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Sportpolitik
"Des Sportes nicht würdig"

Korruption, Gigantismus, Menschenrechtsverletzungen - Das sind die Begriffe mit denen vor allem in westlichen Demokratien Sportgroßveranstaltungen verbunden sind. Die Grünen wollen das ändern und über ihren Antrag diskutierte nun der Bundestag: Es ging um verbindliche Kriterien bei der Vergabe.

Von Robert Kempe | 26.03.2015
    Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, äußert sich am 01.04.2014 bei einer Pressekonferenz im Bundestag in Berlin nach der Fraktionssitzung der Partei zu aktuellen Themen.
    Zum Thema Vergabe von Sport-Großveranstaltungen sprach auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Göring-Eckard. (dpa picture alliance / Bernd Von Jutrczenka)
    Die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen - wie keine andere Partei widmen sich die Grünen seit Jahren kontinuierlich diesem Thema. Bei der Debatte - zu prominenter Zeit am Donnerstagvormittag im Bundestag - ließ es sich gar die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt nicht nehmen, den erneuten Vorstoß ihrer Fraktion selbst vorzustellen.
    "Bestechung, Vetternwirtschaft, Intransparenz - das sind die Merkmale der weltgrößten Festspiele. Und ich finde, es ist des Sportes nicht würdig. Olympia und die Fußballweltmeisterschaften - die Orte weltweiter Freude, Begeisterung, Mitfiebern - sind in den Händen von Systemen, die wir staatlicherseits aufs Schärfste bekämpfen müssten. Das können wir nicht wollen! Das müssen wir ändern, meine Damen und Herren!"
    Menschenrechte bei Vergabe berücksichtigen
    Die Grünen fordern in ihrem Antrag, menschenrechtliche und ökologische Standards zur Voraussetzung bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen zu machen. Man wolle eine moderne internationale Sportpolitik. Mehr Demokratie und Transparenz.
    Bei der Großen Koalition ergriffen vor allem Abgeordnete das Wort, die gleichzeitig Vertreter von Sportverbänden sind. Wie immer, wenn es im Bundestag um Sport geht. Wichtigstes Anliegen: Wahrung der Autonomie des Sports.
    Für Reinhard Grindel (CDU), Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes, droht durch den Antrag der Grünen gar Staatssport. "Das, was Sie hier verlangen, ist - widersprüchlicher Weise - gerade in den Ländern an der Tagesordnung, wo Sie nicht wollen, dass sportliche Großveranstaltungen hin vergeben werden. Vielleicht denken Sie auch noch einmal darüber nach. Etwas weniger Kontrolle, etwas weniger staatlicher Einfluss. Die Autonomie des Sports zu achten - das gehört auch zum Verhältnis von Politik und Sport."
    Nicht Aufgabe des Sports
    Beistand erhielt Grindel von seiner SPD-Kollegin Michaela Engelmeier, Vizepräsidentin des Deutschen Judo-Bundes. Bürgerbeteiligung oder etwa der Einsatz für ein Ende der sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen in Katar seien nicht Aufgabe des Sports, so die sportpolitische Sprecherin der SPD.
    "Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin für Bürgerbeteiligung, und ich bin entschieden gegen das Kafala-System in Katar. Aber ich halte es für die unmittelbare Aufgabe der Politik, diese Probleme zu benennen und Lösungen zu finden. Ohne dafür zwingend den Ball über die Bande des organisierten Sports zu spielen."
    Unterstützung dagegen erhielt der Grünen-Antrag von der Linkspartei. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben, mahnte Andre Hahn und rief zum Ende des Gigantismus auf. "Die momentan nahezu uneingeschränkte Macht vor allem des Internationalen Olympischen Komitees und der FIFA muss endlich gebrochen werden. Und überhaupt: Müssen wirklich alle vier Jahre zu Olympia weltweit immer neue Sportanlagen aus dem Boden gestampft werden? Kann man nicht auch, wie zum Beispiel beim Weltcup, reihum bereits existierende Einrichtungen früherer Olympiastandorte nutzen? Über diese und andere Fragen sollten wir in den kommenden Wochen und Monaten miteinander diskutieren."