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Sportlich studieren ohne Gebühren

Das Studium in den USA ist teuer - selbst an kleinen Unis kostet es schon 14.000 Dollar im Jahr. Erlassen werden die Gebühren allerdings richtig guten Sportlern. Kein Wunder also, dass bislang viele ambitionierte Sportler ins Ausland zum Studieren gingen. An der Deutschen Sporthochschule ist es jetzt aber möglich, dass Kaderathleten von der Studiengebühr befreit werden.

Von Sylvia Münstermann |
    Seit einem Jahr studiert Tim Mudrick aus Bielefeld in den USA International Business. Der Studiengang und die Sprache, sagt er, waren ihm wichtig. Studiengebühren allerdings zahlt Tim Mudrick keine, denn der 20-Jährige ist ein guter Tennisspieler:

    "Ich war ganz gut in der Deutschen Tennisrangliste. Und ich hab zwei ganz gute Leute geschlagen, die unter den Top 100 standen."

    An guten Tennisspielern war die Auburn University in Alabama interessiert und deshalb bekam Tim Mudrick ein Scholarship von der Universität, ein Stipendium. Der Fall von Tim Mudrick ist beispielhaft für viele ambitionierte junge Sportler. Sie gehen ins Ausland, weil es in Deutschland keine vergleichbaren Stipendien für studierende Sportler gibt. Studieren und Sport ist hier eher ein Wagnis, sagt Margret Fischer, Leiterin des Hochschulsports an der Universität Bielefeld.

    "Die Studierenden haben es wesentlich schwieriger als die Menschen, die beruflich Sport treiben können zum Beispiel bei der Bundeswehr, beim Grenzschutz oder der Polizei. "

    Zwar unterstützen deutsche Hochschulen diese Studierenden aber, so Margret Fischer von der Uni Bielefeld:

    "Das sind eher die weichen Möglichkeiten, wenn es darum geht, das Studium zu flexibilisieren. Also zu gucken, wenn Trainings- und Wettkampftermine kollidieren mit Prüfungsterminen, zu gucken, ob man die verlegen kann."

    Verbesserte Trainingsmöglichkeiten, gesunde Ernährung sind weitere Unterstützungsangebote von über 70 deutschen Hochschulen für studierende Athleten in Deutschland. So gut das Projekt Partnerhochschulen des Spitzensports auch läuft, nach Ansicht von Margret Fischer reicht es nicht mehr aus, wenn schon bald allgemein Studiengebühren bezahlt werden müssen. Deshalb ist die Landeskonferenz für den Hochschulsport in Nordrhein-Westfalen initiativ geworden. Margret Fischer.

    "Wir haben zum Beispiel die Idee, gesonderte und einheitliche Regelungen für die Studienzulassung zu suchen. Eine andere Option ist, zu gucken, ob die Sportstiftung neue Regelungen aufnimmt, um studierende Spitzensportler zu unterstützen, zum Beispiel Studiengebühren zu übernehmen."

    Noch aber gibt es diese bundeseinheitlichen Regelungen nicht. Selbst die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Baden-Württemberg fördern ihre Athleten ganz unterschiedlich. So erlassen die Uni Paderborn und die FH Bielefeld auf Antrag einem Sportler die Studiengebühren ganz oder teilweise. Das Land Niedersachsen dagegen erlaubt keiner einzigen Hochschule Sonderreglungen für Sportler. Trotzdem kein Grund für Pessimismus meint Olaf Tabor vom Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband:

    "Insgesamt muss man sagen, dass die Situation noch so neu ist, Studiengebühren erheben zu können, dass sich in diesem Bereich noch einiges entwickeln kann."

    Deshalb hält er derzeit einen Vergleich mit den USA für schwierig, denn da,

    "muss man immer mit berücksichtigen, dass deren Stipendiensystem ja eigentlich schon 80 oder 90 Jahre alt ist, so dass die Ausdifferenzierung dessen, was für die Hochschulen aus deren subjektiven Sicht sinnvoll ist, einen völlig anderen Stand hat als bei uns."

    Nach seiner Ansicht befinden sich die deutschen Hochschulen erst am Beginn einer eigenen Profilbildung.

    "Das wird ein Konsolidierungsprozess sein, der vielleicht die nächsten fünf Jahren anhalten wird. Und dann würde ich erwarten, dass insbesondere ein ausgeprägtes Stiftungssystem entsteht, aus dem heraus dann Stipendien in größerer Zahl vergeben werden."

    Ein erstes Beispiel gibt es in Köln, Olaf Tabor:

    "Die Sporthochschule Köln hat an der Stelle Vorreiterfunktion übernommen und sowohl in ihre Satzung aufgenommen, dass eine Befreiung von der Studiengebühr für Kaderathleten möglich ist als auch zusätzlich zwei Stipendien ausgeschrieben."

    Ein weiteres Modell entsteht zur Zeit in der Region Ostwestfalen-Lippe. Die fünf staatlichen Hochschulen hier gründeten den so genannten Studienfond OWL. Nikolaus Risch, Rektor der Universität Paderborn gehört zu den Gründern des Fonds.

    "Weil wir davon überzeugt sind, dass die Einführung von Studiengebühren wie auch in den USA begleitet werden muss durch ein geeignetes Stipendiensystem. Man kann die jungen Leute da nicht alleine lassen."

    Das Modellprojekt ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Der Fond wirbt um Spenden von privaten Förderern, von Institutionen und der Industrie, um mit diesem Geld Stipendien zu finanzieren. Damit wollen die fünf Hochschulen begabte junge Leute für ein Studium in der Region Ostwestfalen-Lippe interessieren. Professor Risch:

    "Wir wollen dazu beitragen, dass junge Leute hier in OWL studieren, auch besonders gute Studierende aber auch Studierende unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund. Und dort gibt es auch Möglichkeiten im Grundsatz Spitzensportler zu fördern."

    Ob diese Förderung für den talentierten Tennisspieler Tim Mudrick dann in Frage kommt? Wer weiß? Auf jeden Fall will er wieder nach Deutschland zurückkommen.

    "Ich hab mich schon mal in Paderborn informiert, wie das aussieht, ob ich dann da weiter machen kann. Aber die konnten noch nicht mit 100 Prozent zusichern, wie viel Kurse mir dann angerechnet werden und was ich dann noch mal machen müsste."