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Sprechende Leuchten und intelligente Birnen

Informationstechnik. - Wenn Sie abends nach Hause kommen und den Lichtschalter betätigen, dann tun Sie das aus einem bestimmten Grund: Sie wollen dem Raum heller machen, ihn mit Licht ausleuchten. Das ist eigentlich selbstverständlich. Nun kann man sich aber auch noch eine andere Anwendungen für das Licht vorstellen, neben der Beleuchtung: Ähnlich wie Stromkabel, die für die Datenübertragung genutzt werden können, lassen sich auch Leuchtstoffröhren für die Übertragung von Informationen nutzen.

    Von Jan Lublinski

    Einmal mehr verblüffen Ingenieure vom Massachusetts Institute of Technology in Boston den Rest der Welt mit einer genialen Erfindung. Diesmal handelt es sich nicht um einen besonders charmanten Roboter oder um ein Mini-U-Boot, das mit Froschmuskeln betrieben wird, sondern: diesmal geht es um ganz gewöhnliche Leuchtstoffröhren aus dem Baumarkt. Diese und andere Lampen werden, so die neue Idee, doppelt genutzt: Einerseits zum Leuchten und andererseits zur Datenübertragung. Neil Lupton, Geschäftsführer der Start-up-Unternehmens "Talking Lights" erklärt, wies funktioniert.

    Eine moderne Leuchtstoffröhre flackert mit einer Frequenz zwischen 45 und 60 Kilohertz. Wir modulieren nun diese Flacker-Frequenz – und versenden auf diese Weise digitale Daten. Etwas vereinfacht kann man sich das so vorstellen: Wenn wir eine Lampe mit einer Frequenz von 45 Kilohertz betreiben, dann können wir, um eine digitale Null zu codieren die Frequenz auf 43 Kilohertz verringern – und für eine digitale Eins auf 47 Kilohertz erhöhen. Diese Frequenzen nimmt das menschliche Auge natürlich nicht wahr, aber ein digitaler Empfänger kann solche Nachrichten jederzeit registrieren.

    Natürlich ist es auch möglich, analoge Signale auf die Flackerfrequenz der Lampen aufzuprägen – Audio-Signale zum Beispiel – genau so, wie beim UKW-Radio, wo ja auch die Frequenz moduliert wird. Lupton und Kollegen überraschen ihre Geschäftspartner zum Beispiel damit, dass sie Musik übertragen lassen: von einer Deckenbeleuchtung in ihrem Büro zu einem mobilen Empfangsgerät mit angeschlossenem Lautsprecher. Gewöhnliche Lampen als Sender - eigentlich eine ganz einfache Idee.

    An sich ist es nicht schwer, eine Glühbirne zu modulieren. Aber dafür zu sorgen, dass kein unerwünschtes Flackern oder andere Störungen auftreten, das ist nicht selbstverständlich. Und es ist auch nicht selbstverständlich, eine Lampe zu modulieren und sie gleichzeitig weiter für die Beleuchtung zu nutzen. Wir haben eine ganze Reihe von Patenten für diese doppelte Nutzung angemeldet.

    Die neue Übertragungstechnik funktioniert mit herkömmlichen Lampen und Fassungen. Neu eingebaut werden muss lediglich eine kompakte und billige Zusatzelektronik, die für das kontrollierte Flackern sorgt. Prinzipiell lässt sich auf diese Weise jede Nachttischlampe zu einem kabellosen, lokalen Netzwerk umrüsten. Anwendungen der neuen Technik können sich die Erfinder natürlich jede Menge vorstellen. So sollen etwa Blinde sich innerhalb von Gebäuden besser zurechtfinden können, wenn die Beleuchtung ihnen per Lichtfunk mitteilt, wo sie sich gerade befinden. In Krankenhäusern könnten verschiedene Deckenleuchten dazu beitragen, dass Patienten, die aufgrund von Hirnschäden besonders vergesslich und orientierungslos sind, ihren Weg alleine finden - mit Hilfe eines kleinen Taschencomputers mit Sprachausgabe, der rechtzeitig Ermahnungen ausspricht. Das Klinikpersonal hätte die Gelegenheit den Gesundheitszustand der Patienten zu überprüfen – anhand einer Datenanalyse der Wege, die die Patienten im Laufe eines Tages zurückgelegt haben. Darüber hinaus kann sich Neil Lupton auch noch militärische Anwendungen vorstellen: Intelligente Minen, die von Scheinwerfern gesteuert werden.

    Stellen sie sich vor, sie fahren durch ein intelligentes Minenfeld, das von den Scheinwerfern ihres Wagens die Information enthält: Ich bin ein Freund, kein Feind – bitte geht nicht los. Auch wäre es denkbar, Minen mit moduliertem Scheinwerfer-Licht ein und auszuschalten.

    Für die Erfinder und Patentinhaber von "Talking Lights" wäre es sicher ein lukratives Geschäft, wenn alle amerikanischen Militär-Lastwagen und Panzer mit frequenzmodulierten Scheinwerfern ausgestattet würden. Aber auch, wenn sich das als nicht praktikabel erweisen sollte: Allein die Aussicht auf militärische Innovationen lässt sich derzeit in den USA gut verkaufen. Die ersten "Talking-Lights"-Sender und Empfänger sollen noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.