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Sprit für's Handy

Technik. - Brennstoffzellen sollen bald die Akkus in Notebooks oder Mobiltelefonen ersetzen, die nach "Betankung" sofort einsatzbereit wären. Weil aber die Tanks Probleme aufwerfen, suchen Forscher nach Alternativen. Eine Möglichkeit dazu könnte ein Feststoff als Kraftspeicher sein.

Von Sönke Gäthke |
    "Auslöser war ein eher misslungenes Experiment, was sich dann im Nachhinein als Glücksfall herausgestellt hat, bei dem ich diesen Treibstoff zufällig synthetisiert hab. Es hat dann noch mal ein halbes Jahr gedauert, bis also bei mir der Groschen gefallen ist und ich die Idee gehabt habe, diese Nebenreaktion, die da aufgetreten ist, könnte man eigentlich als Hauptreaktion einsetzten, und das Produkt als Treibstoff verwenden. "

    Karl Gruber, Chemiker des Forschungsinstituts Echem in Wien. Der Wissenschaftler wollte eigentlich Direkt-Methanolbrennstoffzellen mit einem neuen, billigeren Katalysator versehen. Diese Brennstoffzellen verwenden Methanol statt Wasserstoff. Methanol ist ein Alkohol, der aus Kohlenstoff, Wasserstoff nebst Sauerstoff besteht und deutlich einfacher herzustellen und zu lagern ist als Wasserstoff. Damit der Alkohol-Sprit in einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung genutzt werden kann, muss er allerdings in einem so genannten Reformer umgewandelt werden - zunächst in Formaldehyd, so Gruber:

    "Die weiteren Reaktionsschritte vom Formaldehyd zur Ameisensäure, und von der Ameisensäure zum CO2, gehen relativ einfach, diese Schritte sind rein formale Schritte, in Wirklichkeit ist es weit komplizierter, aber es ist ein gutes Denkmodell."

    Die Ameisensäure gibt Wasserstoffmoleküle besonders leicht ab, diese reagieren mit Sauerstoff, die Endprodukte sind Kohlendioxyd, Wasser - und Strom. Das Problem bei diesem Verfahren ist der erste Schritt, die Umwandlung von Methanol in Formaldehyd. Sie dauert lange und macht große Katalysatoren notwenig, mit viel Edelmetall.

    "Und wir haben einfach diesen ersten Schritt ausgespart, in dem wir das Methanol eben voroxydieren, und wir ersparen uns sozusagen den geschwindigkeitsbestimmenden ersten Schritt, dass heißt, im weiterer Folge bedeutet es auch, dass wir weniger Platin, also Edelmetalle in den Katalysatorsystemen einsetzten müssen, dass wir es auch von den Elektroden her billiger werden. "

    Durch die Oxydation von Methanol entsteht Formalin, eine Formaldehyd-Lösung, die zum Konservieren von medizinischen Präparaten benutzt wird. Die wird eingekocht. Dabei fügen sich die Formaldehydmoleküle zu einem großen, langen Molekül zusammen, zu Polyoxymethylen - Formaldehyd an der Stange quasi, mit einigen Vorteilen gegenüber Methanol.

    "Bei Umgebungstemperatur ist das ein Feststoff, dieses polymerisierte Formaldehyd, und das kann man also einfach handhaben und speichern, und der Dampfdruck dieses Feststoffs ist relativ gering, dass heißt, es kommen auch keine giftigen Dämpfe von diesem Treibstoff."

    Der Stoff erinnert an Festspiritus für Campingkocher. Weil er keine Dämpfe frei setzt, lässt er sich relativ leicht lagern - leichter als Benzin oder Methanol. Und er speichert mehr Energie als sein Ausgangsstoff. Mit einer Tankfüllung polymerisierten Formaldehyds käme ein Auto im Prinzip rund die Hälfte weiter als mit der gleichen Menge Methanol. Allerdings muss der Festbrennstoff erst wieder flüssig werden, bevor die Brennstoffzelle mit ihm Strom erzeugen kann.

    "Die Auflösung kann also erfolgen mittels eines Lösungsmittels, optimalerweise Wasser bei bestimmter Temperatur, und es wird sozusagen gerade so viel angelöst von diesem Brennstoff wie auch dann verbraucht wird in der Zelle. Dass heißt, ein Flüssigkeitsgemisch gelangt direkt in die Zelle hinein, ähnlich würde das funktionieren wie eine Direkt-Methanolbrennstoffzelle. "

    Die Temperatur des Wassers hängt von der genauen Form der Moleküle ab - sie sollte ungefähr 80 Grad Celsius betragen. Das Prinzip hat der Chemiker aus Wien bereits entwickelt. Die technische Umsetzung steht noch aus, insbesondere die Technik, mit der der Brennstoff vom Tank in den Reformer gelangt.

    "Also hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, es sollte natürlich so sein, dass dieser Feststoff einigermaßen schütt- und rieselfähig ist, dass heißt, Kugeln, Pulver oder Plättchen, wären vorstellbar. Aber das ist also ein Gebiet der mechanischen Verfahrenstechnik, würde ich sagen, dass nicht wirklich große Probleme bereitet."

    Mehr Probleme bereitet Karl Gruber, dass er in Österreich kein Unternehmen findet, dass die Technik entwickeln kann. Einmal einsatzbereit, könnte diesen Brennstoff jedoch zu einem idealen Träger werden für die erste Generation Brennstoffzellen-betriebener Mobiltelefone oder Notebooks, ist der Chemiker überzeugt.