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Sportförderung
Sport versus Kulturförderung

Wo ist das Geld besser aufgehoben? Wie sichern sich Musiker und Sportler finanziell ab? Das war das Thema einer Podiumsdiskussion mit dem Jazz-Schlagzeuger Eric Schaefer und die ehemalige Leistungsschwimmerin Antje Buschschulte bei der Musikmesse in Frankfurt am Main.

Von Thomas Wheeler |
    Wer hat Spitzenförderung verdient?
    Wer hat Spitzenförderung verdient? (Deutschlandradio/Müller-Sieslak)
    Unüberhörbar, wir sind an einem Ort, wo Platz für Musik ist. Wir sind auf der Musikmesse in Frankfurt am Main.
    Raum für Live-Performances und –Konzerte. Trends und Altbewährtes. Plattform für Musikverlage. Gelegenheit für Geschäftskontakte. Bühne für Podiumsdiskussionen. Mittendrin eine Diskussion, die erst auf den zweiten Blick in dieses Umfeld passt. Es geht um die Frage: wer braucht mehr Förderung – die Kultur oder der Sport?
    Da dachte ich an das berühmte Beispiel: Was ist denn jetzt besser Apfel oder Birne? Ich finde man kann nicht das Eine gegen das Andere ausspielen. Ich würde jetzt niemanden zur Musik zwingen, aber ich würde auch niemanden zum Sport zwingen, sondern wenn Neigungen da sind und Talente, dann muss es einfach Institutionen geben, die diese auch erkennen und fördern.
    "Ich glaube man kann da so ein bisschen Licht reinbringen wenn man kuckt was ist Jugendförderung und was gehört in den Bereich Bildung mit rein. Da glaube ich, sind beide Bereich etwas vernachlässigt heutzutage häufig. Was vielleicht damit zusammen hängt, dass unsere Werte in der Gesellschaft eher monetärer Art sind und man versucht eine möglichst tolle Ausbildung zu machen und dann viel Geld zu verdienen und da ist wenig Platz für Kreativität oder Bewegung."
    Auf dem Podium der Jazz-Schlagzeuger Eric Schaefer und die ehemalige Leistungsschwimmerin Antje Buschschulte, mehrfache Medaillengewinnerin bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften. Für Beide war es die erste Veranstaltung zu diesem Thema.
    "Um wirklich guter Musiker zu sein muss man viel üben, muss man früh anfangen, muss man viel reinstecken und so ist es auch im Sport. Man kriegt das Alles nicht geschenkt und ich glaube diese Karrieren von Musikern und Sportlern die gleichen sich schon ein bisschen."
    Die Bundesregierung widmet sich im Koalitionsvertrag auf zehn von insgesamt 185 Seiten den Feldern Kultur, Medien und Sport. Wobei sich der Vertrag mit Zuwendungen für Sport gerade mal auf einer knappen Seite beschäftigt.
    "Was ich glaube, wenn man nur eine Seite Sport hat im Koalitionsvertrag, dass es nicht unbedingt etwas ist was unseren Staat großartig berührt. Was auch damit zusammenhängt, dass die Struktur nicht so ist, dass das eine Staatsangelegenheit ist, also eine Bundesangelegenheit. Man braucht einen Plan, das ist auf jeden Fall so. Es gibt ja Leute die sagen Spitzensport ist nicht planbar. Das mag auf das letzte Endstück einer Spitzensportlerkarriere zutreffen, dass man da nicht sehr viel planen kann und das man da sehr individuell sein muss, aber davor braucht es sehr sehr viele Kinder, die mindestens mal angeschaut werden, ob sie Talent haben. Das gilt auch für Musik, nicht nur für Sport."
    250 Millionen Euro stellt der Bund jährlich für 8.000 Spitzensportler bereit. Die Nachwuchsförderung ist Ländersache. Auch die Kulturhoheit liegt bei den Ländern. Zusammen mit dem Bund geben sie aktuell neun Milliarden dafür aus. Da bleibt für viele Kulturschaffende nicht viel übrig. Nach Schätzungen der Künstlersozialkasse verdient ein Jazzmusiker im Jahresschnitt knapp 11.500 Euro. Die soziale Absicherung ist im Vergleich zu vielen Ländern stark verbesserungswürdig.
    "In Frankreich ist es so, dass Musiker die innerhalb von 10 Monaten 43 Konzerte spielen Anspruch haben auf Arbeitslosengeld für jeden Tag an dem sie nicht spielen. Das heißt also, für jedes Konzert was sie spielen müssen sie 47% Steuern bezahlen. Sind damit aber auch Teil der Gesellschaft und Teil des Arbeitslosensystems und stehen nicht, wie in Deutschland, als arbeitslose Musiker ganz alleine da."
    Immer mehr Musiker und Künstler, aber auch Sportler, suchen in Deutschland neue Formen der finanziellen Unterstützung. Crowdfunding, also die Suche nach Sponsoren und Spendern im Netz, ist weit verbreitet.
    "Das mit dem Crowdfunding ist ein sehr angelsächsisches Modell. In angelsächsischen Ländern besteht auch ein ganz anderes Bewusstsein und eine ganz andere gewachsene Fördermentalität. Es ist so, dass wir als Musiker verschiedene Berufe unter einen Hut bringen müssen. Wir müssen komponieren, wir müssen unser Instrument üben, wir müssen durch die Lande reisen und Konzerte spielen. Wir müssen unterrichten, wir müssen unseren Unterricht vorbereiten. Das sind jetzt schon so viele Aufgaben, die ich erzählt habe. Wenn ich jetzt noch sage, ich mache mein Crowdfunding selber, wo bleibt dann noch die Zeit um kreativ zu sein."
    Kulturverbände fordern seit Jahren die Kultur als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen. Aber hilft das wirklich den Kulturprojekten in den Ländern? Und könnten dann nicht auch Andere kommen und Ähnliches für den Sport fordern, fragt Antje Buschschulte
    "Da würde ich dann als Sportler natürlich auch sagen, wenn wir Kultur jetzt im Grundgesetz verankern, dann verankern wir auch schnell mal dann noch Sport im Grundgesetz. Das ändert, glaube ich, aber nichts daran, dass man das auch leben muss. Das einfach so künstlich zu erzeugen, dass die Leute sich jetzt mehr für Kultur oder mehr für Bewegung interessieren sollen, dass ist nicht der richtige Weg."