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Sportgespräch zu US-Fußball
„Definitiv keine einfache Zeit“

Der Deutsche Florian Jungwirth ist Fußballprofi in den USA. Im DLF-Sportgespräch sagte er, dass die Vereine verantwortlich für die Coronafälle zu Beginn des Turniers in der Major League Soccer gewesen seien. Zu den Solidaritätsbekundungen für die Black-Lives-Matter-Bewegung sagte Jungwirth, es sei wichtig, für das Richtige und Gute zu kämpfen.

Florian Jungwirth im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Verteidiger Florian Jungwirth von den San Jose Earthquakes vor dem MLS-Spiel gegen Philadelphia Union
Verteidiger Florian Jungwirth von den San Jose Earthquakes (imago / Icon SMI)
Die Major League Soccer ist mit einem Turnier in Orlando, Florida zurückgekehrt. Die Spieler leben in Disney World in einer "Bubble", also abgeschirmt vom Rest der Bevölkerung, und spielen um einen Champions-League-Platz und einen Millionenpreis. Florian Jungwirth ist seit 2017 Innenverteidiger bei den San José Earthquakes.
Jungwirth sagte im Dlf-Sportgespräch, dass er sich eigentlich sehr sicher in der Bubble fühle. Allerdings sei es "sehr unglücklich gelaufen", dass Dallas und Nashville bereits aus dem Turnier ausgeschlossen wurden, weil beide Teams neun beziehungsweise zehn Coronafälle in der Mannschaft hatten. Jungwirth sagte dazu: "Ich glaube, da haben aber auch die Vereine Schuld, weil es schon zwei positive getestete Fälle vor Abflug gab. Und dann haben die Mannschaften hier vor Ort auch noch zusammen trainiert." Seiner Ansicht nach wäre es die bessere Idee gewesen, wenn jeder Spieler "vielleicht erstmal sechs, sieben Tage in Quarantäne gegangen wäre."
President Donald Trump during the daily COVID-19, coronavirus briefing.
Trump fordert baldige Wiederaufnahme des Spielbetriebs
In den USA pausieren derzeit alle große Sportligen, ein Saisonabbruch kommt derzeit aber noch nicht infrage. US-Präsident Donald Trump möchte, dass der Spielbetrieb bald wieder aufgenommen wird – notfalls zunächst in leeren Hallen.
Abgeschottet in Disney World
Eigentlich wollten die ersten US-Profiligen nach der Corona-Pause im Juli ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen. Abgeschottet in Disney World in Florida – mit jeder Menge Tests. Doch jetzt steigen die Zahlen der Neuinfektionen wieder an. Besonders in Florida. Die ersten Spieler machen bereits einen Rückzieher.
Ursprünglich sei ein zwei Monate langes Turnier geplant gewesen, bei dem auch eine Quarantänezeit von zehn Tagen eingeplant gewesen wäre. Bei dem jetzigen Turnier sei nicht nur die Spielzeit gekürzt, sondern auch die Quarantänezeit gestrichen worden. Das sei im Nachhinein die falsche Entscheidung gewesen, so Jungwirth: "Jetzt hast du natürlich den Super-GAU, du hast jetzt schon zwei Mannschaften, die nicht am Turnier teilnehmen können."
Es gebe aber eine Quarantänestation und wer Kontakt mit einem positiven Spieler gehabt habe, müsse sich dorthin begeben. Insgesamt habe die Liga alles versucht, das Turnier zu realisieren und einen guten Job gemacht. Der Kontakt zu Außenstehenden und auch zu Mitarbeitern gehe quasi gegen Null.
Insgesamt sei gerade "definitiv keine einfache Zeit". "Wir haben Corona, aber wir haben auch Proteste." Gewalt und Schießereien seien kein Zustand, den man komplett ausblenden könne.
Trotzdem ginge es auch in der MLS am Ende ums Business. Von den großen Sportarten in den USA spielen derzeit nur die Fußballer. Das sei Werbung in eigener Sache – und auch eine Maßnahme, um die Zukunft der Liga zu sichern. Jungwirth betont: "80 Prozent der Klubbesitzer wollten, dass wir keinen Cent mehr bis Jahresende sehen." Die Spielergewerkschaft habe aber einen Deal ausgehandelt, der "sensationell aus Spielersicht" sei.
Totale des Logos der Washington Redskins im Mittelfeld vor einem NFL-Spiel mit den Washington Redskins auf dem FexEx Field
Der US-amerikanische Sport und die indigene Identität
In den USA sind Menschen indigener Herkunft erst seit 1924 gesetzlich anerkannte Bürger, obwohl sie den Kontinent über Jahrtausende geprägt haben. Viele der fünf Millionen Ureinwohner begegnen noch immer Feindseligkeit. Bei der Verbreitung der Klischees spielt der Sport eine beachtliche Rolle.
Eine Collage der Aktionen gegen Rassismus der Bundesliga-Spieler Jadon Sancho (Borussia Dortmund), Weston McKennie (Schalke) und Marcus Thuram (Borussia Mönchengladbach).
Sportler und Polizeigewalt in den USA
Die Proteste von Sportlern in und außerhalb der USA gegen die Polizeibrutalität gegenüber Afroamerikanern haben die Züge einer Bewegung – auch mit einer Solidarität zwischen den Ausrüsterfirmen Nike und Adidas. In der Bundesliga protestieren Sancho, Hakimi, McKennie und Thuram.
Die Spieler haben zu Beginn des Turniers ein Statement zur "Black-Lives-Matter"-Bewegung gesetzt. Alle schwarzen Fußballer versammelten sich beim ersten Spiel auf dem Feld, die Faust nach oben gestreckt und schwiegen acht Minuten und 46 Sekunden. Solange, wie George Floyd von einem Polizisten mit dem Knie auf dem Boden gehalten wurde und infolgedessen er starb. Dazu sagte Jungwirth: "Ich fand es eine unfassbare, tolle Aktion, ein ganz starkes Zeichen." In der aktuellen Phase sei es einfach wichtig, solche starken Signale zu setzen und auch keine Angst davor haben. Es sei wichtig, die eigene Meinung auszusprechen und für das für das Gute und das Richtige zu kämpfen.
Portland-Fans mit einer Fahne, auf dem das Symbol der Eisernen Front zu sehen ist
Politisch aktive US-Fußballfans
US-Fußballfans wehren sich gegen eine Einmischung der Liga. Die hatte ein Protestbanner gegen Rassismus und Faschismus verbannt. Insgesamt entwickelt die amerikanische Fußballkultur langsam eigene Konturen. Was ihr dabei hilft: die politische Lage im Land.
Äußerungen in den sozialen Netzwerken würden die Situation aber nicht verändern: "Die große Mehrheit macht einen ‚Blackout Tuesday Post‘ (in Sozialen Netzwerken, d. Red.) und beruhigen ihr Gewissen und sagen dann, jetzt habe ich genug für einen Kampf gegen Rassismus getan." Das sei scheinheilig. Er befürworte langfristige, nachhaltige Projekte, die der Black Community zugute kommen. Jungwirth beschreibt seine eigene Rolle als zweigeteilt. Einerseits habe er eine Vorbildfunktion als Person in der Öffentlichkeit, andererseits verstehe er sich als Fußballer auch als Entertainer, der die Leute unterhält.
Florian Jungwirth, Verteidiger von San Jose Earthquakes, köpft im MLS-Spiel gegen Philadelphia Union den Ball.
Florian Jungwirth, Verteidiger von San Jose Earthquakes, köpft im MLS-Spiel gegen Philadelphia Union den Ball. (imago / Zuma Press / Chris Brown)