im Prinzip ist die WADA sogar gegen die Kriminalisierung von Doping, wie sie Ende 2015 in einer Erklärung bekanntgab. Es sei denn, es geht um Hintermänner.
    Ein Erfolgserlebnis bei Lamine Diacks Verhaftung
    Ein Beispiel, wie Interpol hin und wieder eine Rolle spielen kann, zeigt der Fall des Internationalen Leichtathletikverbandes und der Ermittlungen von mutmaßlich korrupten ehemaligen Top-Funktionären. Da fungierte de Maillard zu Beginn als Mittelsmann zwischen der WADA und den französischen Strafverfolgungsbehörden, die anschließend unter anderem Ex-Präsident Lamine Diack verhafteten.
    "Wir, WADA und Interpol, sind mit der Arbeit der französischen Behörden sehr zufrieden. Sie haben sehr schnell reagiert", sagte de Maillard. "Ich kann Ihnen nicht viel sagen, denn das meiste ist vertraulich. Aber was ich Ihnen sagen kann: Die Vorgehensweise war sehr effizient."
    Ansonsten will man sich weiter auf den internationalen Handel von Dopingprodukten konzentrieren – wie EPO, Anabolika und Wachstumshormon. Die dazu ins Leben gerufene Initiative namens "Project Energia" soll eine intensive Rückkopplung zwischen Beschlagnahmeaktionen auf der ganzen Welt und der WADA ermöglichen. Ob es etwas bringt und wieviel? Das wird sich erst noch herausstellen.