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Spritze für den Mann

Medizin. - Noch immer tragen größtenteils die Frauen die Last der Verhütung. Zwar wurde seit Jahrzehnten immer wieder über die "Pille" für den Mann spekuliert, doch bescheidene Verhütungsquoten erster Prototypen von 75 Prozent konnten die grundlegende Abneigung der Männer nicht gerade aufweichen. Eine neue Mixtur von Forschern der Universität Münster verspricht jetzt aber mehr Erfolg.

    Warum nach Alternativen suchen, wenn es doch bereits so einfach geht, könnten Forscher sagen: Mit der Anti-Baby-Pille nimmt die Frau Östrogen-Hormone zu sich, die der Hirnanhangsdrüse vorgaukeln, dass eine Schwangerschaft besteht und weitere Eizellen nicht mehr heranreifen müssen - eine echte Schwangerschaft ist so nahezu ausgeschlossen. Doch auch beim Mann sollte so ein Trick eigentlich funktionieren, indem durch hormonelle Signale die Spermienproduktion in den Hoden deaktiviert wird.

    Doch die richtige Kombination und Dosierung der Botenstoffe und anderer Zutaten stellte bislang das Problem dar, denn Nebenwirkungen auf Körper und Potenz müssen ausgeschlossen sein. Eine neue Verhütungsmixtur, die Wissenschaftler vom Institut für Reproduktionsmedizin an der Universität Münster entwickelten, verspricht jetzt bessere Erfolgsquoten: "Unsere Kombination aus einem neuen Testosteron und einem altbekannten Gestagen muss nur alle sechs Wochen verabreicht werden und reduziert die Spermien in der Samenflüssigkeit um fast 100 Prozent," berichtet Eberhard Nieschlag vom Institut für Reproduktionsmedizin. Neben geringerer Sicherheit besaßen bisherige Präparate überdies den Nachteil, dass sie dreimal pro Woche injiziert werden mussten.

    In ihrer Studie verabreichten die Münsteraner Forscher 28 jungen Männern über ein halbes Jahr alle sechs Wochen Testosteron, 14 davon erhielten zusätzlich den Wirkstoff Norethisteron. Unter der Hormonkombination sank die Spermienproduktion bei 13 der 14 Probanden gegen Null. Bei der Vergleichgruppe, die Testosteron allein erhielt, verringerte sich dagegen die Samenproduktion nur bei sieben der 14 Teilnehmer ausreichend. "Damit haben wir wahrscheinlich die richtige Mischung gefunden, die einerseits die Samenproduktion über die Hirnanhangsdrüse ausschaltet, andererseits die sekundären Geschlechtmerkmale des Mannes erhält", meint der Reproduktionsmediziner.

    Zwar überzeugt der Effekt der Arznei, doch bleibt die Furcht vor der Spritze, mögen Skeptiker einwenden. "Nur mit intramuskulären Injektionen kann der Hormonspiegel konstant gehalten werden - Tabletten erreichen die nötige Sicherheit dagegen nicht", so Nieschlag. Doch um die Abschreckung weiter zu senken, arbeiten die Mediziner jetzt daran, die Wirkdauer der "Spritze für den Mann" auf drei Monate anzuheben. Bis aber wirkliche Emanzipation in Sachen Verhütung erreicht werde, würden noch Jahre der Erprobung vergehen.

    [Quelle: Kay Müllges]